Sie lebten für die Region und erhielten sie lebendig

4.1.2016, 17:54 Uhr
Sie lebten für die Region und erhielten sie lebendig

© Fotos: Reinhard Löwisch (2)/privat

Ganz oben auf der Liste steht der 110. Geburtstag von Hans Max von Aufseß. Er kam am 4. August 1906 auf die Welt. An ihn erinnert seit 20 Jahren eine „Aufseß-Stube“ im Tüchersfelder Fränkische-Schweiz-Museum. Von 1976 bis zu seinem Tod 1993 lebte er auf Schloss Oberaufseß, wo auch die meisten seiner mehr als 160 schriftstellerischen Werke entstanden. Eine seiner bekanntesten Arbeiten war sicher „Der Franke ist ein Gewürfelter“. Aus dieser Publikation heraus entstand der Kulturpreis der drei fränkischen Bezirke, der seit 1985 jährlich am 11. November an typische „Franken“ (aus jedem Bezirk einer) in Form eine Würfels vergeben wird. Hans Max von Aufseß — ihm wurde die Auszeichnung 1997 posthum verliehen — schreibt darüber: „Der Würfel ist wie der Franke ein widersprüchliches Ding. Er ist weder eine Kugel noch ein Kubus. Durch Abrundung seiner Ecken und Kanten vereinigt er aber die Funktionen von beiden: Er rollt und er steht.“

Selbstironische Sichtweise

Joseph Victor von Scheffels Geburtstag wiederholt sich im nächsten Jahr zum 190. Mal. Scheffel kam am 16. Februar 1826 in Karlsruhe auf die Welt. Von ihm stammt unter anderem der „Exodus Cantorum“ oder: „Der Domchorknaben Sängerfahrt“, 19 gereimte Strophen über Erlebnisse einer Reise durch die Fränkische Schweiz anno 1859, die der Fränkische-Schweiz-Verein (FSV) als gemalte Sprüchetafeln in der Region aufgestellt hat. 1883 weilte Scheffel zum letzten Mal hier. Im Gößweinsteiner Gasthof Distler (heute „Scheffelgasthof“) verewigte er sich im Gästebuch selbstkritisch: „Victor v. Scheffel, Belletriste, Carlsruhe, Gößweinstein, 4. Septbr. 1883“. Unter diesem Eintrag liest man hingekritzelt: „Belletriste? siehste wie de biste. Belle warste, triste biste, siehste, wie de biste, Belletriste?“

Sie lebten für die Region und erhielten sie lebendig

Karl Theiler erblickte 1926 das Licht der Welt. Er würde also 2016 glatte 90 Jahre alt werden. Der „Saalers-Korl“ war Bürgermeister und Heimatdichter, mit einer „Gosch’n“ in Ebermannstädter Mundart, Zeichner nach der Art Ludwig Richters, den er sehr verehrte, ein „gewürfelter Franke“ und vieles mehr. Und: Theiler war jahrelang der Hauptvorsitzende des FSV. In dieser Eigenschaft setzte er sich für die Felsfreilegung und den Erhalt fränkischen Brauchtums ein und brachte den FSV zur Blüte.

Region zusammengeschweißt

Max Näbe kam 1876 in Leipzig auf die Welt, also vor 140 Jahren. Aus seiner Feder stammt das Stück „Der Schmied von Pottenstein“ (1920 uraufgeführt), in der die Zeit der Schwedenkriege nachgestellt und ein heroischer Kampf Einheimischer gegen die Feinde beschrieben wird. Das Stück wurde im Juli 2001 anlässlich der 100-Jahr-Feier des FSV vor ausverkauftem (Bürger-)Haus einige Male aufgeführt. Näbe war auch auf dem Gebiet der Vorgeschichte tätig und gründete 1919 den „Heimatverein Pottenstein“. Er starb 1945.

Wer erinnert sich noch an August Sieghardt, „den größten Lobpreiser unserer Landschaft“, wie ihn viele nannten? Er war „der Heimatkundler“ schlechthin, zu Lebzeiten schon eine Legende, hoch verehrt und ausgezeichnet. Mit seiner journalistischen und schriftstellerischen Tätigkeit (Aufsätze, Gedichte, Prosa und Poesie, Werbetexte für Prospekte) trug er viel zum langsam wachsenden Zusammengehörigkeitsgefühl der Menschen in der Fränkischen Schweiz und zur Förderung des Tourismus bei. Vor 90 Jahren dichtete er das „Heimatlied der Fränkischen Schweiz“, eine Hymne an seine „geliebte Region“, die nach seinem Verständnis in erster Linie aus dem Tal der Wiesent und deren Nebentälern bestand. Im gleichen Jahr (1926) gab er das im Nachhinein viel gerühmte zweibändige Werk „Im Bannkreis der Wiesent“ heraus. Darin enthalten: seine gesammelten Erkenntnisse über die Gegend. Sieghardt war bis zur Gleichschaltung durch die Nazis 1933 auch Schriftleiter der FSV-Zeitschrift. In dieser Funktion veröffentlichte er dort viele seiner Aufsätze exklusiv. Sieghardt starb im Oktober 1961 in Grassau am Chiemsee 74-jährig.

Sicher gibt es noch viel mehr verstorbene Prominente, die in die Auflistung gehören. Allein 44 Persönlichkeiten finden sich im FSV-Ehrenbuch. Ihnen widmete man oftmals Gedenksteine, gab Straßen ihren Namen, sogar Gasthäusern oder auch Aussichtsplätzen. Sie alle waren „Heimatkundler“ im weitesten Sinne. Menschen, die sich für die Geschichte der eigenen Region interessierten, sie lebten und sie damit lebendig erhielten.

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