Im Winter alle vier Wochen gemeinsames Frühstück in Eckenreuth
6.11.2015, 18:46 UhrGerhard Deinlein wurde im Nachbarhaus geboren. Vor 57 Jahren waren Hausgeburten in Eckenreuth etwas völlig Normales, mittlerweile fährt man eher ins Krankenhaus nach Pegnitz. In dem Haus wohnt jetzt noch sein 88-jähriger Vater.
Im Jahr 1997 hat Gerhard Deinlein sein eigenes Heim gleich neben dem seiner Eltern gebaut, als es für ihn, seine Frau Marga und die drei Kinder zu eng wurde.
Seit 29 Jahren sind Gerhard und Marga Deinlein verheiratet. Marga stammt aus Plech, doch als sie ihren Gerhard kennenlernte, warf die gelernte Bürokauffrau einen eisernen Grundsatz über Bord: „Ich wollte nie einen Bauern heiraten“, sagt die 52-Jährige.
Doch die Liebe fällt hin, wo sie will. Marga ist selbst auf einem Hof groß geworden. Ihre Freunde konnten im Sommer immer ins Schwimmbad fahren, während sie auf dem Hof helfen musste. Deswegen wollte sie keinen Bauern bis sie Gerhard Deinlein traf.
Nun stehen die beiden jeden Morgen um halb fünf auf und melken die zwölf Kühe im Stall. Danach gibt’s Frühstück und der gelernte Kfz-Mechaniker macht sich auf zu seiner Arbeit als Kraftfahrer.
Marga passt in der Zwischenzeit auf den Hof auf. Sie füttert zum Beispiel die Tiere, denn neben den Milchkühen gibt es auch zehn Mastschweine und mindestens eine Katze, die versorgt werden wollen.
Auch die Deinleins hat die Krise der Milchwirtschaft hart getroffen. Etwa ein Drittel des Umsatzes haben sie im Vergleich zum vergangenen Jahr weniger. „Da ist es gut, dass es noch ein zweites Einkommen gibt“, sagt Marga. Die Deinleins besitzen den Bauernhof in Eckenreuth schon seit Generationen. Die Kinder hingegen werden ihn wahrscheinlich nicht so fortführen, wie er jetzt ist.
Die jüngste Tochter ist 22 Jahre alt und bereits zu Hause ausgezogen. Sie macht eine duale Ausbildung zur Altenpflegerin. Die beiden älteren Söhne, die 23 und 26 Jahre alt sind, wohnen noch zu Hause. „Der große hat in Nürnberg ein duales Studium in Maschinenbau gemacht, aber er ist hier sehr stark verwurzelt“, erzählt Marga.
Er ist Mitglied im Posaunenchor und in der Fußballmannschaft und im Vorstand der Kirwaboum. „Ich kann ihn verstehen, ich hab die Stadt auch nie gemocht“, sagt Marga. Eine Zeit lang habe sie in Nürnberg gearbeitet, doch sei immer froh gewesen, dann wieder der Hektik, dem Lärm, den vielen Autos zu entkommen.
Eher für Ackerbau
Der mittlere Sohn ist gelernter Forstwirt. Irgendwann wird er wohl mal den Hof übernehmen. Doch die Kühe und Schweine werden nicht bleiben „Mit Tieren arbeitet unser Sohn nicht so gern. Beim Äckerbearbeiten fühlt er sich wohler“, erzählt Gerhard Deinlein. Zurzeit ist der junge Mann noch in Grafenwöhr angestellt.
Eckenreuth besteht aus 25 bis 30 Einwohnern. Im Winter steht einmal im Monat ein Weißwurstfrühstück auf dem Programm, im Juni haben sie Sonnenwende zusammen gefeiert und auch Silvester ist traditionell ein Fest für den ganzen Ort. Außerdem sind Taufen oder Hochzeiten Anlässe, um sich mit der Weilergemeinschaft zu treffen.
Dann zum Beispiel in einem kleinen umgebauten Milchhaus. An der Wand hängt eine Flagge vom FCN, draußen steht ein riesiger Steinofen, der einlädt, Fleisch zu garen oder Brot zu backen. Manchmal kommen die Bewohner von Eckenreuth aber auch in ihrem „Rittersaal“ zusammen. Hier wurde von einem Eckenreuther ein Raum in ein uriges Festzimmer umgebaut. Die nächste Wirtschaft ist im drei Kilometer entfernten Reuthof.
Eckenreuth ist klein, aber keineswegs rückschrittlich. Viele Häuser hier haben eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach. Außerdem gibt es einen Zimmerer, einen Wasserfachmann und einen Hundezüchter. Bei Letzterem werden reinrassige Pudel gezüchtet, die über das Internet deutschlandweit verkauft werden.
„Auch die Kinder haben nie geklagt, dass wir auf dem Land wohnen. Sicher musste man für sie öfter das Taxi spielen, der Schulbus fährt nur früh und nachmittags, aber auch hier kam uns die Dorfgemeinschaft zugute“, erzählt Marga.
So haben Erwachsene und Kinder früher häufig zusammen Ausflüge in den Tiergarten gemacht nach Nürnberg oder in den Europapark nach Rust. Marga sagt: „Ich könnte mir das auch gar nicht vorstellen, was die Kinder in der Stadt spielen sollen. Hier stehen sie früh auf und gehen raus, setzen sich in den Sandkasten oder fahren Fahrrad.“
Die Landluft scheint zumindest Gerhard Deinleins Vater gut bekommen zu haben. Der Rentner hat sich zu seinem 80. Geburtstag vor acht Jahren einen Heimtrainer gewünscht und benutzt ihn immer noch rege.
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