Michael Jackson kam im Orient-Express nach Pegnitz
29.9.2012, 17:14 UhrDie „Dangerous World Tour“ 1992 führte den Weltstar auch ins beschauliche Oberfranken. Eigentlich hätte einer seiner neun Deutschland-Auftritte im gerade eingeweihten Nürnberger Franken-Stadion stattfinden sollen. Doch die Sicherheitsexperten monierten fehlende Schwingungsdämpfer in den Oberrängen. Außerdem sorgte man sich um den frisch verlegten Rasen.
Das Konzert wurde ins städtische Stadion von Bayreuth verlegt. Und wer in Bayreuth gastierte und etwas auf sich hielt, der residierte in Pegnitz. Das war nicht nur bei den Wagner-Festspielen so.
In Unkenntnis dieses Umstands hatte Jacksons Management ein Hotel in Kulmbach gebucht. Als „Posthotel“-Chef Andreas Pflaum davon hörte, fuhr er eigens nach London und überzeugte die Tourleitung davon, dass eine standesgemäße Unterbringung nur bei ihm möglich sei.
Am Nachmittag des 31. August war es so weit, Jackson traf ein. Er kam mit der Bahn, allerdings keiner gewöhnlichen. In den kleinen Pegnitzer Bahnhof fuhr ein Orient-Express. Neun Nostalgie-Wagen, darunter der „Rheingold“-Bar-Waggon, rollten langsam auf Gleis eins ein.
Etwa 200 wartende Fans brachen in Jubel aus, als um 16.54 Uhr das Pop-Idol aus dem Zug stieg. Zwei junge Mädchen in der Livree des „Posthotels“ überreichten ihm einen symbolischen Schlüssel und ernteten dafür ein Küsschen auf die Wange. Jackson winkte noch einmal kurz und verschwand in einem gepanzerten Bus, nach wenigen Sekunden war der Spuk vorbei.
Im „Posthotel“ empfing Andreas Pflaum den Star mit einem Gugelhupf und einer Spielzeugeisenbahn als Geburtstagsgeschenk, denn zwei Tage vorher war er 34 Jahre alt geworden. Dann bezog Jackson die Parzifal-Suite, deren erster Bewohner Placido Domingo gewesen war.
Am nächsten Tag glich das „Posthotel“ einer Festung, Sicherheitskräfte im Schrankformat hielten die jugendlichen Fans zurück. Von denen hatten einige sogar im Schlafsack vor dem Hotel campiert und warteten nun im Dauerregen darauf, wenigsten einen Blick auf Jackson erhaschen zu können.
Als der dann wirklich am Nachmittag erschien, sahen sie ihn nur schemenhaft hinter Leibwächtern in einem Bus verschwinden. Der Star fuhr mit seinem elfjährigen Neffen zum Shoppen ins 200 Meter entfernte Spielwarengeschäft von Regina Häckel. „Er suchte sich Ghostbuster-Figuren, mehrere Puzzles, Modellbausätze und eine Raumstation aus“, berichtete die Besitzerin den Nordbayerischen Nachrichten. Bezahlen musste der Leibwächter. Das Besondere: Weil das Geschäft über Mittag geschlossen war, musste der Star mit PPP-Chef Pflaum vor dem Laden warten, bis der wieder öffnete.
Danach zeigte Andreas Pflaum seinem Gast die Fränkische Schweiz. Im Freizeitpark Fränkisches Wunderland in Plech wollten sie eine Kutschfahrt buchen, doch der Fiaker erkannte den Weltstar entweder nicht oder war nur schwer zu beeindrucken. „Er sagte nur: ,Da hinter zum Anstellen!‘. Dann sind wir mit der Bahn einmal rum“, erinnerte sich Pflaum später. Danach ging es zur Teufelshöhle.
Am Abend genoss Jackson das Menü von Starkoch Herrmann Pflaum, sein mitgebrachter Koch blieb untätig. „Der konnte nicht gut kochen. Was mein Bruder Herrmann servierte, fand Jackson viel besser“, so das Urteil von Andreas Pflaum. Überhaupt war Jackson nicht nur mit dem Essen zufrieden. „Er sagte, er kennt viele Hotels, aber in solch einem war er noch nie. Ob es Walt Disney gehört? Er war wie ein Kind an Weihnachten.“ Am nächsten Tag fuhr Jackson dann zur Enttäuschung der immer noch ausharrenden Fans völlig abgeschirmt nach Bayreuth ins eigens für die Riesenbühne umgebaute Stadion. Der Auftritt war selbstredend bombastisch, aber vorhersehbar.
Hektische Präzision
„Michael Jackson spult seine Show mit der hektischen Präzision eines Video-Clips ab, für Improvisation ist da kein Platz“, beschied der Kritiker der Nürnberger Nachrichten.
Die „Dangerous-Tour“ zog weiter nach Asien und Südamerika und fand dann ein unrühmliches Ende. Nach Anschuldigungen gegen Jackson wegen Kindesmissbrauchs wurden die letzten Konzerte in den USA abgesagt.
Am 25. Juni 2009 starb das Pop-Idol. Todesursache war eine akute Vergiftung durch das Narkosemittel Propofol, das ihm sein Leibarzt Conrad Murray über viele Wochen hinweg verabreicht haben soll.
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