Real oder digital - wie wird das Sommersemester ablaufen?

Christina Merkel

Hochschule & Wissenschaft

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29.3.2020, 09:36 Uhr
Professoren unterrichten vor leeren Hörsälen und stellen die Vorlesung dann online.

© Jean-Christophe Bott Professoren unterrichten vor leeren Hörsälen und stellen die Vorlesung dann online.

Das Sommersemester soll am 20. April beginnen. Bayerns Hochschulen und Universitäten wollen an diesem Datum festhalten. "Ein Ausfall des gesamten Semesters ist für uns keine Option", sagt Wissenschaftsminister Bernd Sibler (CSU). Das Coronavirus stelle jeden vor bislang unbekannte, große Herausforderungen. "Dennoch müssen wir in dieser Extremsituation einen möglichst kühlen Kopf bewahren und klug und verantwortungsvoll handeln – unter den Hochschulen herrscht Konsens, dass das Sommersemester 2020 stattfinden soll."

Bleibt nur die Frage, wie. Real oder digital? Studenten, Professoren und Mitarbeiter versuchen, mit der neuen Situation umzugehen. An manchen Hochschulen gelingt das besser, an anderen schlechter. "Ob die Präsenzlehre zum 20. April wieder aufgenommen werden kann, ist unklar – Alternativen müssen vorbereitet werden", heißt es an der Uni Erlangen-Nürnberg. Die FAU hat alle Maßnahmen dafür zu einem Programm gebündelt, das Lehrende dabei unterstützen soll, ihre Inhalte zu digitalisieren. Auf der Internetseite schnell-digital.fau.de gibt es Anleitungen zu Videokursen und Online-Vorlesungen. "Das Programm wird gut angenommen, in der ersten Woche haben uns mehr als 150 Anträge erreicht", erzählt Sónia Hetzner vom Institut für Lern-Innovation an der FAU. "Wir planen außerdem eine deutschland- und europaweite Zusammenarbeit mit anderen Hochschulen, um vorhandene Angebote und Konzepte auszutauschen."

Medizinstudenten helfen im Klinikum

So kann die Krise auch eine Chance sein, das Thema voranzutreiben. "Wir haben die Hoffnung, dass die eine oder andere positive Neuentwicklung in Sachen digitaler Lehre die FAU künftig bereichern wird", sagt die Vizepräsidentin für Lehre Bärbel Kopp.

Derweil helfen 200 Studenten der Humanmedizin an der FAU und mehr als 400 Wissenschaftler aus der Medizinischen Fakultät aktuell im Universitätsklinikum in Erlangen mit. Das Klinikum ist gerade dabei seine Anzahl an Intensivbetten von 100 auf 200 zu verdoppelt. Noch werden sie nicht gebraucht, aber man wolle vorbereitet sein.

Die Hochschule Ansbach baut ebenfalls ihr Online-Angebot aus. "Wir sind uns im Klaren, dass die derzeitige Situation für alle Beteiligten sehr schwierig ist", sagt Präsidentin Ute Ambrosius. "Wir versuchen, den Studierenden in dieser komplizierten Ausgangslage so gut wie möglich zu helfen." Die Hochschule arbeite mit Hochdruck daran, sich auf die veränderten Rahmenbedingungen einzustellen, unter denen der Lehrbetrieb weiterlaufen kann. Torsten Eymann, Vizepräsident für Digitalisierung und Innovation an der Universität Bayreuth, gibt zu bedenken, dass nicht jeder Student technisch gleich ausgestattet sei. "Daher werden die Lehrenden effiziente Lehrformen schaffen, die kurze Videos, Arbeitsblätter, betreute Foren oder Chats zu einer Veranstaltung integrieren." So soll auch der Zugriff über ein Smartphone möglich sein, ohne das Datenvolumen zu sehr zu belasten. Wann die Vorlesungszeit in Präsenzform starten könne, sei im Moment nicht abzusehen, sagt Stefan Leible, Präsident der Uni Bayreuth. "Wir stellen uns vorsorglich auf eine Überbrückungsphase unbekannter Dauer ein, in der wir die Lehre durch digitale Angebote ersetzen müssen."

Die Gewerkschaft fordert, dass das Semester nicht zählt

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) fordert hingegen, dass Sommersemester nicht zu werten. "Weder bei der Ausbildungsförderung noch bei befristeten Arbeitsverträgen, Studien- und Promotionsförderungen", sagt Andreas Keller, stellvertretender GEW-Vorsitzender und Vorstandsmitglied für Hochschule und Forschung. "Lehrveranstaltungen, Forschungsreisen und Fachtagungen fallen aus, Bibliotheken, Archive und Labore schließen, Praktika, Jobs und Kinderbetreuungsangebote fallen weg." Die Hochschulen seien nicht auf eine flächendeckende Umstellung ihrer Lehre auf ein Fernstudium eingestellt. "Dafür sind weder die Lehrenden ausreichend qualifiziert noch gibt es eine dafür geeignete digitale Infrastruktur", sagt Keller. "Diese Beeinträchtigungen dürfen nicht zu Nachteilen führen – weder für Studierende noch für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler."

Im bayerischen Wissenschaftsministerium gibt es erste Pläne zu den anstehenden Prüfungen im Sommer: "Bei der Festsetzung der Termine wird der derzeit geplante Beginn der Vorlesungszeit zugrunde gelegt", sagt Sibler. "So wird gewährleistet, dass alle Studentinnen und Studenten ausreichend Vorbereitungszeit haben." Das heißt, die Prüfungszeit beginnt voraussichtlich im August und dauert bis Anfang September statt wie sonst an den Hochschulen üblich Mitte Juli zu enden.

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