Verlagerung von BellandVision fürchtet niemand mehr

4.11.2016, 09:00 Uhr
Verlagerung von BellandVision fürchtet niemand mehr

© Foto: Hans-Jochen Schauer

Das historische Schild „Postamt“ über dem Eingang ist inzwischen verschwunden. Auch sonst erinnert in dem Gebäude, in dem einst Briefmarken verkauft und R-Gespräche vermittelt worden sind, nichts mehr an die einstige Behörde an der Bahnhofstraße. Das Amtsgebäude, in dem früher einige wenige Beamte Dienst schoben und die Postgaragen beherbergen heute moderne Büros für nicht weniger als 80 hochqualifizierte Mitarbeiter, mit steigender Tendenz.

Auch wenn heute letztendlich der Suez-Konzern mit Sitz in Paris das Sagen hat, so fällt bei jeder Betriebsbesichtigung, wie etwa jetzt durch den Wirtschaftskreis Pegnitz, der Name Roland Belz. Der umtriebige, leider viel zu früh verstorbene Recycling-Pionier aus Kühlenfels ist Ende des vergangenen Jahrhunderts mit seiner von der Entsorgungs-Lobby anfangs heftigst bekämpften Firma BellandVision in das leerstehende Amtsgebäude umgezogen, nicht ohne entsprechende Weichen zu stellen. Als er das mit Hilfe des Keks-Erben Hubertus Bahlsen und des Pop-Musikers Phil Collins gegründete Unternehmen an die Franzosen verkaufte, ließ er notariell eine fünfjährige Standortsicherung für Pegnitz eintragen. Das reichte für einen entsprechenden Ausbau, so dass heute niemand mehr eine Verlagerung nach Köln fürchtet.

80 Mitarbeiter

Geschäftsführer Thomas Mehl referierte vor den Pegnitzer Wirtschaftsvertretern von der Verantwortung des Handels und der Industrie für die Verpackung. Die Kosten seien dabei von vornherein eingepreist und würden deshalb in vollem Umfang vom Verbraucher bezahlt, die Entsorgung wiederum sei privatwirtschaftlich über das Duale System geregelt, in dem BellandVision inzwischen nach dem Grünen Punkt der zweitstärkste Partner sei. Mehl und seine 80 Mitarbeiter im Durchschnittsalter von 32,4 Jahren verfügen dabei über kein einziges Müllauto und keinen Container, sie sorgen vielmehr für eine kompakte Abwicklung durch Entsorger, die dafür gerade stehen müssen, dass etwa an jeder McDonalds-Filiale auch am Heiligen Abend die Abfallbehälter geleert werden.

Jährlich neue Verträge

BellandVision hat inzwischen rund 4500 Kunden im Portfolio, darunter allein rund 100 Handelsunternehmen von Edeka über Rossmann oder Müller bis hin zu Globus und beschäftigt dabei rund 1000 Dienstleister. Der Anteil am Milliardenmarkt Grüner Punkt wird aktuell mit etwa 20 Prozent angegeben. Pegnitz möchte dabei weiter wachsen, auch wenn dies laut Mehl extrem schwierig sei, weil alle Verträge im Jahresrhythmus neu abgeschlossen werden müssen.

Wie überall entfällt auch beim Abfall-Recycling inzwischen ein Großteil der Arbeit auf die lückenlose Dokumentation, die von der Anmeldung der entsprechenden Mengen bis zur tatsächlichen Verwertung reicht. Dabei werden die Anforderungen immer größer, schreibt doch der Gesetzgeber bis 2021 eine Steigerung der Recyclingraten auf rund 90 Prozent vor. Mehl macht kein Hehl daraus, dass dies mit Wertstoffhöfen allein nicht zu schultern sei, vielmehr werde die flächendeckende Einführung von Wertstofftonnen kommen. Das sei auch nur gerecht, schließlich habe der Bürger über den Produktpreis die Müllentsorgung schon mitbezahlt.

Wie sehr die Abfallwirtschaft im stetigen Wandel sei, belegte Mehl abschließend mit einem durch höchst unterschiedliche Abgabensätze bedingten internationalen Problem: Hätten früher die deutschen Müllverbrennungsöfen Mühe gehabt, ihre Kapazitäten auszuschöpfen, so würden sie heute unter den Bergen von aus England importiertem Müll ersticken.

Mehl: „Selbst wenn ab morgen nichts mehr angeliefert würde, würde es mindestens ein halbes Jahr dauern, bis alles verfeuert sei. Und das trotz Brexit“. Die Folgen für die Deutschen: „Die Müllgebühren werden steigen, weil Angebot und Nachfrage den Preis regeln.“

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