Als eine Scheidung noch ein Skandal war: Das Leben der Ottilie von Faber-Castell
10.8.2015, 16:45 UhrWeshalb aber findet die Veranstaltung ausgerechnet hier im kürzlich aus seinem Dornröschenschlaf gerissenen Schlösschen statt? Das hätte einer genaueren Erläuterung bedurft, denn die im Jahre 1877 in Stein geborene Gräfin verbrachte nämlich des Öfteren im Appelhof ihre Urlaubstage. Ihre Tochter Mariella hatte bis zu ihrem Ableben 1985 im Appelhof gewohnt. Im Faberschloss Stein ist ein überlebensgroßes Portrait von Ottilie zu sehen, vielleicht als eine Art der Wiedergutmachung.
Bei ihrer Lesung charakterisiert Asta Scheib zunächst am Beispiel von Anna Vasbender das Leben der armen Menschen jener Zeit. Für sie beginnt ein neues Leben, als sie die Stelle eines Küchenmädchens im Faberschloss erhält.
Ein völlig anderes Leben hat Ottilie Freiin von Faber, die Enkeltochter von Wilhelm von Faber, dem reichen Inhaber des Bleistift-Imperiums. Als Haupterbin des Unternehmens heiratet sie 1898 Alexander Friedrich Lothar, Graf zu Castell-Rüdenhausen. Fortan nennt sie sich Ottilie, Gräfin von Faber-Castell. Sie füllt ihre Rolle als gute Mutter voll aus, verliebt sich aber in Philipp Paul, Freiherr von Brand zu Neidstein, den sie nach ihrer Scheidung heiratet, damals ein unerhörter Skandal. Ein Jahr lang müssen ihre Kinder, die sie lange nicht mehr sehen darf, schwarze Kleider tragen.
Alexander macht ihr bittere Vorwürfe und zitiert die Bibel: „Wie die Sonne, wenn sie aufgeht, an dem hohen Himmel des Herrn eine Zierde ist, so ist die Schönheit einer guten Frau eine Zierde in ihrem Hause.“ Unter Schimpf und Schande muss sie das Faberschloss verlassen. Nur das Kindermädchen Anna hält den Kontakt zu ihr und den Kindern aufrecht. Erst nach dem Tod von Alexander darf Ottilie das Faberschloss wieder betreten.
Bis Sonntag, 13. September, warten noch etliche weitere Veranstaltungen auf die Besucher von Schloss Appelhof. Unter www.schloss-appelhof.de gibt es ausführliche Informationen.
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