Edeka Neuhaus: „Wir stehen vor einem Trümmerhaufen“
28.8.2015, 18:06 UhrWas kommt nach der Schließung ihres Edeka-Markts für die Besitzer? „Die Arbeitslosigkeit“, sagt Kathrin Welsch emotionslos. Sechs Jahre hat sie geschuftet, um die Kunden in Neuhaus und Umgebung zufrieden zustellen und Geld zu verdienen, das zum Großteil in die Taschen von Edeka floss. Des Riesen unter Deutschlands Lebensmittelhändlern, der nach Ansicht von Welsch mit den kleinen Edeka-Händlern unwürdig umgeht.
Sie kennt weitere private Kaufleute in Mittel- und Oberfranken, die unter der Macht von Edeka in die Knie gingen. Edeka wollte zu den Vorgängen um den Markt in Neuhaus keine Stellung beziehen.
Anfragen der Nordbayerischen Nachrichten blieben unbeantwortet. „Wir bitten um Verständnis, dass wir aus Gründen der Vertraulichkeit keinerlei Aussagen zu Einzelheiten zwischen uns und unseren Genossenschaftsmitgliedern treffen. Dies ist weder im Interesse der Genossenschaft und ihrer Mitglieder noch im Interesse des Inhabers des Lebensmittelgeschäftes in Neuhaus“, heißt es in einer E-Mail der Geschäftsleitung von Edeka Nordbayern-Sachsen-Thüringen Stiftung & Co. KG in Rottendorf.
Voller Hoffnung gestartet
Jetzt hat es sie und ihren Lebenspartner getroffen, der schon seit einiger Zeit krank ist und deshalb nicht mehr im Geschäft arbeiten kann. Dabei war der 39-Jährige voller Hoffnung vor neun Jahren an den Start gegangen. Nach acht Jahren in Diensten von Edeka machte er sich in Neuhaus in Gebäuden selbstständig, die früher von Kaiser Bräu genutzt wurden, jedoch der Brauerei noch gehören.
Er übernahm die Getränkehandlung und das Edeka-Geschäft, die bis dahin Edeka betrieben hatte, zu stolzen Konditionen. Wißlicen verpflichtet sich vertraglich, für den Geschäftswert auf acht Jahre einen großen Betrag zu zahlen. Schon damals war beiden Seiten bekannt, dass Aldi und Rewe im Gewerbegebiet Ottenhof Läden eröffnet werden, was sich negativ auf die künftigen Erträge bei Edeka Neuhaus auswirken würde.
„Wir hatten die mündliche Zusage“, dass dann wieder über den Geschäftswert gesprochen wird“, betont Welsch. Doch dann habe niemand bei Edeka davon gewusst. Es hieß „Wo haben Sie das schriftlich?“, so Welsch. Nachdem Aldi (2009) und Rewe (2010) in Ottenhof eröffnet hatten, sanken die Umsätze bei Edeka die beiden Jahre danach deutlich. Der Konzern billigte eine Subventionierung der Miete.
Die neue Konkurrenz war nicht der einzige Grund, die dem Paar arg zusetzte. Als in Neuhaus die Straße wegen der Brückensanierung fast ein Jahr gesperrt wurde, sanken die Einnahmen massiv. „Das hat uns schwer zu schaffen gemacht.“
Edeka gewährte für zwei Jahre einen Mietnachlass. Mehr recht als schlecht ging es weiter. Zwar verlängerte Edeka 2014 den Mietvertrag um ein Jahr. Aber jetzt ist endgültig Schluss. Im Mai erfolgte die Kündigung zum 30. November; am 11. August machte der Konzern vom Sonderkündigungsrecht Gebrauch, und zog das Aus auf den 15. September vor. „Wir mussten allen Mitarbeitern kündigen“, sagt Welsch.
Bitter für das insgesamt 30-köpfige Personal — fünf Vollzeitkräfte, sechs Teilzeitkräfte und Aushilfen – denn Edeka plant am Standort Neuhaus einen Neustart. Das Gebäude, in dem sich der Getränkemarkt befindet, wird vom Eigentümer Kaiser Bräu abgerissen und durch einen Neubau (1200 Quadratmeter) ersetzt.
Auch Kathrin Welsch, die seit 1999 bei Edeka arbeitet, spielt in den Plänen des Lebensmittelhändlers keine Rolle mehr. „Sie sind der Meinung, ich bin nicht in der Lage einen Markt zu führen.“ Sie hat noch ihre Kontakte spielen lassen und dafür gesorgt, dass einige der festen Mitarbeiter in anderen Lebensmittelmärkten unterkommen.
Keine Antwort erhalten
Wenigstens einen Teil des Geschäftswerts wollen Wißlicen und Welsch von Edeka zurückerhalten. Sie argumentieren, dass sie den Edeka-Standort Neuhaus für sich gesichert hätten. Ihr Rechtsanwalt hat vor Monaten eine Unterlassungserklärung an den Konzern geschickt. Geäußert hat sich Edeka dazu bisher nicht. „Wir kämpfen weiter “, sagt die 34-Jährige.
Unterdessen wird der Markt schon langsam leer geräumt. Regale, Lebensmittel - alles muss raus. „Um die Räumung müssen wir uns selbst kümmern, Edeka hilft uns nicht“, sagt Welsch. Wie ihre Zukunft aussieht, weiß sie nicht. Sie hat zu Hause einen kranken Mann, zwei Kinder und ein Haus, das abbezahlt werden muss.
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