Bär und Affen: Demo gegen Zirkus Alberti in Hilpoltstein
15.10.2015, 20:30 Uhr„Tierquäler“ steht in roten Lettern auf weißen Papierstreifen. Unbekannte haben sie an die Plakate des in Hilpoltstein gastierenden Zirkus „Alberti“ geheftet und damit eine Botschaft postuliert: (Wild-)Tiere gehören nicht in den Zirkus! Schon gar kein Kamtschatka-Bär, kein Rotgesichtmakake und auch kein Berberäffchen – wie bei Alberti.
Dabei ist die Forderung alles andere als neu. Bereits 2003 und 2010 hatte der Bundesrat dem Verbraucherschutzministerium nahegelegt, ein Wildtierverbot für Zirkusse zu formulieren. Die Bundestierärztekammer machte zusätzlich Dampf. Doch obschon sich laut ZDF-Umfrage auch zwei Drittel aller Bundesbürger für ein solches Verbot aussprächen — passiert ist bislang nichts.
Darüber kann Peter Höffken, Wildtierexperte der Tierrechtsorganisation „Peta Deutschland e.V.“, nur den Kopf schütteln. Gerade das Zirkusunternehmen Alberti gebe allen Anlass dazu, wie eine Chronik dokumentiere.
Negativ-Liste von Peta
Darin habe Peta so einiges aufgelistet, womit Alberti in der Öffentlichkeit für Negativschlagzeilen gesorgt hätte: Das „Vorenthalten geeigneter Bewegungs- und Bademöglichkeiten“ für Ben, den Bären, zählt ebenso dazu wie ein „mangelndes Sicherheitskonzept“ bei dessen Haltung. Außerdem wird von ausgebüxten Kamelen berichtet oder zwei tierischen Bissattacken, die sich auf Alberti-Areal ereignet haben sollen. Und weil dieser Zirkus, so Höffken, vorgeschriebene Mindestanforderungen für die Haltung seiner Affen nach wie vor nicht zu erfüllen scheine, hat der Peta-Mann jetzt Anzeige beim Rother Veterinäramt erstattet.
Dort arbeitet Dr. Ulrike Pawlik. Sie war am Donnerstag mit Kollegen auf dem Hilpoltsteiner Gastspiel-Gelände, um nach dem Rechten zu sehen. Ihr wurde ein Bewilligungsbescheid vom Land Rheinland-Pfalz aus dem Jahre 2013 vorgelegt, der so auch heute noch Gültigkeit hat, ließ Umweltamtsleiter Jörg Pfaffenritter wissen. Allerdings sei die Haltung der Affen aus der Sicht der Rother Veterinäre nicht standardgerecht. Soll heißen: Ihr Käfig ist zu klein. Jetzt soll ein Fachgutachter vom Landesamt für Gesundheit prüfen, ob der Bescheid nach dem verschärften Säugetiergutachten von 2014 abgeändert werden muss. Selbiges gelte laut Pfaffenritter für die wohl zu gering dimensionierte Überdachung für den Bären Ben. „Wir kontrollieren nicht, was die Leute sich wünschen, sondern ob die rechtlichen Vorgaben eingehalten werden“, erläutert die Amtstierärztin dazu.
Stereotypes Verhalten der Affen: Merkmal für Leid?
Doch genau vor diesem Hintergrund findet Tierrechtler Höffken: Im Hinblick auf gesetzliche Richtlinien zum Verzicht von Exoten in Zirkussen „sind wir eines der rückständigsten Länder Europas“. Selbiges mag Simon Fischer sofort unterschreiben. Und nicht bloß das. Am Sonntag wird der Jungfilmer, der neulich erst den Jugendkulturpreis des Landkreises Roth für sein Tierschutzengagement erhalten hat, in der Hofstettener Hauptstraße stehen, um demonstrierend zu verdeutlichen: „Ein Leben im Zirkus kann für Tiere nie artgerecht sein.“
Viele von ihnen würden stereotypes Verhalten aufweisen – rastlos am Gitter auf- und abstreifen oder beständig den Kopf hin- und herschwenken. „Solche Ticks sind Ausdruck von Leid“, will der 18-jährige Gymnasiast wissen. Denn: „Es gibt genügend Aufnahmen davon, wie die Tiere dressiert werden: indem man ihnen Futter und Wasser entzieht, sie züchtigt.“ Auch LBV-Artenschützer Dr. Andreas von Lindeiner ist kein ausgemachter Zirkusfan. Artgerechte Haltung? „Kann in einem Zirkus so gut wie nie erfüllt werden“, glaubt er. Das sei „eine Frage des Geldes und der Platzoptionen“.
Tierschutz emotionales Thema
Gleichwohl weist von Lindeiner auf den Umstand hin: „Tierschutz ist ein sehr emotional geführtes Thema“. Wenn also Parolen wie „Tierquäler“ die Runde machten, dann habe man die Sachebene, auf der die Angelegenheit eigentlich verhandelt werden sollte, bereits verlassen. „Wer wirklich etwas erreichen will“, ist von Lindeiner überzeugt, „der muss anders vorgehen“ und den Diskurs in den Vordergrund rücken. Doch das, meint Alberti-Pressesprecher Wolfgang Frank, habe man bereits mehrfach versucht. Vergeblich. An die Stelle des Dialogs sei die Provokation gerückt. „Man kann die Ansichten von denen nicht ändern.“
In der Vergangenheit wäre es mitunter gar zu Handgreiflichkeiten gekommen. So dokumentiert das auch die Peta-Chronik. Und Peter Höffken fragt sich: „Wie gehen Menschen mit ihren Tieren um, wenn sie eine derart niedrige Reizschwelle haben?“
„Jeder darf seine Meinung frei äußern“, sagt Wolfgang Frank und nimmt den Gegenwind mit einiger Fassung. Sie seien ja inzwischen „Routine“: all die Anfeindungen, Proteste, Demonstranten.
Doch Wolfgang Frank sieht sich und seine Zirkusfamilie im Recht: Dass es den Tieren gut gehe, das würden regelmäßige Veterinärkontrollen garantieren. “ Und Quälende? Nein, das seien sie gewiss nicht. „Wir leben in Harmonie mit den Tieren“. Bär Ben zum Beispiel, weile bereits seit 20 Jahren im Alberti-Kreis. „Wertvolle Lebewesen sind das für uns, Freunde“, meint Frank. Deshalb agiere man auch als „überzeugte Botschafter“ dieser Kreaturen. Denn Menschen würden sich nur dann fürs Überleben der Arten einsetzen, „wenn sie sie auch hautnah erleben können“. Im Zirkus - wo die Vorstellungen übrigens wie geplant stattfinden werden.
Proteste wurden angekündigt für Samstag, 14 und 17 Uhr sowie Sonntag, 14 Uhr.
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