Aufschrei in der Szene: Dürfen Mountainbiker bald nicht mehr in der Natur fahren?
27.12.2020, 19:00 UhrVon einer staaden, besinnlichen Weihnachtszeit kann bei vielen bayerischen Mountainbikern momentan keine Rede sein. Denn die bayerische Staatsregierung sorgte mit einer neuen Verlautbarung für einen Aufschrei in der Szene. So fand zum Beispiel eine Internet-Petition, die die Zurücknahme der Bekanntmachung fordert, innerhalb weniger Tage über 18.000 Unterzeichner.
Was war passiert? Vor Kurzem hatte das zuständige Ministerium in München eine neue Verwaltungsvorschrift zum Bayerischen Naturschutzgesetz erlassen und damit die Vorgängerbekanntmachung aus dem Jahr 1976 aufgehoben. Auch die im Vorfeld eingereichten Einwände verschiedener Verbände, wie des DAV, der Deutschen Initiative Mountain-bike, von ADFC und BDR, konnten die rechtlichen Verschärfungen nicht verhindern.
Das von Thorsten Glauber (FW) geleitete Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz konkretisiert in seiner Bekanntmachung den Teil des Gesetzes, der sich mit der "Erholung in der freien Natur" befasst. Für die Mountainbiker zentral sind die Ausführungen zur Einordnung von Wegen.
Neue Heimat für Mountainbiker in der Region
Ob sich ein Weg zum Befahren mit dem Rad eignet, sei prinzipiell immer eine Einzelfallentscheidung, heißt es im Schreiben der Verwaltung. Eine pauschale Mindestbreite, wie sie mit der Zwei-Meter-Regel in Baden-Württemberg gilt, lehnt das Ministerium ausdrücklich ab. Entscheidend sei vielmehr zum einen "die objektive Eignung, nicht hingegen das subjektive Können des Erholungssuchenden".
Geeignet oder nicht
Zum anderen seien für die Geeignetheit verschiedene Kriterien, etwa die "Beschaffenheit des Untergrunds sowie der bauliche Zustand des Weges", aber auch Faktoren wie Gefälle, Frequentierung und Übersichtlichkeit heranzuziehen. Der Naturschutz spielte dabei offensichtlich eine wichtige Rolle für die Entscheidungsträger. Es wird nämlich klargestellt, dass zum Beispiel "eine nachhaltige Beeinträchtigung der Wege oder des Naturraums (insbesondere Erosionsgefährdung)" ein Grund sein kann, um einem Trail die Eignung abzusprechen.
Gleiches gilt, wenn "eine sichere Nutzung ohne Gefährdung oder unzumutbare Behinderung von Fußgängern" oder "ein gefahrloses Überholen" nicht möglich sind. Auch dann wäre der Weg als ungeeignet einzustufen. Definitiv "nicht vom Betretungsrecht erfasst" ist das Querfeldeinfahren.
Ob ein Weg nun zum Befahren mit Fahrrädern geeignet ist, müssen in letzter Konsequenz die Naturschutzbehörden, etwa das Landratsamt Roth, beurteilen. Die Behörden und Grundbesitzer können Wege in letzter Konsequenz sogar sperren. Letztere müssen dabei jedoch etliche Vorgaben (z.B. Meldung ans Landratsamt, Kennzeichnung, Begründung) einhalten. Halten sich Radler nicht an die rechtlichen Vorgaben, drohen ihnen Bußgelder und im Extremfall sogar die Einziehung des Mountainbikes.
Aus Sicherheitsgründen: Mountainbike-Schanzen im Reichswald vor dem Abriss
Gleichzeitig macht die Verwaltungsvorschrift aber auch deutlich, dass dem Mountainbiken nicht generell der Kampf angesagt wird. So weist das Ministerium in seinem Schreiben etwa explizit darauf hin, dass "vom Freistaat Bayern insbesondere Konzeption und Realisierung naturverträglicher Naturerlebnisrouten und -wege (unter anderem Routen und Trails für Mountainbikes) im Rahmen eines naturtouristischen Gesamtkonzepts gefördert werden" können, wobei die "Zuwendungsempfänger" die Kommunen sind.
Darüber hinaus wird mehrmals darauf hingewiesen, dass Trails im Flachland nicht mit solchen in Gebirgslandschaften verglichen werden können, sodass für erstere auch durchaus andere Maßstäbe gelten können – Stichwort: Einzelfallprüfung.
Wie sich die neuen Vorgaben in der Realität auswirken, bleibt abzuwarten. Letztlich wird es auch weiterhin vor allem vom Verhalten und der Kompromissbereitschaft sämtlicher Beteiligten abhängen, ob es zu Sperrungen kommt oder nicht.
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