"Nie wieder ist jetzt"
Emotionale Reden, klare Kante: 6000 Menschen bei Demo gegen rechts in Schwabach
27.1.2024, 16:15 UhrAus allen Richtungen strömen am Samstagvormittag Familien mit kleinen Kindern, Jugendliche und Menschen bis ins hohe Alter zum Schwabacher Stadtpark. Überall schrillt und tönt es, "Gegen Hass, für Demokratie" oder "Nie wieder 1933" ist auf großen, buntbemalten Plakaten zu lesen, die zahlreich in die Luft gestreckt werden. Der schier ewige Demo-Zug schlängelt sich vom Stadtpark über die B2, bis sich die Menschentraube schließlich am Martin Luther-Platz versammelt.
In der Spitze treffen sich dort 6000 Protestierende, wie die Veranstalter auf der Bühne bekannt geben, die größte Demo in der fränkischen Stadt seit Jahrzehnten. Auch die Polizei Schwabach teilt diese Einschätzung, angemeldet seien zunächst nur 200 Menschen gewesen. Die Beamten sprechen von einer "friedlichen Demo", besondere Vorkommnisse habe es nicht gegeben.
"Menschen zum Nachdenken bewegen"
Alle Protestierenden sind mit einem gemeinsamen Ziel hergekommen: Gegen Rechtsextremismus und Intoleranz aufzustehen und klare Kante zu zeigen. Für viele ist es das erste mal überhaupt, dass sie an einer Demo teilnehmen - so auch für Birgit Seitz aus Nürnberg, die gemeinsam mit Familie und Freunden hergekommen ist. Sie ist überwältigt und stolz, dass so viele an diesem Tag für Demokratie einstehen. "Ich hoffe sehr, dass wir Menschen, die sich unsicher sind oder sich nicht klar positionieren, zum Nachdenken bewegen können - und dazu, gemeinsam auf die Straße zu gehen", sagt ihr Sohn Max Seitz. Auch in der nächsten Woche will er bei der großem Demo in Nürnberg vor Ort sein.
Die überparteiliche Initiative für Demokratie - gegen Rechtsextremismus hatte die Veranstaltung unter dem Motto "Nie wieder ist jetzt" in Schwabach ins Leben gerufen. Etwa 30 Gruppierungen hatten sich der "Ini" angeschlossen - wie etwa der Verkehrsclub, die Evangelische Jugend, der Stadtjugendring und der CSD. Auslöser für diese Demo, und für die zahllosen anderen Proteste die sich derzeit in ganz Deutschland formieren, sind Enthüllungen des Recherchezentrums Correctiv über ein Treffen radikaler Rechter am 25. November in Potsdam, an dem AfD-Politiker sowie einzelne Mitglieder der CDU und der sehr konservativen Werteunion teilgenommen hatten.
Flammender Apell: "Das geht uns doch alle etwas an"
"Heute ist es extrem wichtig, ein Zeichen zu setzen. Schwabach zeigt klare Kante für unsere bunte, vielfältige Gesellschaft", ruft Mitveranstalter Toni Jahn von der IG Metall ins Mikro. Er spricht von der größten Veranstaltung, welche die "Ini" bisher ins Leben gerufen hat.
Auch Oberbürgermeister Peter Reiß (SPD) meldet sich als einer von vielen Rednerinnen und Rednern zu Wort und merkt anlässlich des Jahrestags des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus an, wie wichtig der Protest an genau diesem Samstag sei. Er betont, dass über 36 Prozent aller Schwabacher - die Stadt zählt 42.000 Einwohnerinnen und Einwohner - Migrationshintergrund habe. "Wer von diesen 42.000 über 15.000 Menschen ausweisen will, der hat Zusammenhalt in einer Stadt sicher nicht verstanden". Er zeigt sich "tiefbewegt von diesem Zusammenhalt heute", und betont, dass es höchste Zeit sei, sich für Demokratie einzusetzen. "Das geht uns doch alle etwas an", hallen seine Worte über die Menge, was folgt ist viel Zustimmung und Applaus.
Die wohl flammendste Rede an diesem Tag aber hält wohl Sabine Weigand, Mitglied im Schwabacher Stadtrat (Die Grünen): "Wir müssen uns jetzt wehren gegen das rechte Gift. Viel zu lange haben wir geschwiegen. Jetzt diskutiert, werdet laut, haltet dagegen", mahnt Weigand. "Es gilt jetzt Mut zu haben und Courage. Lasst uns stehen, damit wir alle weiter in Freiheit leben können".
Bei der Demo am Samstag soll es aber nicht bleiben: "Wir sehen uns am 17. Februar in Roth", gibt Toni Jahn von der IG Metall den Teilnehmerinnen und Teilnehmern am Ende mit.