"Da lacht das Herz des Schriftsetzers"

1.2.2019, 18:30 Uhr

© Archivfoto: Verlag Millizer

© Hans Pühn,Schriftsetzer, Journalist und Buchautor

"Herzlichen Glückwunsch zum gelungenen Werk! Da lacht das alte Setzerherz!" hat Ihnen ein euphorisierter Fan als Reaktion auf Ihr neuestes Machwerk "Das Brot des Schriftsetzers" ins Stammbuch geschrieben. Das lässt vermuten, dass es sich um ein Nischenprodukt für "Eingeweihte" handelt. Ist dem so, Herr Pühn?

Hans Pühn: Ja und nein. Freilich ist die Materie sehr spezifisch. Es geht um den Wechsel vom Blei- zum Lichtsatz in all seinen Facetten, wie ich ihn ja hautnah miterleben durfte beziehungsweise musste. Aber ich habe mich bemüht, das Fachliche mit viel Zeitkolorit zu ergänzen. Denn in den 50er und 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts strapazierten die Ausbildungsbetriebe die Arbeitskraft ihrer "Stift’n" auf vielen Gebieten: Auch ich musste Fenster putzen, Papierrollen abladen oder Vesper holen. Das alles hab’ ich aufnotiert. Ich wollte einfach eine unterhaltsame Lektüre schreiben, die Schlaglichter auf das Leben von damals wirft und dabei Sachwissen transportiert.

 

Scheint gelungen! Zum einen war Ihr Buch sogar der Süddeutschen Zeitung eine ausführliche Rezension wert, zum anderen sind die ersten 600 Exemplare bereits vergriffen, sodass eine zweite Auflage gedruckt werden musste. Ganz ehrlich, haben Sie mit so einem Erfolg gerechnet?

Pühn: Die Resonanz freut mich natürlich! Schon allein deswegen, weil es noch so viele Anhänger des grafischen Gewerbes von damals gibt, die sich aus ganz Deutschland bei mir gemeldet haben. Diese positiven Reaktionen sind für mich die Bestätigung, dass das Konzept, eine alte Handwerkskunst mit eigenem Erleben zu verbinden und das Ganze dann unterhaltsam zu präsentieren, aufgegangen ist.

Erstaunt und sehr erfreut hat mich, wie stolz ehemalige Schriftsetzer immer noch auf die Buchdruckerkunst alter Schule sind und deshalb in dem Buch ein "literarisches Denkmal" eines untergegangenen Berufes sehen, wie die Süddeutsche Zeitung es formulierte. Von all den Reaktionen bin ich wirklich sehr angetan – nicht zuletzt, weil sie suggerieren, dass hier offenbar ein Nerv getroffen wurde . . .

 

Aber eigentlich schreiben Sie ja "nur" über sich, den Lehrlingsbub Hans ...

Pühn: Das stimmt. Aber diesen "Hans" scheint es überall gegeben zu haben. Aus Lonnerstadt bestätigte mir zum Beispiel ein Leser: "So viele Zufälle, ich fasse es nicht. Auch bei uns war die Setzerei so angeordnet, die Mitarbeiter so identisch." Und aus Greding hat mich ein Schreiben erreicht, in dem steht: "So ähnlich haben auch wir die damalige Lehrzeit und die Arbeit mit Buchstaben und Winkelhaken erlebt. Es sind tolle Erinnerungen, die Sie hier versammeln. Für viele junge Kollegen sind das wahrscheinlich ,böhmische Dörfer’...".

 

Empfiehlt sich die Lektüre also erst ab einem gewissen Alter?

Pühn: Nein, ganz im Gegenteil. Alles verändert sich im Moment so rasant schnell, dass man darüber das Alte fast vergisst. Aber gerade die Vergangenheit ist wichtig, um die Zukunft meistern zu können. Klar wären heute viele Dinge arbeitsrechtlich gar nicht mehr zulässig, die man uns damals aufgetragen hatte – ich denke da exemplarisch an die Episode, als ich zum Putzen aufs Glasdach geschickt wurde und eingekracht bin, oder als ich 14-jährig alleine den großen Firmenofen beheizen sollte ... — Andererseits waren uns aber große Solidarität und ein tiefer Gemeinsinn zu eigen. Das aktuell kursierende Ellenbogendenken gab’s nicht, stattdessen half man sich gegenseitig, wo’s ging. Manchmal brauchte man dazu auch eine Portion Schlitzohrigkeit, heute würde man "Flexibiliät" oder "kreatives Problemlöseverhalten" dazu sagen. Das war jedenfalls eine sehr intensive Zeit, die mich maßgeblich prägte!

 

Der Beruf des Schriftsetzers, den Sie erlernt haben, findet sein modernes Pendant in der Profession des Mediengestalters. Das heißt: Man braucht ein ums andere Mal den Blick fürs große Ganze, für eine ansprechende Optik. Man darf also annehmen, Sie haben Ihr Buch auch selbst gelayoutet?

Pühn: Selbstverständlich! Für mich ist gerade diese Verbindung von Alt und Neu sehr reizvoll. Der Rückblick auf Gutenbergs Erfindung, die Bleiletter, die fast 500 Jahre Bestand hatte, wurde digital umbrochen und druckfertig präsentiert.

Die Möglichkeiten, die die neue Technik bietet, sind für mich genauso beeindruckend wie es das althergebrachte Setzen und Gestalten von Drucksachen war. Ich hoffe, das kommt beim Durchblättern rüber ...

Mit Hans Pühn sprach: PETRA BITTNER

 

 

Das Brot des Schriftsetzers. Eigenverlag Landkreis Roth, 132 Seiten, Hardcover; ISBN 978-3-9815571-5-2, 13.80 Euro; erhältlich am Landratsamt Roth, tourismus@landratsamt-roth.de; Telefon (0 91 71) 81-13 29 und bei vielen Buchhandlungen im Landkreis Roth, in den Geschäftsstellen der Roth-Hilpoltsteiner Volkszeitung und Hilpoltsteiner Zeitung. Außerdem im Haus des Gastes in Hilpoltstein sowie im Museum von Schloss Ratibor.

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