Oberfranken sagt Neonazis den Kampf an
5.11.2013, 15:30 UhrDas oberfränkische Oberprex ist ein unscheinbares Dörfchen. Doch ein ehemaliger Gasthof in diesem Ortsteil von Regnitzlosau im Landkreis Hof hat sich Beobachtern zufolge zu einem Treffpunkt der rechtsextremen Szene entwickelt. Nun wollen Gemeinde, Landkreis und evangelische Kirche gemeinsam diesen Umtrieben etwas entgegensetzen.
Die Diakonin Sabine Dresel (44) soll sich in Regnitzlosau um Jugendarbeit und Extremismusprävention kümmern. Das sei bayernweit einmalig, sagt der Hofer Dekan Günter Saalfrank. Denn: «Landkreis, Kommune und Kirche ziehen an einem Strang.»
Der Regnitzlosauer Pfarrer Holger Winkler formuliert es so: «Wir wollen dem Ungeist, der da oben weht, einen anderen Geist entgegenwehen lassen.» Konkret bedeutet das: Junge Menschen in der Region sollen dabei unterstützt werden, sich zu eigenständigen Persönlichkeiten zu entwickeln.
«Respekt gegenüber anderen soll vermittelt werden», sagt Saalfrank. Das Bewusstsein für die Stärken der Demokratie solle wachsen. Und natürlich sollen Kinder und Jugendliche aufgeklärt werden über rechtsextremes Gedankengut.
Gemeinsamer Gottesdienst gegen rechte Umtriebe
Bürgermeister Hansjürgen Kropf (Freie Wähler) sagt, bislang gingen Veranstaltungen der Rechten in Oberprex weitgehend unbemerkt von der Bevölkerung über die Bühne. Ihm sei nichts davon bekannt, dass die Rechten aktiv um Sympathisanten werben würden.
Trotzdem sei Präventionsarbeit extrem wichtig. Dresels Stelle finanzieren Gemeinde, Landkreis Hof und die evangelische Kirche gemeinsam - dazu kommt Geld aus einer Spendenaktion des oberbayerischen Dekanats Weilheim, wie Saalfrank betont.
Im Sommer seien zum Start dieser Solidaritätsaktion evangelische Christen aus Südbayern in Regnitzlosau zu Gast gewesen. Man habe gemeinsam Gottesdienst gefeiert und sei dann auch nach Oberprex gezogen. «Und dann standen da Christen vor dem Anwesen, die gebetet und gesungen haben», erinnert sich der Dekan. Das habe die dort versammelten Vertreter der rechtsextremen Szene irritiert.
Die Vorgänge in Oberprex hätten die Menschen in seiner Gemeinde verändert, sagt Pfarrer Winkler. «Manche haben Angst und ziehen sich zurück, andere trauen sich stärker nach vorne.» Er wünsche sich, dass die Menschen wieder näher zusammenrücken «und sich vergewissern, dass sie nicht alleine stehen».
Rechtsextremismus und die Ansiedlung von Neonazis seien in Bayern kein allein oberfränkisches Problem, sagt Martin Becher, Geschäftsführer des Bayerischen Bündnisses für Toleranz in Bad Alexandersbad. «Oberfranken wurde zur Aktionsplattform, ohne dass man sagen kann, es gebe hier überproportional viele Neonazis.»
Einer der Gründe: Die Nähe zu Thüringen und Sachsen erleichtern eine gute Vernetzung. Die Immobilienpreise seien niedrig, der Leerstand in vielen Regionen hoch. Die Politik müsse gewarnt sein, betont Becher: «Das Thema darf nicht zu einem negativen Standortfaktor werden. Wenn das kippt, dann haben wir als Standort verloren.»
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