Als Baghwan-Fan „Shakti“ zur Erleuchtung
3.9.2011, 12:28 UhrDaniela Holtz bot in ihrer Jugend sehr gute Rollen im „Schall & Rauch“. Dann kamen das Abitur, etwas Zeitungsarbeit und ein Schauspielstudium. Sie wirkte in „Tatort“ mit und bei der Serie „Kriminaldauerdienst“. Der Film „Der Verdacht“ mit ihr bekam den Kurzfilmpreis. Es folgten „Die Entbehrlichen“, „Unten, Mitte, Kinn“ und heuer der sehr beachtete Schwarzweiß-Film „Folge mir!“.
Dazwischen das Casting für „Sommer in Orange“. Der bayerische Regisseur Marcus Rosenmüller (38) suchte extra eine Schwäbin dafür. Daniela Holtz, in Bad Cannstadt geboren, überzeugte. Dann kam der Dreh im letzten Sommer: Es war „einer der beglückendsten Filme“, in dem sie je mitspielte.
„Dieses wilde Leben“
Mit Mann und Kind macht Daniela Holtz gerade als frischgebackene Mutter einen Urlaub in Mallorca. Sie erzählt am Telefon von jenem Film, von dem Rosenmüller sagt: „Für mich lag der Reiz in dieser Geschichte: Dieses wilde, dieses andere Leben, das da nach Bayern kommt und die Regeln sprengt.“
Er ist bekannt durch seine BR-Dokumentationen „Irgendwo in Bayern“ und durch den Erfolgsfilm „Wer früh stirbt, ist länger tot“.
Das „Sommer in Orange“-Drehbuch nahm er an, weil er den Konflikt zwischen „freiem Leben“ und festen Regeln liebt. In dem Film prallt beides „glorreich aufeinander“, sagt er. Aber er wollte den Knall nicht hart zeigen, sondern menschlich, wie beim Vorbild Helmut Käutner. „Mir ist es wichtiger, einen Wunsch oder eine Utopie in die Welt zu tragen.“
Daniela Holtz war begeistert, wie Rosenmüller das umsetzte. Im Presseheft zum Film schreibt sie über ihn. „Rosi war ein Wahnsinnsregisseur. Er hupft und tanzt und jubelt und waldschratet sich durch unsere zart entstandene Gemeinschaft und plötzlich bin ich glücklich. We drop the ego. WE ARE!“ Und: „Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal so viele lachende Menschen auf einem Haufen gesehen habe.“
„Es war ein extrem angenehmer, schöner Dreh“, bestätigt sie am Telefon. „Mal einer ohne Schwierigkeiten, sehr kreativ. Dann die 40 Drehtage, nicht die üblichen 21 — ein toller Luxus. Da ist viel mehr Zeit für schöne Kameraeinstellungen.“
Daniela Holtz spielt in dieser WG von Sannyasins (Wahrheitssuchern) eine der sechs Hauptrollen, eine praktisch veranlagte Schwäbin mit dem Bhagwan-Namen „Shakti“, zu Deutsch „Energie“. Diese humorvolle Ex-Politikerin sucht spirituelle Erleuchtung und boxt die Gruppe immer wieder aus Problemen.
Um sich drauf vorzubereiten, meditierte Daniela Holtz frühmorgens am Berliner Landwehrkanal („sehr anstrengend, aber irgendwie irre“), kam auf Gemüse-Burger statt Fleisch und erkannte: „Was wir da vier Wochen spielen sollen, ist Überzeugung, ist Liebe, ist Weite, ist Befreiung, Entlarvung — meine Güte!“
Dann stand sie in dem Dorf südlich von München vor der Kamera. „Die erste Probe ist verregnet. Zum 200 Jahre alten Bauernhof muss man fast schwimmen.“ Aber wie las sie auf dem passend dazugekauften alten VW-Bus? „Glück ist jetzt.“
„Heu raus und Spirit rein“
Und wie musste ein Mitspieler immer wieder sagen? „Heu raus und Spirit rein“, das heißt Kopf leer und positiv denken.
Sie hatte nervende Szenen: „Wir kauen zum 100. Mal an diesem Tag Sprossen.“ Sie hatte befreiende Momente: Obwohl sich manche weigerten, nackt im Regen zu tanzen, kam es spontan dazu. Ihr klingt bis heute Rosenmüllers Satz im Ohr: „Su a Fuilm, des is a Lebenszeit. Wenn ma die nedda nutzn, homma auf jedn Fall wos falsch gmacht.“
Wie bei einer Zwiebel blätterten Schutzschilde ab. „Wir fangen an, ohne Maske zu sein. Der Verschlossene wird porös, der Witzige sensibel. Und ich? Ich werde still.“
Am Ende kommen 350 Komparsen in Tracht zum Volksfest. Eine Schlägerei entsteht. Klappe zu, Film aus. Zwei Elefanten bleiben noch einsam auf der Wiese stehen. Alles andere ist abgebaut. Daniela Holtz denkt an ihre Rolle im Film zuvor, bei „Folge mir!“. Dort spielte sie eine depressive Mutter. „Sowas geht nicht spurlos vorbei, das geht an die Substanz.“ Und hier? „Hier war ich viel freier.“
Theaterpremiere im März
Wer sie einmal live erleben will: Im März hat in Berlin ein eigenes Theaterprojekt Premiere, in dem sie die Hauptrolle spielt. Daneben hat sie ihre Mutterrolle: Der kleine Henri ist gerade drei Monate alt. „Ich gewöhn mich langsam dran. Ich hab da keine Erfahrung. Ich hab das ein bissl unterschätzt...“ Finanziell ging’s bisher immer gut. „Aber mit dem Kind hab ich das erste Mal das Gefühl, ich will einen Halbtagsjob...“ Doch ihr Partner, ein Tonmeister, ist zur Seite.
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