Echte Teamarbeit in Pegnitz: Der Maibaum steht

1.5.2016, 14:19 Uhr
Echte Teamarbeit in Pegnitz: Der Maibaum steht

© Klaus Trenz

Gute Vereinsarbeit: Norbert Sigl, Vorsitzender des Pegnitzer Trachtenvereins, ist zufrieden mit seiner Gruppe. 90 Mitglieder zählt der Verein, davon 40 Aktive. „Und wir sind im Bezirk Oberfranken der Trachtenverein mit der stärksten Jugendgruppe“, sagt er stolz. 28 Jungen und Mädchen sind es. Das sei die gute Vereinsarbeit, so Sigl, da gehören Idealismus und auch Aufklärungsarbeit dazu. Die Jugendlichen wissen über Brauchtum und Kultur Bescheid. Sie spielen Theater, tanzen und es gibt eine eigene Musikgruppe.

Gemeinschaft: Seit seinem vierten Lebensjahr ist beispielsweise Lukas Seyberth (20) dabei. Er gehört zu den Wiesenttalern und die Gemeinschaft ist es, die ihm wichtig dabei ist. Erster Mai, Kerwa und Erntedank sind die Hauptfeste, bei denen sie dabei sind. Einmal im Monat treffen sie sich zur Tanzprobe. „Wir sind über 20 Leute, und es ist schon schön“, sagt er. In der Fränkischen Schweiz gibt es das Maibaumaufstellen nicht so, darum ist das in Pegnitz für ihn schon etwas Besonderes.

Tradition: Seit 1972 ist der Creußener Hans Freiberger beim Maibaumaufstellen in Pegnitz dabei. Er ist Mitglied im Trachtenverein, war dort auch mal Kassier. „Mir ist diese Tradition wichtig, wenn so der Frühling begrüßt wird“, sagt er. Wichtig findet er auch die Zunfttafeln, die am Baum angebracht sind. „Sie zeigen, dass das Handwerk auch zur Stadt gehört.“

Pferde: Christian Eckert aus Weidenhüll ist diesmal zum ersten Mal beim Maibaumaufstellen in Pegnitz dabei. Der 75-Jährige hat seine beiden süddeutschen Kaltblutstuten fesch rausgeputzt. „Am Freitag habe ich sie mit dem Dampfstrahler und warmem Wasser hergerichtet“, erzählt er. Seit 45 Jahren arbeitet der Rentner mit Pferden. Sie gehören zu seinem Leben. Die beiden mächtigen Pferde Jette (18) und Hanne (7) nehmen das Ganze gelassen und ziehen den 28 Meter langen Baum durch die Stadt. Eckert geht öfter bei Festen mit seinen Pferde mit, die kennen das. Ruhig hält er die Zügel in der Hand und läuft mit ihnen hinter der Kapelle her. „Die Musik muss vorne sein, dann hören die Pferde meine Befehle besser und können sich konzentrieren“, erklärt er.

Sicherheit: „Wir gehen zur Sicherheit mit“, sagt Eckerts Sohn Dieter, der neben den Pferden läuft. Aber er hat keine Sorge, dass etwas passiert. Auf der Bahnbrücke bleiben sie kurz stehen und warten. Die beiden Stuten müssen ein paar Äpfel loswerden.

Lenkung: So ein langer Baumstamm muss gesteuert werden. Dafür sind Gerhard Sporer und seine Kollegen vom Bauhof zuständig. Sie haben Seile um den Stamm gewunden und schauen, dass das Gefährt sicher um die Ecken kommt. Seit über 25 Jahren macht Sporer das schon.

Nachwuchs: „Die Tradition stirbt ja langsam aus in Pegnitz“, sagt Dieter Deinhardt. Er ist mit seinem zweieinhalbjährigen Enkel gekommen, um ihm die Pferde, den Baum und die Trachtler zu zeigen. Und wie findet der Enkel den Festumzug? „Cool“, sagt der Kleine zaghaft, dann schaut er weiter fasziniert zu.

Bräuche: Bürgermeister Uwe Raab (SPD) hat sich über die verschiedenen Bräuche informiert. Einen kirchlichen mit Pfingstbaum gibt es, erzählt er. Und einen keltischen mit einem Pfahl. „Daraus ist dann wohl irgendwann der Maibaum entstanden“, so Raab. Er sieht die Tradition vor allem als Möglichkeit der Städte und Dörfer, sich und ihre Zünfte zu präsentieren. 16 Zunfttafeln sind am Pegnitzer Baum angebracht.

Trommel: Die Musik bei dem Spektakel gefällt Jakob Landgraf nicht so, er hört lieber Kinderlieder. Der Zweijährige trägt eine Tracht. „Weil die Oma und die Mama auch eine anhaben“, sagt er. Die Mama müsse aber heuer pausieren, weil sie ein Baby im Bauch habe, erzählt Jakobs Oma, Monika Sigl. Jakob kann auch Musik machen, er hat vom Nikolaus eine Trommel geschenkt bekommen.

Sicherheit: Um kurz vor 18 Uhr fällt von Anton Herzing sichtbar die Anspannung ab. Zum 27. Mal hat der ehemalige Bauhofchef, der sich zurzeit in der Ruhephase der Altersteilzeit befindet, das Kommando beim Aufstellen des Baumes gegeben. „Die Sicherheit, dass sich jeder Verein einbringen kann, dass die Schwalben — die Hilfsgeräte beim Aufrichten — nicht wegrutschen — und die Balance sind das Wichtigste“, sagt er. 25 Minuten hat das Aufstellen diesmal gedauert. „Bassd scho“, sagt Herzing.

Echte Teamarbeit in Pegnitz: Der Maibaum steht

© Klaus Trenz

Fremde Welt: Fasziniert schauen Mohebzada Nazamuddun (15) und Kaher Shezad (14) dem Treiben zu. Die beiden sind vor fünf Monaten alleine aus Afghanistan nach Deutschland gekommen. Ihre Eltern sind noch in der Heimat, sie konnten nicht mitgehen, sagt Mohebzada. Sein Bruder lebt in Donauwörth und ist sein einziger Verwandter in Deutschland. Mit dem Handy nimmt der 15-Jährige die tanzenden Trachtler auf; das Bild wird er den Eltern schicken. Die beiden Jungs gehen in die Sammet-Schule und sprechen schon gut Deutsch. „Nein, wir möchten nicht mittanzen“, erklären sie lächelnd. Den Frühling begrüße man in Afghanistan auch — aber mit anderen Tänzen.

Keine Kommentare