Die „wilde Hilde“ groß in Form
20.11.2011, 16:26 UhrZunächst aber erinnert Bürgermeister Manfred Preischl daran, dass die studierte Konzertpianistin schon einmal in Greding bei einer Lesung mit Willi Weglehner aufgetreten ist. Die in Nürnberg lebende Musikerin sei die einzige SwingPianistin in Franken.
Anhaltender Applaus empfängt die Künstlerin. „Das ist ein guter Anfang“, stellt sie fest, streift das lange blonde Haar zurück und greift voll in die Tasten ihres E-Pianos, um Mozarts türkischen Marsch, den Säbeltanz von Khatschaturian und Tschaikowskys Klavierkonzert in b-Moll in freier Improvisation swingend zu interpretieren. „Verstehen mich alle, auch wenn ich nicht Ihren seltsamen Dialekt spreche?“, fragt sie in die Runde, denn sie ist eine gebürtige Stuttgarterin, die es nach Nürnberg verschlagen hat, um dort am Konservatorium klassische Musik zu studieren.
„Ludwig van Beethoven und Franz Liszt hab’ ich in meinen Träumen geküsst!“, gesteht sie. Aber bei der Klassik sei man so notenabhängig. Vielleicht würde Chopin heute in Hollywood spielen, wenn er noch lebte. Dann erklingt Beethovens Revolutionsouvertüre im swingenden Stil à la Hollywood. Sie hat schon berühmte Sängerinnen und Sänger am Piano begleitet und auch bewundert. „Wie gern hätt’ ich ’ne tolle Stimme“, bekennt sie. Das habe allerdings nie so richtig geklappt. Zum Beweis plärrt sie unter Einsatz ihrer kabarettistischen Ader Hildegard Knefs „Für mich soll’s rote Rosen regnen“.
Ihre Karriere schien nicht so rosig begonnen zu haben: „Ich spielte Klavier in Hilpoltstein, da war der Saal mit mir allein. Ich spielte Klavier in Roth, das schweig ich lieber tot. Ich spielte Klavier in München, da wollten sie mich lynchen. In Georgensgmünd hat die Besucherzahl gestimmt, in Erlangen wollten sie alle anlangen. Heute ist sie in Greding und reißt eins ums andere Mal die Zuhörer im vollbesetzten Saal zu begeistertem Applaus hin.
Das Zufallsprinzip trifft, wie sollte es anders sein, ausgerechnet den Bürgermeister, der mit ihr, zusammen auf einem Hocker, Klavier spielen soll — ungeübt, wie Preischl später versichert. Gemeinsam intonieren sie die „Greding Hymn“.
Ganz in Weiß tritt sie nach der Pause auf, wie zuweilen Richard Clayderman, ihr großes Vorbild. Auch Clara Schumann bewundert sie sehr. Sie war eine der wenigen Frauen, die komponiert hat. Klassische Melodien werden oft auf moderne Art gespielt. Zum Beweis interpretiert sie Robert Schumanns „Träumerei“ in mitreißendem Blues-Rhythmus, schwelgt in groovigen Klängen und kehrt zum Original zurück. Und jetzt umgekehrt.
Zettel mit Musikwünschen der Zuhörer waren vorher eingesammelt worden. Acht werden gezogen. Aus dem Stegreif vollbringt Hilde Pohl die nächste Meisterleistung. In einem Potpourri erklingen 99 Luftballons, Der Fluch der Karibik, Bachs Toccata in d-Moll, Schuberts Forelle, The Winner takes it all und das Wolgalied. Tosender Applaus für ihr Können ist ihr sicher.
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