Razzia gegen Rechtsextreme: Gruppe plante zeitnah Anschläge
7.5.2015, 19:54 UhrEine in Bayern und anderen Bundesländern zerschlagene mutmaßlich rechtsterroristische Vereinigung "Oldschool Society" plante offenbar zeitnah einen ausländerfeindlichen Anschlag. Nach Erkenntnissen von Ermittlern wollten die OSS-Mitglieder möglicherweise bereits am kommenden Wochenende ein Attentat verüben, wie die Deutsche Presse-Agentur am Mittwoch aus Sicherheitskreisen erfuhr. Entsprechende Hinweise gebe es aus der internen Kommunikation von Mitgliedern, die abgehört worden sei. Mit den von der OSS geplanten Bomben hätten demnach Menschen verletzt oder getötet sowie Gebäude stark beschädigt werden können.
Bei einer Razzia am Mittwoch wurde in Augsburg der selbst ernannte Anführer der Organisation, Andreas H., festgenommen. Der 56-Jährige wurde von den Ermittlern als einer von zwei "Rädelsführern" der Terrorgruppe bezeichnet. Die Gruppe soll sich Sprengstoff verschafft sowie Anschläge auf Islamisten, Moscheen und Asylbewerberheime geplant haben.
Der "Rädelsführer" stammte aus Augsburg
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sagte, möglicherweise sei die Bildung einer Organisation nach dem Vorbild des NSU verhindert worden. Der rechtsextreme "Nationalsozialistische Untergrund" hatte mit einer jahrelang unentdeckten Mordserie Deutschland erschüttert. Der Minister sprach von einer besorgniserregenden Entwicklung, lobte aber zugleich den "bedeutenden Ermittlungserfolg".
Einen Tag nach dem Auffliegen der rechten Terrorgruppe sitzen nun vier mutmaßliche Mitglieder in Untersuchungshaft. Bereits am Mittwoch war der in Augsburg festgenommene angebliche Rädelsführer der Gruppe sowie ein zweiter Mann dem Ermittlungsrichter in Karlsruhe vorgeführt worden. Dieser habe dann die Untersuchungshaft angeordnet, teilte die Bundesanwaltschaft am Donnerstag mit. Am Donnerstag wanderte auch der angebliche Vizechef der Organisation in Untersuchungshaft. Er war am Mittwoch in Sachsen festgenommen worden, wie auch eine 22 Jahre alte Frau. Auch sie sitzt nun in Untersuchungshaft.
Pyrotechnik "mit großer Sprengkraft" sichergestellt
Bei den verhafteten führenden Köpfen, dem Rädelsführer und dessen Stellvertreter, gibt es nach Angaben aus Sicherheitskreisen Hinweise darauf, dass sie in rechtsextremistischen Vereinigungen aktiv waren. Bei den Durchsuchungen seien zwar keine Schusswaffen gefunden worden. Es seien aber neben erlaubnispflichtiger Pyrotechnik "mit großer Sprengkraft" auch Gaspistolen und Stichwaffen sichergestellt worden.
Die "Oldschool Society" ist nach Einschätzung von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) eine neue Gruppe. Der Bayerische Rundfunk berichtete, dass es Razzien und weitere Festnahmen im Landkreis Deggendorf und im Raum Mühldorf gegeben habe.
Die Razzia fand mit 250 Beamten außer in Bayern auch in Sachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Mecklenburg-Vorpommern statt. Im dem dörflichen Augsburger Stadtteil Bergheim durchsuchten die Ermittler die Wohnung des 56-Jährigen in einem Wohn- und Geschäftshaus und sicherten umfangreiches Beweismaterial.
Der 56-Jährige wurde auf der Facebook-Seite der "Oldschool Society" als einer der Verantwortlichen genannt und zeigt sich auch auf seiner persönlichen Seite mit dem Logo der rechten Organisation. Auf der Facebook-Seite des Augsburgers, der nach den dortigen Angaben aus Mülheim im Ruhrgebiet stammt und sich als "Presi der Gruppe" bezeichnete, fanden sich zahlreiche rassistische und waffenverherrlichende Einträge. Wenige Stunden nach der Polizeiaktion waren die Internetseiten nicht mehr erreichbar.
"Du bist ein Verräter, an Volk und Vaterland"
Gegründet wurde die Gruppe offensichtlich im vergangenen Sommer. Der Augsburger wollte über das soziale Netzwerk Mitglieder gewinnen. "Liebe Kameradinnen und Kameraden", schrieb er am 26. August 2014: "Wenn Du auch bereit bist, mit uns Seite an Seite, für unser Vaterland zu stehen und Kameradschaft für Dich mehr ist als nur ein Wort, dann schließe Dich uns an!!!" Auf seiner Facebook-Seite drohte H. auch dem bekannten Salafistenprediger Pierre Vogel: "Du bist ein Verräter, an Volk und Vaterland. Geh doch zu Deinen Musels, in Ihr Land, lebe und predige dort was Du willst, doch gehe, bevor Du geholt wirst."
Ende 2014 sollen sich neun Rechtsextremisten im sächsischen Frohburg südlich von Leipzig zu einer Gründungsveranstaltung der "Oldschool Society" getroffen haben. Im Laufe der Überwachung haben sich nach Angaben aus Sicherheitskreisen Erkenntnisse verdichtet, dass die Rechtsextremisten durchaus in der Lage gewesen seien, ihre Ziele umzusetzen.
Ausgangspunkt für die Ermittlungen waren Erkenntnisse des Verfassungsschutzes. Es habe die große Gefahr bestanden, dass die Mitglieder der Gruppe ihre Ziele umsetzen würden, sagte der Chef des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes, Burkhard Freier, der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" (Donnerstag). "Wir hatten wegen ihrer Gewaltfantasien Sorge, dass sie völlig durchdrehen." Nach Einschätzung des Vorsitzenden der Innenministerkonferenz, Roger Lewentz (SPD), ging von der rechtsextremistischen Gruppe eine große Bedrohung für die innere Sicherheit aus.
Sicherheitsbehörden zufolge waren die Anschlagspläne der Gruppe weit fortgeschritten. Sachsens Verfassungsschutzchef Gordian Meyer-Plath wies den Vorwurf einer "Sehschwäche" seines Landesamtes im Zusammenhang mit der Zerschlagung der OSS zurück. Dass die Gruppierung nicht im aktuellen Verfassungsschutzbericht erwähnt wurde, sei aufgrund der laufenden Ermittlungen und bevorstehender exekutiver Maßnahmen gegen OSS-Mitglieder nicht verwunderlich, sagte er der Deutschen Presse-Agentur.
Dieser Artikel wurde am 7. Mai um 19.51 Uhr aktualisiert.