Flut
BRK im Katstrophengebiet: Einsatz der Superlative
6.8.2021, 17:06 UhrDoch alles der Reihe nach: Die Anfrage für den Pegnitzer Gerätewagen mit Sanitätsausrüstung samt zwei Helfern kam kurzfristig, weil ein anderes Fahrzeug ausgefallen war. Innerhalb von ein paar Stunden waren de la Gala und Arnold abmarschbereit. "Ich habe mich an die Packliste gehalten: Zivile Kleidung, ein Buch, . . . das habe ich gar nicht gebraucht. Ich hatte meistens sogar zum Schlafen meine BRK-Kleidung an." Und Hermann Neubig – 35 Jahren im BRK aktiv und schon bei verschiedenen Katastrophenfällen eingesetzt – ergänzt lächelnd: "Beim zweiten Mal packt man effizienter." Am Freitag ist er mit Julia de la Gala und drei weiteren Helfern erneut in das vom Hochwasser geschädigte Gebiet im Westen Deutschlands gestartet.
In Altenahr waren die Pegnitzer, die zusammen mit rund 120 Helfern aus dem Kreisverband Bayreuth eingesetzt waren, in einer Schule untergebracht. "Für die ersten 24 Stunden müssen sich die Ehrenamtlichen komplett selbst versorgen können", erklärt Bernd Neukam vom Kreisverband. Mit anderen kümmert sich der Pegnitzer um die Einteilung der Kräfte und erteilt den Marschbefehl in das Katastrophengebiet.
"Die Logistik vor Ort ist gigantisch", beschreibt Arnold: Es sei "unbeschreiblich", einen ganzen Schulhof voll BRK-Blaulicht-Fahrzeugen zu sehen. "Weißt du noch? Das große Auto der Bamberger? Das war beeindruckend", sagt seine Kameradin zu ihm. Und auch die Verpflegung vor Ort sei "unglaublich" gewesen. "Die Köche haben 1000 Knödel gerollt und Blaukraut und Sauerbraten für alle gekocht", schwärmt Julia de la Gala über die Feldküche. Aus den beiden sprudelt es nur so heraus, als sie von ihren Erlebnissen berichten. Ein bisschen spürt man im Gespräch die Anspannung, die über drei Tage auf den beiden lastete.
"Man steht die ganze Zeit unter Strom. Nachts habe ich gerade mal drei Stunden geschlafen, weil ich so aufgekratzt war", beschreibt die 28-Jährige. Und Bernd Neukam ergänzt: "Deshalb ist es wichtig, dass die Ablösung der Helfer nach 72 Stunden erfolgt." Ihm ist auch wichtig, mit den Ehrenamtlichen im Nachgang zu sprechen: Wie geht es ihnen? Können sie das Gesehene gut verarbeiten? Brauchen sie vielleicht Hilfe?
Unterstützung bekamen die beiden Pegnitzer auch von ihren Kameraden am Dianafelsen: Sie haben nach der Rückkehr den Lastwagen gereinigt: "Von innen und außen, weil alles voller Staub war", erzählt de la Gala. Sie und ihr Kollege seien dankbar gewesen, dass ihnen das Putzen abgenommen wurde. Auf der Heimfahrt waren sie erschöpft und wollten schnellstmöglich schlafen gehen. "Mir tat es so leid, dass ich Stefan beim Fahren nicht ablösen konnte, weil ich keine entsprechende Fahrerlaubnis habe. Aber jetzt will ich es versuchen, den Lastwagen-Helferführerschein zu machen, mit dem ich unsere Einsatzfahrzeuge fahren darf", sagt die Pegnitzerin.
In Altenahr, im Landkreis Ahrweiler wo die Zustände nach dem Hochwasser "surreal" sind, wie de la Gala beschreibt, waren vor allem ihre Sanitäts-Kenntnisse gefragt: Sie und ihre Kameraden haben verschiedene Wunden versorgt: vor allem Platzwunden und Schnittverletzungen. Aber auch Kreislaufprobleme wurden behandelt – die Betroffenen arbeiten ohne Pause – und Augen gespült, weil viele Leute durch den Staub Dreck in die Augen bekommen haben. Etwa alle 45 Minuten gingen sie auf Fußstreife durch die vom Hochwasser zerstörten Straßen, die sie wie ein "Kriegsgebiet" beschreiben: "Es sieht aus wie in einem Actionfilm, als wäre eine Bombe explodiert", so Julia de la Gala.
Es sei nötig, aktiv auf die Verletzten zuzugehen, weil diese sich selbst keine Pause gönnten, um sich medizinisch versorgen zu lassen – selbst mit einem Nagel in der Handfläche. "Das kann man nur theoretisch üben. Aber nichts bereitet dich auf so einen Einsatz vor", gibt Stefan Arnold zu.
Viel Dankbarkeit gespürt
Obwohl er vor Ort viel Leid gesehen hat, hat er viel Herzlichkeit und Dankbarkeit erfahren. "Den Satz ,Schön, dass ihr von so weit kommt, um uns zu helfen‘, habe ich öfter gehört. Auch wenn die Menschen dort vor den Trümmern ihrer Existenz stehen, nehmen sie sich Zeit, um sich mit uns zu unterhalten", berichtet der 42-Jährige, der eigentlich Urlaub genommen hatte, um an seinem Haus zu arbeiten.
Froh über die Anerkennung ist auch seine Kollegin: Freunde, Nachbarn und Kollegen sprechen sie auf ihren Einsatz an und zollen ihr Respekt, den sie sich – wie die vielen anderen Helfer – verdient hat.
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