Überraschung: Helga Feddersen lebte 1945 in Doos
12.5.2017, 15:47 UhrDer Eintrag im Poesiealbum und ein Brief zeugen davon, dass Helga Feddersen im Alter von 15 Jahren 1945 im Kinderlandverschickungslager in Doos bei Waischenfeld untergebracht war.
Internationale Bekanntheit erlangte Helga Feddersen 1959 in der Rolle der Klothilde in dem Spielfilm "Buddenbrooks" nach dem Roman von Thomas Mann sowie 1981 in dem Film "Lola" von Rainer Werner Fassbinder. Im Hamburger Ohnsorg-Theater spielte sie unter anderem an der Seite von Heidi Kabel.
1975 wurde Feddersen durch ihre Rolle als Else Tetzlaff in Wolfgang Menges Fernsehserie "Ein Herz und eine Seele" mit Heinz Schubert (Ekel Alfred) dem deutschen Fernsehpublikum bekannt. Sie sang mit Frank Zander das unvergessliche "Die Wanne ist voll", war häufig Comedypartnerin von Dieter Hallervorden und spielte in zahlreichen Fernsehserien.
In Stuttgart beigesetzt
Helga Feddersen wurde 1930 als Tochter eines Kaufmanns in Hamburg geboren. 1990 starb sie an einem Leberkrebsleiden. Ihre Urne wurde auf dem Steigfriedhof in Stuttgart-Bad Cannstadt, der Heimatstadt ihres zweiten Mannes, beigesetzt.
Feddersens handschriftlicher Eintrag mit Unterschrift in dem Poesiealbum, das nun dem Fränkische Schweiz Museum gehört, lautet: "Stürmt der See und tobt der Wind, und flammt der Blitze Feuer, so denke wie des Schiffers Kind: "Mein Vater sitzt am Steuer!" Helga Feddersen – Doos, den 24. Mai 1945."
Kurz vor ihrer Heimfahrt nach Hamburg schrieb Helga Feddersen in Doos am 7. Juli 1945 einen Brief, den sie mit den Worten "Zum lieben Gedenken !" überschrieb und der sich ebenfalls in dem Poesiealbum fand. Auf diesem Brief ist ein Schwarz-Weiß-Foto von der jugendlichen Helga abgebildet, der Text lautet: "Nimmst du dann in spätren Tagen Dieses Blatt einmal zur Hand, Wirst Du Dir im Stillen sagen: "Ja, die hab ich auch gekannt !" Und es ziehn durch Deinen Sinn, All die lieben Erinnerungen hin. Alles was Dich traurig und glücklich gemacht, Als Du noch in Doos Deine Tage verbracht! Doos, am 7. Juli 1945, kurz vor der Heimfahrt. Deine Fedder".
Helga Feddersen erlebte demnach in Doos nicht nur traurige, sondern auch glückliche Momente. Bis 1993 stand hier ein beliebtes Gasthaus mit Fremdenzimmern, bis es der Deutsche Orden übernahm. Als "Haus Aufseßtal" ist es heute eine soziotherapeutische Einrichtung für chronisch alkohol- und medikamentenabhängige Männer und Frauen. Ein Gasthaus in Doos gibt es vermutlich schon seit 1829. Berühmte Reisende machten in Doos Station. 1798 zum Beispiel der deutsche Dichter Ernst Moritz Arndt. Ludwig Richter, der bekannte Maler, zeichnete 1837 den Ort und den Wasserfall. Im gleichen Jahr besuchte der Düsseldorfer Dichter Karl Immermann das Gasthaus und den Wasserfall, den er sogar in einem Gedicht verewigte. 1930 wurde die an das Haus angrenzende Scheune zu Wirtschaftsräumen und Fremdenzimmern ausgebaut. Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges veränderte sich alles. Gäste blieben aus und 1940 bis 1941 wurde das Haus mit 92 Aussiedlern belegt.
Nach deren Wegzug wurde Doos zum Kinderlandverschickungslager, in dem zeitweise über 100 Jugendliche, die meisten aus Hamburg, untergebracht waren, bis die Amerikaner einmarschierten. Eines dieser Kinder, die in Doos einen Teil ihrer Jugend verbrachten, war die später zur Berühmtheit gelangte Helga Feddersen, wie nun nachweisbar ist. Für Museumsleiter Rainer Hofmann ist dies ein besonders wertvolles neues Exponat des Museums. Ebenso wie zwei Gästebücher der Pulvermühle, die das Museum von der Familie Bezold erhielt. In dem älteren Gästebuch der Pulvermühle finden sich alle Unterschriften der Schriftsteller des letzten Treffens der berühmten Gruppe 47. Am 8. Oktober 1967 schrieb der spätere Literaturnobelpreisträger Günter Grass unter dem Eintrag von Organisator Hans Werner Richter: "Vielen Dank, nicht nur für die Knödel…". Wie Landrat Hermann Hübner (CSU) während der Zweckverbandsversammlung meinte, sollten die Gästebücher der Pulvermühle mit den Einträgen der Schriftsteller eine zentrale Rolle bei einem für den Oktober diesen Jahres in Waischenfeld geplanten Schriftstellerfestival anlässlich des 50. Jahrestages des letzten Treffens der Gruppe 47 in der Pulvermühle bekommen.
Wie berichtet soll dieses Literaturfestival als erstes dreitägiges Treffen namhafter deutscher Schriftsteller vom 13. bis 15. Oktober in Waischenfeld stattfinden. Geplant wird dies von der Bayreuther Firma KulturPartner, die noch Geldgeber sucht. Laut Hübner soll auch die Tourismuszentrale Fränkische Schweiz eingebunden werden. Denn nach Meinung von Hübner gehe die Bedeutung des Festivals über Waischenfeld hinaus und betreffe die ganze Fränkische Schweiz. Hübner kann sich vorstellen, dass Vorträge zur Gruppe 47 auch in Pottenstein, Gößweinstein oder Ebermannstadt stattfinden.
Weitere Neuerwerbungen sind unter anderem zwei sehr gut erhaltene, seltene Kommunionkränze für Jungen aus Schlaifhausen, eine figurenreiche Darstellung einer fränkischen Kirchweih, handschriftliche Reisebeschreibungen der Fränkischen Schweiz aus dem 19. Jahrhundert, eine wertvolle Puppe aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts oder auch ein Leuchter, der aus einer Synagoge stammt sowie wertvolle Gemälde und ein bemalter Bauernschrank aus Schnabelwaid.
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