Ritual seit 20 Jahren: Vier Freunde infizieren sich beim Kartenspiel mit Corona, nur einer überlebt
11.12.2020, 12:11 UhrDas Schicksal kann manchmal erbarmungslos sein. So wie im Fall der vier Freunde - alle zwischen 66 und 83 Jahre alt - , die sich trotz der immer schneller grassierenden Corona-Pandemie Mitte März noch einmal sonntags zum Kartenspielen trafen, wie sie es seit 20 Jahren jede Woche tun. Es sollte ihr letzter gemeinsamer Tag gewesen sein.
Vier Freunde mit Corona infiziert: Man wusste da kaum was"
Wenige Wochen später sind drei der vier Männer tot. Der 66-jährige Michael (alle Namen geändert) hat seine Geschichte nun zeit.de erzählt. Lange habe er gezögert, die Ereignisse in die Öffentlichkeit zu tragen, sagt er gegenüber zeit.de. Zu groß war der Respekt vor der Trauer der Angehörigen seiner toten Freunde. Doch nun, da das Virus mit aller Macht zurückkommt, hat er seine Meinung geändert.
Es ist der 15. März, als sie sich mit dem Virus infizieren. "Man wusste da kaum was. Man hat ja noch überlegt, wer es überhaupt kriegen kann", erinnert sich Michael. Wenig später spüren alle vier Männer ein Kratzen im Hals. Kurz darauf die schockierende Nachricht: Franz und seine Frau liegen im Koma auf der Intensivstation und müssen beatmet werden.
Drei von vier Männern sterben an den Folgen ihrer Corona-Infektion
Auch die anderen drei Männer fühlen sich nach Wochen nicht gesund, klagen teils über hohes Fieber, schlafen viel. Dann stirbt Thomas, wenig später Franz im Krankenhaus. Zwei Monate nach dem schicksalhaften Sonntag leidet Emil an Atemnot, der Rettungswagen muss kommen. Auch er überlebt die Infektion und ihre Folgen nicht. Wer das Virus in die Runde gebracht hat, ist bis heute nicht klar.
"Prinzip feuchte Kammer": Masken sind kein Gesundheitsrisiko
"Das Schreckliche am Virus ist die Diskrepanz der Symptome", sagt Michael im Gespräch mit zeit.de. "Meine Frau hatte nichts. Die vom Emil und vom Thomas hatten auch null Symptome. Ich war krank, aber nicht schwer. Thomas starb ganz plötzlich und beim Emil dachten alle, es geht schon wieder besser. Und dann sind da Franz und seine Frau, die gemeinschaftlich ins Krankenhaus gehen, und als sie aus dem Koma erwacht, ist ihr Mann tot."
Überlebender appelliert: "Einige scheinen ja ungläubig zu sein"
Dass es immer noch Menschen gibt, die das Virus nicht Ernst nehmen, sich nicht an die Auflagen halten, kann er nicht verstehen. "Einige scheinen ja ungläubig zu sein", sagt Michael. Mit der Geschichte der vier Kartenspieler - und indem er an einer Studie mit Genesenen teilnimmt - möchte er mithelfen, das Virus zu besiegen - und andere wachzurütteln. Denn sie können irgendwann wieder beruhigt mit ihren Freunden zusammensitzen, Karten spielen und ein Bier trinken. Er kann es nicht mehr.
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