Landwirt klagt an
Politik als "Sargnagel": Fränkischer Bauer erklärt den Grund der Proteste
13.1.2024, 05:55 UhrJosef Taschner ist Landwirt. In Obertrubach führt er seinen eigenen Betrieb, den er im Jahr 1992 von seinem verstorbenen Vater übernommen hat. Bauer ist er aber schon länger: "Von Kindesbeinen an", um genauer zu sein - "eigentlich war ich schon auf dem Schaukelpferd im Stall." Auf rund 50 Hektar Fläche betreibt der 58-Jährige Ackerbau und Forstwirtschaft. Doch Taschner engagiert sich weit über das Geschehen des eigenen Betriebes hinaus: Er sitzt im Beirat des Vereins "Land schafft Verbindung" und mischt auch bei den aktuellen, bundesweiten Protesten der Landwirte kräftig mit: Die Demonstration in Nürnberg, die mit einer Kundgebung am Hauptmarkt endete, hat er persönlich angemeldet. Aber wogegen protestieren Taschner und die Landwirte eigentlich genau?
Taschner erklärt, dass die Proteste sich gar nicht primär gegen die Sparpläne der Bundesregierung richten. "Die Geschichte hat das Fass nur zum Überlaufen gebracht", so seine Einschätzung. Vielmehr gehe es den Bauern um "die Fülle der Restriktionen und Auflagen, die wir die letzten 15 Jahre einstecken mussten." Doch Taschner möchte nicht missverstanden werden: Die Demonstrationen würden sich auch direkt gegen die Bundesregierung richten. Deren Pläne seien ein weiterer "Sargnagel", unter dem die Landwirtschaft zu leiden habe. "Irgendwann muss einmal Schluss sein mit den Sargnägeln", fordert Taschner deshalb.
Selbstversorgungsgrad sinkt – Subventionen für ukrainische Erzeugnisse "ein Riesen-Problem"
Konkret wirft Taschner der aktuellen Politik vor, die Landwirtschaft in Deutschland sukzessive zu zerstören. "Der Selbstversorgungsgrad in Deutschland liegt nur noch bei rund 80 Prozent, in den 1980er Jahren lag er bei etwa 110 Prozent", erklärt er. Diese Tatsache laufe auch anderen, aktuellen politischen Bestrebungen zuwider: So würden Import-Abkommen mit der südamerikanischen Freihandelszone MERCASUR dafür sorgen, dass dort vermehrt Regenwald abgeholzt würde. "Ist das sinnvoll für den Umweltschutz?", fragt Taschner deshalb.
Überhaupt stelle die internationale Agrarpolitik ein Problem dar: "Wir subventionieren über Deutschland und die EU ukrainischen Weizen und Mais. Das ist ein Riesen-Problem", gibt Taschner zu verstehen. Die Nachfrage nach ukrainischen Erzeugnissen habe zwei Gründe: den Preis und die Qualität. Ukrainische Landwirte dürften - im Gegensatz zu ihren Kollegen in EU-Staaten - ihre Pflanzen aufgrund niedrigerer Regularien "nach Bedarf düngen".
Gleiche Regeln für alle – auch bei Glyphosat
Taschners Appell an die Regierung lautet deshalb, den Agrarmarkt in Europa zu schützen. "Es darf nur noch das rein, was zu gleichen Bedingungen wie hier produziert wurde", fordert er. Denn die Bauern in der EU bräuchten "Waffengleichheit" mit der außereuropäischen Konkurrenz. Die sei aufgrund der zahlreichen Restriktionen in der europäischen Freihandelszone nicht gegeben. Als Beispiel nennt er die EU-Vorgaben in den Bereichen Umweltschutz und Tierwohl. Bei importierten Lebensmitteln hingegen würden diese Vorschriften niemanden interessieren.
Handelshemmnisse wolle Taschner keine, wie er betont. "Wir brauchen Sachen aus dem Ausland, auch Lebensmittel. Aber wenn es die gleichen Produkte sind, die man hier herstellen kann, dann darf man sie auch nur importieren, wenn sie unter den gleichen Bedingungen hergestellt würden", so seine Forderung. Als weiteres Beispiel in diesem Zusammenhang nennt er das umstrittene Pflanzenschutzmittel Glyphosat. "Wir können es zum Beispiel in Brasilien nicht verbieten lassen. Aber wenn wir es dort nicht verbieten können, dann hier auch nicht", findet Taschner.
Rekordgewinne? "Große Ausnahme"
Dass die deutschen Landwirte trotz der beklagten Restriktionen in den letzten Jahren Rekordgewinne eingefahren haben, müsse man laut Taschner gesondert einordnen. "Das war eine ganz, ganz große Ausnahme", betont er. Außerdem würde in die Gewinne nicht die Arbeitskraft eingerechnet, die zum Beispiel durch Familienmitglieder eingebracht würde. "Wenn Sie das gegenrechnen, sieht es schon anders aus", meint er. Zudem würden die Gewinne ja auch wieder reinvestiert.
Dass es überhaupt Subventionen braucht, begründet Taschner damit, dass diese für einen "ruhigen Bürger" sorgen würden. "Der zahlt die Subventionen zwar mit, aber hat dafür niedrige Lebesmittelpreise", erklärt er.
Keine Unterwanderung von rechts - trotz Affinität zu Freien Wählern "politisch absolut unabhängig"
Taschner und die anderen Landwirte wollen deshalb weiter für ihre Anliegen eintreten. Dass es Bestrebungen aus rechten Kreisen gibt, die Proteste für ihre politischen Zwecke zu instrumentalisieren, registriere er zwar, von einer Unterwanderung will Taschner aber nichts Wissen. "Ich kann es fast nicht mehr hören", sagt er. In Nürnberg sei ihm am Montag lediglich eine Person aufgefallen, die am Rande der Kundgebung mit einem Plakat auftrat, auf dem "irgendwas von der AfD" gestanden habe - "Mein Gott, wir haben eine Demonstrationsfreiheit", so Taschners Kommentar.
"Natürlich bemerkt man, dass gewisse rechte Kreise sich der Bauernproteste annehmen. Die rufen auch zur Unterstützung in der Bevölkerung auf", sagt Taschner. "Aber ich kenne ehrlich gesagt kein einziges Beispiel, wo eine landwirtschaftliche Versammlung vereinnahmt worden wäre. Wir versuchen, einen Schulterschluss mit Spediteuren und dem Handwerk herzustellen. Andere Kreise versuchen das auch", kommentiert Taschner die Annäherungsversuche von rechts.
Taschner betont: "Ich lasse mich von keiner Seite politisch vereinnahmen." Er erzählt, dass vor einiger Zeit Videomaterial von einem Demo-Zug, an dem er teilgenommen hat, auf dem privaten Telegram-Kanal eines AfD-Abgeordneten aufgetaucht sei. Daraufhin habe man einen Anwalt eingeschaltet, es habe einen "bitterbösen Anruf" gegeben - und der Abgeordnete habe das Video binnen weniger Stunden wieder gelöscht. "Das Gleiche würde ich auch bei einem CDU- oder Grünen-Politiker machen", erklärt Taschner. Auch der Verein "Land schafft Verbindung", in dessen Beirat er aktiv ist, würde dem Credo der politischen Unabhängigkeit folgen. "Es gibt eine gewisse Affinität zu den Freien Wählern, das will ich gar nicht verhüllen, aber wir lassen uns politisch nicht vereinnahmen. Wir sind absolut unabhängig."
Anmerkung der Redaktion: Der Artikel wurde am 26.04. (8.41 Uhr) aktualisiert. In einer früheren Version des Artikels hatten wir berichtet, dass die Rosenmühle nach Information Josef Taschners in der Vergangenheit zwischen 15.000 und 20.000 Tonnen ukrainisches Getreide gekauft habe. Nach Angaben des Unternehmens selbst ist diese Aussage falsch: Die Rosenmühle beziehe ihr Getreide regional von langjährigen Partnern in der Landwirtschaft und im Erfassungshandel. Die Rosenmühle habe weder in der Vergangenheit Getreide aus der Ukraine bezogen, noch tue sie dies aktuell.
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