Pegnitz: Stollen für 750 Menschen blieb ein Traum
26.1.2016, 18:08 UhrJörg Wettengel leitet die Abteilung für Elektronik bei Baier+Köppel. Der Modellbahn-Fan machte damit praktisch sein Hobby zum Beruf. Und brauchte dann ein neues. Er fand es in der Bergbaugeschichte der Stadt, angestoßen durch den Wunsch, den Pegnitzer Verladebahnhof einmal im Kleinen nachzubauen, mit allen Gleisen und Zügen im Modell. Damals erwachte seine Neugier, mehr über das Bergwerk zu wissen.
Heute hat Wettengel Schränke voller Aktenordner im Keller, die sogar bundesdeutsche Bergbaugebiete umfassen. Dazu kommt eine Sammlung von Erzen und Mineralien sowie von Geräten, die unter Tage nötig waren. Zum Beispiel bekam er vom letzten Markscheider des Pegnitzer Bergbaus, Wolfgang Ditze, die Grubenlampe.
Im Jahr 1907 kam es rund um Pegnitz unerklärlich zu dem großen Boom, sich Claims für Mutungsgebiete zu sichern. Pegnitz hatte zwar sauere Erze im Boden, zu deren Verwertung man erst im Zweiten Weltkrieg fähig war, aber das Bergwerk entstand. Sogar eine „Hütte Franken“ war angedacht. Aber sie wurde gekippt, um nicht der Maxhütte Konkurrenz zu machen.
Dieses Bergwerk zog viele Fremdarbeiter her. Sie bekamen ihre kleinen Selbstversorgerhäuschen in der Lohesiedlung. Und sie sollten gegen Ende des Krieges vor Flugzeugbomben bewahrt werden — mit einem Luftschutzstollen.
Zunächst enttäuscht
Jörg Wettengel fuhr ins Bamberger Staatsarchiv, wo die Pegnitzer Pläne landeten, und nützte alle seine Kontakte, um mehr über diesen Stollen herauszufinden. In Deutschland gibt es rund 100 Fachleute für diesen Bereich („sie kennen sich alle“). Als er einiges beieinander hatte, fuhr er zu den Kaninchenzüchtern und ließ sich von Alfred Neubauer zum Stollenmund führen — und winkte enttäuscht ab: Dieses kleine „Loch“, das nur ein paar Meter weit in den Fels reichte, konnte nicht der gesuchte Stollen sein. Denn der musste viel weiter vorangetrieben worden sein, wie die Dokumente berichten.
Aber so genau Wettengel die Felswand auch absuchte, es gab keinen anderen Stollen. Also erzählten seine Unterlagen von einem Wunschdenken, das nie Wirklichkeit war.
Denn geplant war eine Stollenlänge von 118 Meter mit Platz für über 700 Menschen, im Notfall 750. Der Betriebsplan von 1944 sprach von 354 Quadratmetern Fläche und 708 Menschen (auf jedem Quadratmeter sollten zwei Menschen Platz finden). In einem Schreiben der Stadt an das Bergamt Bayreuth vom 31. Mai 1944 wurden die Beamten von den Plänen unterrichtet. In dem Schreiben heißt es: „Der Luftschutzstollen wird in Gemeinschaftsarbeit ausgeführt. Die Sprengarbeiten sind dem Schießmeister Kästl der Gewerkschaft Kleiner Johannes zu übertragen. Träger des Stollenbaues ist die Stadt Pegnitz.“
Am 3. Juni 1944 erläuterte das Rathaus dem Bergamt Näheres: „Die etwa 1200 Einwohner, bestehend aus 126 Siedlerstellen des Werkes ,Kleiner Johannes‘ und des Nachbarbetriebes Amag-Hilpert, aus 150 Volkswohnungen der Wohnungs-AG der Hermann-Göring-Werke, sind im Benehmen mit dem örtlichen Luftschutzleiter Bürgermeister Remmel darangegangen, einen Luftschutzstollen zu bauen. Die Arbeiten sind bereits seit einigen Wochen in Gang und werden in Gemeinschaftshilfe ausgeführt. Nachdem die Arbeiten dort sehr langsam vorangehen, hat sich das Werk auf Antrag des Betriebsobmannes und des Siedlergemeinschaftsleiters entschlossen, den Stollenbau durch Abstellung von 4 Hauern (des Kleinen Johannes) rascher voranzutreiben.“
Wie im Bergbau üblich, musste nun ein Betriebsplan her, den das Bergamt prüfen sollte. Das Bergwerk übernahm die Leitung und stellte zwei Schießhauer mit Hilfsarbeitern sowie das Material zur Verfügung. Schichtfreie Bergleute wurden zudem herangezogen. Die Weite der Stollen sollte drei Meter betragen, die Höhe 1,8 Meter.
Zwei Schießhauer bestimmen
Für die Sprengarbeiten sollte Gelatine-Donarit verwendet werden. Ansonsten sah man Dynamit vor. Die Schießhauer waren Georg Mösbauer (1904 geboren, Karl-Peter-Straße 25) und Lorenz Otto (1902, Karl-PeterStraße 16). Sie sollten auch die Aufsicht bekommen, weil die Anlage so weit vom Bergwerk entfernt war. Sonst sei es unmöglich, „täglich Befahrungen durch eine Aufsichtsperson vornehmen zu lassen“.
Der Stollenbeginn sollte von Nord nach Süd in die Felswand gesprengt werden. Bohrpfeifen, die das Donarit aufnahmen, sind noch heute an den Seiten des Stollenrests zu sehen. Die Sohle des Stollens legte man einen Meter oberhalb des Geländes an, um den Bruch ausbreiten zu können, bis die Eingangshöhe erreicht war.
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