Biologische Rasenmäher und Gaumenfreude zugleich
9.9.2015, 16:42 UhrDie Zahlen sprechen für sich: 1980 gab es im Landkreis noch ein Dutzend hauptberuflicher Schäfer, die im Landkreis von Weide zu Weide zogen. Derzeit zählt dieser Berufsstand mit Robert Eberler aus Holzi (Hilpoltstein) und Hermann Brickel aus Stetten (Thalmässing) gerade noch zwei, dafür aber sehr passionierte Vertreter. Davon zeugt auch die bemerkenswerte Tatsache, dass Letzterer sein Dasein als Bankangestellter beendete, um sich ganz den vierbeinigen Wolle- und Fleischlieferanten widmen zu können. Sohn Martin Brickel hat kaum weniger Passion für sie – er ist sogar Schäfermeister.
Vater Hermann trifft sich mit weiteren Kollegen sowie Vertretern von Landratsamt und der Marktgemeinde Thalmässing zum Pressegespräch am Weg zwischen Weide und Alfershausen. „Die Hüteschäfer sollen leben können“, zeigt sich dort Landrat Herbert Eckstein besorgt über die Zukunft des Berufsstandes und denkt dabei auch an die Flächen im Landkreis: „Wir brauchen vernünftige Rasenmäher, sonst verwaldet vieles!“ Doch damit die „Mähwerke“ der Schafe nicht für immer aufhören zu arbeiten, braucht es Ideen, die das Überleben der Hüteschäferei sichern. Das geht nur wenn sich Gastronomie und letztlich die Verbraucher für Lamm und Ziege so begeistern lassen, wie sie es schon etwa beim Karpfen getan haben.
Ansätze hierzu gibt es verschiedene. Einen naheliegenden bringt Thalmässings 2. Bürgermeisterin Ursula Klobe ins Spiel. Auf Festen müsse ja „nicht immer eine Sau am Spieß gegrillt werden. Außerdem solle man ins Bewusstsein rücken, dass mit jedem verzehrten Lamm etwas für die hiesigen Streuobstwiesen getan werde, die die vierbeinigen Landschaftspfleger fleißig entgrasen.
Gute Ideen haben die Schäfer selbst natürlich auch. In manchem Hofladen locken Lammbratwürste und Ziegenkäse, Knacker und Salami vom Schaf und weitere Produkte beider Tierarten: vom Eis bis zum Fell. Doch hinter alldem steckt „enorme Arbeit“, wie Schäfer Heinz Gerstner aus Eysölden einräumt.
Mit jedem Arbeitsschritt, den man weiterverarbeitende Betriebe machen lässt, gibt man Geld aus der Hand, mit dem die Hüter der Herden ohnehin nicht so sehr gesegnet sind – ohne Förderung ginge nichts mehr. Sie macht die Hälfte der Einnahmen aus, der Verkauf der Lämmer die andere Hälfte.
Am besten wäre es, wenn „die Wertschöpfungskette in der eigenen Hand bliebe“, erklärt Hans-Peter Auernhammer aus Alfershausen. Wenn es etwa einen dezidierten Schafsmetzger gäbe, über den die Vermarktung laufen könnte. Bisher sucht jeder Hüteschäfer seine eigene Lösung. So kann etwa Gerstner auf Märkten mit der Wolle seiner alten Rassen bei Kunden punkten, die dann auch gleich Fleisch einkaufen.
Auernhammer setzt auf die Kombination von „Fleisch und Saft“: nämlich den von seinen Streuobstwiesen, die seine Tiere wiederum mähen. Der Alfershausener aber träumt von der helfenden Hand von außen. „Wir müssten den Alfons Schuhbeck für uns einspannen können“, sagt er beim Essen nach dem Ortstermin.
Als Gaumengenuss soll Lamm noch viel weitere Kreise ziehen, ob als Mittagstisch oder in Form von diversen Delikatessen. Aber das kann nur „über die Vernunft gelingen, nicht über den Preis“, so Direktvermarkterin Renate Alberter aus Aberzhausen. Und natürlich muss der Verbraucher buchstäblich auf den Geschmack solch regionaler Produkte kommen, die ebensolche Wirtschaftskreisläufe befeuern, von denen der hiesige ländliche Raum profitiert.
Das Schaf kann als Fleischlieferant und Landschaftspfleger immer noch punkten, als Wolllieferant nicht mehr so sehr. Das Scheren „geht null auf null auf“, so Martin Brickel.
Angst vor dem Wolf
Wenn der Wolf sich hierzulande breitmacht, werde dies zu einem großen Problem. Ganze Herden könnten nachts in Panik geraten, auf die Straßen flüchten und auch Menschenleben gefährden, so die einhellige Meinung. Bessere Schutzmaßnahmen wie höhere Zäune würden zwar empfohlen, doch wie diese bei derzeitigen Arbeitszeiten von bis zu 80 Stunden pro Woche umgesetzt werden sollen, weiß keiner.
Noch gibt es 117 Schafhalter im Landkreis, die sich um 5578 Schafe und 237 Ziegen kümmern. Acht Halter verfügen dabei sogar über mehr als 100 Tiere. Der Schwerpunkt liegt eindeutig im Süden, wie auch die Spitzenplätze erweisen. In Greding gibt es mit 22 die meisten Menschen, die Schafe ihr eigen nennen, gefolgt von Thalmässing (18) und Hilpoltstein (12).
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