Pegnitzer grüßte seine Mutter aus dem KZ

7.2.2013, 00:00 Uhr
Pegnitzer grüßte seine Mutter aus dem KZ

© Peter Spätling

Der in Pegnitz 1911 geborene Georg Lai, der in Nürnberg als Technischer Angestellter arbeitete, wurde Anfang August 1940 von der Gestapo verhaftet. Nach dem Verhör kam er in „Schutzhaft“ in das Konzentrationslager Dachau, wo er am 10. August 1940 als Zugang eingetragen wurde und die Häftlingsnummer 14280 erhielt. Den Umständen der Einlieferung und der Einstufung kann man entnehmen, dass es politische Gründe waren, die Lai ins KZ brachten.

Nach kurzer Zeit wurde er von Dachau in das Außenlager nach Bad Tölz überstellt. Das war ein Arbeitsstraflager, wie es hier in dieser Gegend das KZ-Außenlager in Pottenstein für das KZ Stammlager in Flossenbürg war. Auch in Tölz mussten die Häftlinge unter schlechten Bedingungen bei unzureichender Ernährung schuften. Dies mag ein Grund dafür gewesen sein, dass Lai wegen eines Magengeschwürs ins KZ Dachau zurückgeschickt wurde.

Dort ist er am 18. März 1941 operiert worden, wobei ihm das Geschwür entfernt wurde. Er verblieb aber im KZ, wurde von Block 16/2 in den Block 26/2 verlegt, von wo aus er am 18. Juli 1941 seiner Mutter Grete Lai in Pegnitz den oben erwähnten Brief schrieb. Nur zweimal im Monat konnten die Häftlinge einen Brief an ihre Angehörigen schreiben oder empfangen.

Die Briefe waren normiert und durften nur in sehr gut lesbarer Schrift mit Tinte geschrieben werden, denn sie wurden vor dem Empfang oder dem Versenden von einer eigenen Zensurstelle des KZ geöffnet und zensiert.

Alle Sendungen, die nicht den Vorschriften entsprachen, wurden beschlagnahmt. So war es nicht erlaubt, Fotos zu versenden. Und auch nur fünf Briefmarken pro Brief, kein Geld. Zeitungssendungen waren ebenfalls verboten.

Aus heutiger Sicht fast wie Hohn klingen folgende Vorschriften: „Pakete dürfen nicht geschickt werden, da die Gefangenen im Lager alles kaufen können. Entlassungsgesuche an die Lagerleitung sind zwecklos. Besuche von Gefangenen sind grundsätzlich nicht gestattet.“

Trotzdem hat sich Lai in dem Brief an seine Mutter für Geld bedankt: „Liebe Mutter! Vielen Dank für die 15 M, aber leider habe ich sonst von dir noch keine Post und ich freute mich schon so sehr darauf.“ Fraglich ist also, ob Lai das Geld überhaupt erhalten hat oder ob er sich auftragsgemäß nur dafür bedanken musste, um die Mutter zu beruhigen. Beruhigend sollten auch folgende Sätze wirken: „Ich selbst fühle mich gesund und denke, dass es nun endlich ein Dauerzustand ist.“ Dann erwähnt er kurz die bevorstehende Hochzeit seiner Schwester.

Dabei schreibt Lai: „Ich freue mich schon, meinen Schwager kennen zu lernen. Doch durch die nun entstandene Kriegslage wird es wohl noch einige Zeit dauern.“ Vier Wochen vor dem Brief hatte Hitler die Sowjetunion angegriffen. Darauf mag Lai möglicherweise versteckt angespielt haben. Trostreich sollten wohl ebenfalls die nächsten Zeilen sein.

„Wir wollen aber nicht verzagen und die Freude wird dann umso größer sein, da ich dann wieder bei dir wohnen werde.“ Das bedeutete sicher, dass Lai davon ausging, seinen Arbeitsplatz in Nürnberg nicht mehr zu bekommen und zurück zu seiner Mutter nach Pegnitz ziehen wollte.

So ist auch fraglich, ob seine abschließenden Zeilen ein Trost für seine Mutter waren: „Die Zeit vergeht sehr schnell und so wollen wir auf ein baldiges Wiedersehen hoffen. Dich grüßt herzlich Dein Sohn Georg.“ Darunter dann der Zensurstempel mit Namenszeichen des Zensors aus dem KZ.

Die Wünsche gingen allerdings nicht in Erfüllung. Mehrfach wurde Lai wieder in das Außenlager nach Bad Tölz gebracht und zweimal zurück nach Dachau. Dann war er anscheinend nicht mehr „verwendungsfähig“. Am 26. Oktober 1942 wurde der Häftling mit der Nummer 14280 nach Auschwitz „überführt“. Hier verliert sich seine Spur. Wenig später zog auch seine Mutter zu Verwandten nach Nürnberg und starb dort. Mutter und Sohn haben sich nicht wiedergesehen.

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