Großdemo in Pegnitz: Strommast ging in Flammen auf

2.2.2015, 05:20 Uhr
Hunderte von Stromtrassengegnern zogen durch die Stadt zum Wiesweiher-Gelände.

© dpa Hunderte von Stromtrassengegnern zogen durch die Stadt zum Wiesweiher-Gelände.

Sie ließen sich auch von Schnee und Kälte nicht abhalten: Schätzungsweise 3000 Teilnehmer machten am Samstagabend ihrem Unmut gegen die Gleichstromtrasse Süd-Ost Luft. Mit Fackelzug, emotionalen Reden und einem Feuerspektakel. Der Zorn war unüberseh- und unüberhörbar:

Gerd Weber, einer der Sprecher der Bürgerinitiative gegen die Gleichstromtrasse Süd-Ost, bekundete schon im Vorfeld der Großkundgebung im NN-Gespräch : "Mir ist ein wenig mulmig zumute." Zwar liefen die Vorbereitungen planmäßig, doch die Zahl der Teilnehmer machte ihm Kopfzerbrechen. Hatte man ursprünglich mit 500 kalkuliert, war am Nachmittag längst klar: Es dürften wohl viel mehr werden, sicher 2000, vielleicht sogar an die 3000. Allein aus dem Nürnberger Land hatten sich 350 Demonstranten angemeldet.

Das stellte die Pegnitzer Anti-Trassen-BI vor eine große logistische Herausforderung. "Ich weiß nicht, wie wir so viele Leute zeitnah mit Essen und Getränken versorgen können", sagte Weber. Die Sorge war nicht unbegründet. 600 Paar Bratwürste reichten nicht aus, der Leberkäse war schon vorher ausverkauft. Doch Unmut kam nicht auf unter den Trassengegnern. Dies nahmen sie gelassen hin.

Ganz im Gegensatz zum Thema des Abends - da war keine Spur von Gelassenheit mehr zu erkennen. Was mit Trommeln und Trillerpfeifen auch klangtechnisch eindrucksvoll untermalt wurde. Viele hatten eine lange Anreise auf sich genommen: Busse aus ganz Ober- und Mittelfranken, aus Schwaben und Oberbayern brachten mehrere 100 Menschen nach Pegnitz. Von Hof über Freystadt bis :Leinburg und Pavelsbach kam die Teilnehmer.

Der Großkundgebung neben der Wiesweiherhalle ging ein Sternmarsch voraus. Von drei Startpunkten aus - Juragruppe, Fränkischer Hof und Parkplatz am Ganzjahresbad - zogen Demonstranten in einem Fackelzug über die - für diesen Zweck halbseitig gesperrte - Bundesstraße zum Ziel. Dort ging es eng zu. Man sortierte sich, stand dicht an dicht. Ein Bild, das die Redner des Abends freudig strahlen ließ.

Der Landrat: Hermann Hübner bekundete (nicht zum ersten Mal): "Da läuft etwas falsch in unserem Land." Die Trasse sei kein Sinnbild für die Zukunft, darüber seien sich die Menschen einig. Von unserer Region bis ins Allgäu. Gut sei, dass auch die Landräte aus Hof, Forchheim oder Tirschenreuth diese VBrwegung unterstützen, alle zusammen hätten eine Bewegung ins Rollen gebracht, "ohne die wir nciht so weit gekommen wären". Die Trasenplanung ist laut Hübner eine "Wahnsinnsplanung", die letztlich die Energiewende "über den Haufen schmeißt".

Der Pegnitzer Bürgermeister: Uwe Raab, Sprecher des Aktionsbündnisses gegen die geplante Trasse, sprach von einer erfolgreichen Gegenwehr gegen den Würgegriff wirtschaftlicher Interessen. Unternehmen wie Amprion, die sich als "halbstaatliche Macht" verstünden, hätten erkennen müssen, dass sie - "diese Leichtmatrosen" - ihren Willen nicht einfach so durchsetzen können. Längst sei offensichtlich, dass man diese Trasse nicht brauche für die Energiewende, "da hat man versucht, uns zu belügen und zu betrügen". Doch was vielleicht in Berlin gelungen sei, werde mit den betroffenen Menschen nicht möglich sein.

Der Bund Naturschutz: Rainhard Birkner, BUND-Kreisvorsitzender, bekam viel Beifall für die Bemerkung: "Jeder weiß inzwischen, dass die Lichter in Bayern auch ohne Trasse nicht ausgehen." Die Befürworter der Trasse aus Wirtschaft und Industrie müssten erkennen: "Ihre gezielte Angstmache, etwa mit Blick auf steigende Strompreise, ist unbegründet."

Der Sprecher der Bürgerinitiative Pegnitz: Prof. Markus Bieswanger verkündete - mit hörbarem Stolz -, dass sich dem Aktionsbündnis inzwischen 300.000 Menschen angeschlossen haben. Dieser flächendeckende Protest ist laut Bieswanger auch ein deutliches Signal an die Adresse von Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner und Ministerpräsident Horst Seehofer, nicht locker zu lassen in Berlin - und die jetzt verlautbarten Sichtweisen zum Trassenthema auch weiterhon zu verfolgen. "An unserer Unterstützung wird es nicht fehlen", so Bieswanger.

Die Trasse diene ausschließlich dem Erhalt der Braunkohleindustrie im Osten und dem Versuch, über Bayern eine Stromautobahn laufen zu lassen, die dem europäischen Stromhandel zugute kommt. Die Energieversorgung müsse dezentral stattfinden, nur so mache die Energiewende auch Sinn.

Eine spektakuläre Feuershow unterbrach das gesprochene Wort mit visuell eindrucksvollen Szeanieren - und zum Finlae und passen zum Motto '"Mit Feuer und Flamme gegen die Trasse" wurde dann auf dem abgesicherten Bolzplatz neben der Halle noch ein sechseinhalb Meter hoges Strommastimitat aus Holz angezündet.

Einige kritische Stimmen zum Fackelzug und dem Abfackeln des Masts - weil diese flammenden Symbole durchaus Assoziationen an andere gesellschaftliche Vorgänge wecken und auch als Aufruf zu gewaltsamen Aktionen verstanden werden könnten - wollte BI-Sprecher und Kundgebungsorganisator Ged Weber so nicht gelten lassen. Zum einen habe man nur eine Idee aufgegriffen, die bereits im Landkreis Ansbach praktiziert wurde, zum anderen "wird da nur etwas angezündet, was man nicht braucht".

Nicht alle Teilnehmer blieben übrigens bis zum Schluss. Einige Hundert - vor allem jene, die noch einen weiten Heimweg hatten - machten sich schon vor dem letzten Redner auf die Rückfahrt. Dennoch war allgemeindes Staunen über die Anzahl der Teilnehmer zu vernehmen. Roland Schmitt, Leiter der Polizeiinspektion Pegnitz, der selbst einen der drei Sternmarschzüge begleitete, war sich sicher: "Das waren an die 3000 Leute."

14 Kommentare