Viehhalter und Jäger fürchten die Rückkehr des Wolfes

Luisa Degenhardt

Redaktion Nordbayerische Nachrichten Pegnitz und Auerbach

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5.4.2017, 05:50 Uhr
Der Wolf ist zurück in Bayern - das freut nicht alle.

© Patrick Pleul/dpa Der Wolf ist zurück in Bayern - das freut nicht alle.

Martin Winter kann die bei Tierschützern herrschende Freude über die Rückkehr der Wölfe nicht nachvollziehen. "Das können nur Leute sagen, die in Nürnberg im Wohnblock im 12. Stock wohnen", sagt der 37-Jährige. Er wohnt nicht in Nürnberg, er lebt in Finstermühle bei Neuhaus. Winter züchtet Burenziegen, er hält etwa 20 Stück. Momentan sind sie noch im Stall, in wenigen Wochen aber sollen sie auf die Weiden und dort bis November rund um die Uhr bleiben.

Viehhalter und Jäger fürchten die Rückkehr des Wolfes

© Luisa Degenhardt

Um seine Ziegen vor dem Wolf zu schützen, hat Winter sich vergangenes Jahr zwei Herdenschutzhunde angeschafft. Sie sind eine Mischung aus Pyrenäenberghunden und Maremmen-Abruzzen-Schäferhunden. Sie schlafen im Ziegenstall, um eine Verbindung zu ihrem "Rudel" aufzubauen.

Sie werden um die 50 Kilo schwer und sollen den Wolf von Winters Tieren fernhalten. "Alles, was der Herdenschutzhund nicht kennt, will er vertreiben", sagt Winter. Er rät Spaziergängern deshalb dringend davon ab, über den Weidezaun zu fassen, um die Hunde zu streicheln.

Zwei Herdenschutzhunde könnten einen Wolf in die Flucht schlagen, "aber wenn die im Rudel kommen, fressen die den Herdenschutzhund auch". Im vergangenen Jahr ist eine seiner Ziegen spurlos von der Weide verschwunden. Kein Blut, keine Reifenabdrücke, nichts. Dass der Wolf das Tier geholt haben könnte, diese Vermutung stellt er allerdings nicht an. Doch er verweist nach Velden, wo ein Kamerunschaf gerissen und eins verletzt wurde. "Ich will keinen Wolf und ich brauche keinen Wolf", so Winter. Er plädiert dafür, auffällige Tiere, die Siedlungen oder Nutztieren bis auf einen Kilometer zu nahe kommen, abzuschießen.

Das deckt sich mit der Meinung von Karl-Heinz Inzelsberger, Vorsitzender der Jägervereinigung Pegnitz. "Der Wolf hat in der Nähe von Siedlungen nichts verloren", meint er. Auch er und seine Jäger-Kollegen sind also keine Wolfsfans. "Das ist ein offenes Geheimnis. Wir können ohne den Wolf genauso sehr gut leben", so Inzelsberger. Er befürchtet, dass das Raubtier Unruhe in die Jagdreviere bringt. Inzelsberger wundert es, dass der Bauernverband und die Jagdgenossenschaften nicht auf die Barrikaden gehen. Denn die Jäger sind nur Pächter, Ausführende der Jagd, während Bauernverband und Jagdgenossenschaften das Land besitzen.

Große Lobby stört Jäger

Den Vorsitzenden der Jägervereinigung stört es, dass der Wolf so eine große Lobby hat. "Da meinst du, da wird eine heilige Kuh durchs Dorf getrieben. Fürs Rehwild interessiert sich keiner. Aber das ist uns heilig."

Ziegenhalter Winter glaubt, dass es sich der Wolf möglichst einfach macht. Warum jagen, wenn die Nutztiere auf der Weide parat stehen? "Ich züchte doch nicht seit über zehn Jahren Ziegen, damit ich dem Wolf sein Tischlein decke."

Sollte das Raubtier doch einmal eine seiner Ziegen reißen, dann gibt es Entschädigungszahlungen . Die, so Winter, sind allerdings freiwillig. "Die zwei 500er kann ich aber nicht auf die Weide tun, um die Ziegen zu decken", sagt er. Die Gene seiner Böcke könne man ihm nicht bezahlen. Zudem stünden die Entschädigungszahlungen in keinem Verhältnis zu den Geldern, die für den Wolf fließen.

Findet auch Inzelsberger und sagt: "Für ein Reh gibt es keine Entschädigung. Ich habe kein Verständnis dafür, dass man ein gesundes Lebensmittel dem Wolf zum Fraß vorwirft." Wenn das Raubtier Nutztiere reiße, würden die Schäden aus Steuergeldern bezahlt. Wenn Rehwild ein Bäumchen verbeiße, komme die Order an die Jäger mehr davon zu erlegen. Nahrung der Wölfe ist vor allem Rotwild, heimisch im Veldensteiner Forst. Inzelsberger hat ein Szenario im Kopf, was mit der Rückkehr des Wolfes passieren könnte: Der Wolf reißt Rotwild an den Fütterungsplätzen, an denen sich die Tiere sammeln. Aus Furcht geht das Rotwild nicht mehr dorthin. Folglich gibt es mehr Verbiss, weil sich die Huftiere an den Bäumen bedienen. Was wiederum dazu führt, dass das Rotwild geschossen wird.

"Wir bräuchten den Wolf nicht, wir haben genügend Probleme mit dem Schwarzwild", fügt Inzelsberger an. Und damit ist er gleich bei einem weiteren Problem, das die Rückkehr des Wolfs mit sich bringt. Denn wenn das Raubtier auftauche, rotte sich das Schwarzwild — Wildschweine — zusammen. Doch Jäger könnten nicht einfach in den Pulk hineinschießen. Zudem richteten Wildschweine in großer Zahl auch größere Schäden an.

Genauso wie Winter sieht der Jäger die Wolfsbefürworter dementsprechend kritisch. Diese hätten mit der Natur nur wenig zu tun oder zu geringes Wissen darüber. Bloß, fragt der Jäger, was wenn ein Wolf "nicht alles im Getriebe hat und wirklich mal einen Jogger anfällt". Er wolle wissen, wer in solchen Fällen die Haftung übernimmt.

"Eine Frage der Zeit"

Auch Winter befürchtet, dass der Wolf irgendwann einen Menschen angreifen könnte. "Meiner Meinung nach ist das alles eine Frage der Zeit. Zuerst frisst er Schweine, Ziegen, Schafe, danach kommt vielleicht der Fiffi, der durch den Wald streunt. Und als nächstes ein kleines Kind", sagt Winter. Jäger Inzelsberger ist dagegen, den Wolf ausrotten zu wollen. Aber dafür, den Wolf unter Kontrolle zu haben. "Bei unserer dicht besiedelten Landschaft hat der Wolf wenn überhaupt nur einen Platz in bestimmten Gebieten." Auf großen Truppenübungsplätzen, in Naturschutzgebieten. Per Wildkamera solle überprüft werden, ob der Wolf das Gebiet verlässt. Tue er das, müsse man ihn abschießen.

Es gebe heute schon Länder wie Frankreich und Schweden, wo der Wolf gejagt wird. In Deutschland steht das Tier unter Schutz. Inzelsberger sieht da Handlungsbedarf. Andernfalls befürchtet er, dass andere Tierarten im Wald irgendwann stark dezimiert sein könnten und der Wald dadurch aus dem Gleichgewicht geraten könne.

Das Argument von Tierschützern, der Wolf erobere sich lediglich ein Gebiet zurück, in dem er früher heimisch war, lässt der Jäger nicht gelten. Früher sei die Besiedlungsdichte anders gewesen. Früher, da sei man auch nicht in den Wald gegangen, um zu joggen oder die Natur zu erleben.

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