Erleichterung in Roth: Kaserne bleibt bestehen

26.10.2011, 22:15 Uhr
Die Bundeswehrreform bedeutet das Aus für das Hubschrauberregiment in Roth. Die Kaserne bleibt aber bestehen.

© Stefan Hippel Die Bundeswehrreform bedeutet das Aus für das Hubschrauberregiment in Roth. Die Kaserne bleibt aber bestehen.

Das geht aus dem neuen Standortkonzept hervor, das Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) am Mittwoch in Berlin vorlegte.

Trotz der geplanten Reduzierung des Bundeswehrstandorts Roth auf knapp ein Fünftel der bisherigen Stellen zeigte sich Oberstleutnant Christian Prestele zufrieden. „Das ist allenfalls ein Kratzer an der Wange“, sagte er der Nachrichtenagentur dpa. Der Grund: Zwar werden die 2820 bestehenden Stellen nach den Plänen des Verteidigungsministeriums auf 540 zusammengestrichen. Doch zugleich wird die Offiziersschule der Luftwaffe von Fürstenfeldbruck nach Roth verlegt. Die Offiziersschüler jedoch tauchen laut Prestele in den offiziellen Statistiken nicht auf, weil sie nicht als „Dienstposten“ gelten.

400 bis 500 Offiziersanwärter besuchen jährlich den elf Monate dauernden Hauptlehrgang, hinzu kommen weitere Teilnehmer etwa von Kommandeurs- und Weiterbildungskursen. Nach Schätzungen Presteles werden sich dadurch ständig rund 700 zusätzliche Soldaten in der Otto-Lilienthal-Kaserne aufhalten. Das sind zwar unterm Strich noch immer gut 1500 weniger als bislang. Doch Kommandant Prestele verspricht sich durch die Offiziersschule eine kräftige Qualitätssteigerung und Aufwertung seines Standorts. "Die Kaserne bleibt erhalten, aber die Verbände und die Dienststellen ändern sich“, erläuterte der Oberstleutnant. Er verglich den Vorgang mit einem Shoppingcenter, in das neue Boutiquen einzögen.

Zugleich wies Prestele darauf hin, dass es besonders beim Kampfhubschrauberregiment, das aufgelöst werden soll, Verwerfungen geben werde und viele Soldaten dort direkt betroffen seien. Das Regiment wird im hessischen Fritzlar stationiert.

Bürgermeister ist "heilfroh"

Auch Roths Bürgermeister Ralph Edelhäußer (CSU) ist erleichtert. „Ich bin heilfroh, dass der Bundeswehrstandort erhalten werden konnte in einer gemeinsamen Aktion des Militärs, der politischen Führung und der Bevölkerung“, kommentierte Edelhäußer am Mittwoch die Pläne des Verteidigungsministeriums. Dass das mittelfränkische Roth mit seinen knapp 25 000 Einwohnern trotz der Reform als Garnisonsstadt bestehen bleibe, lasse ihm einen Stein vom Herzen fallen. „Das andere wäre der Super-GAU gewesen.“ Nun müssten alle Beteiligten erstmal „durchschnaufen und froh sein“, sagte das erst seit März regierende Stadtoberhaupt.

Die wirtschaftlichen Folgen durch die geplante Reduzierung von über 2000 auf 540 Dienstposten seien derzeit noch nicht abzuschätzen. Edelhäußer kann sich aber vorstellen, dass einige große Unternehmen Interesse an den Hallen des nun wegfallenden Kampfhubschrauberregiments haben könnten. Die Ansiedelung neuer Betriebe könne auch in Zusammenarbeit mit dem Landkreis und der Landesregierung geschehen, sagte Edelhäußer. Große Forderungen möchte er derzeit aber nicht stellen – es überwiege die Dankbarkeit. „Dann schaut man halt, was noch geht, ob vielleicht noch ein Zuckerle hinzukommen könnte.“

Indirekte Schützenhilfe hatte Roth in letzter Minute noch vom Bundeswehrverband bekommen. Dessen Vorsitzender Ulrich Kirsch forderte, die Bundeswehr müsse „in der Fläche präsent sein“. Eine vollständige Schließung der Otto-Lilienthal-Kaserne hätte jedoch das Gegenteil bewirkt: Ganz Mittelfranken wäre dann ein weißer Fleck auf der Bundeswehr-Landkarte gewesen.

Der CSU-Bundestagsabgeordnete für Nürnberg-Süd und Schwabach, Michael Frieser, zeigte sich ebenfalls erleichtert über den Erhalt der Kaserne: "Für ganz Mittelfranken und dabei besonders die Region Nürnberg ist die Entscheidung ein starkes Signal in nicht einfacher Zeit. Erfreulich ist, dass sich die Bundeswehr trotz des Aus' für das Kreiswehrersatzamt in Nürnberg mit dem Karrierecenter nicht ganz verabschiedet." Frieser forderte, dass man sich nun darauf konzentrieren müsse, den Standort Roth im Zuge der Bundeswehrreform zukunftsfest weiter zu entwickeln.

Erleichterung in Roth: Kaserne bleibt bestehen

© dapd

"Wiege der Luftwaffe" wird geschlossen

Bayern ist wie erwartet besonders stark betroffen von der Streitkräftereform. Drei Standorte werden komplett geschlossen. Unter ihnen ist auch Fürstenfeldbruck, dessen Fliegerhorst als "Wiege der Luftwaffe" gilt. Dort gibt es derzeit noch 1240 Stellen für Soldaten und Zivilbeschäftigte. Außerdem fallen die Stanorte in Penzing und Kaufbeuren den Kürzungen zum Opfer. In Penzing sind es heute noch 2350, in Kaufbeuren 880 Dienstposten. Kempten schrumpt von 870 auf nur noch sechs Dienststellen. Von den bundesweit sechs großen Standorten mit mehr als 1000 Posten, die dicht gemacht werden, befinden sich damit zwei in Bayern.

Erleichterung in Roth: Kaserne bleibt bestehen

© Tobias Tschapka

Andere Standorte werden massiv zusammengestrichen, neben Roth etwa Donauwörth und Erding. Damit wird es im Freistaat künftig nur noch 31.000 Dienstposten geben. Der Standort Donauwörth wird von 1150 auf nur noch 130 Stellen zusammengestrichen, Erding von 1190 auf 220. Deutliche Einschnitte gibt es auch in Hammelburg (von heute 2280 auf künftig nur noch 1300), in Manching (von 1780 auf 1230), in München (von 2520 auf 1570) und in Sonthofen (von 1120 auf 590). Kräftige Reduzierungen müssen zudem Untermeitingen (von 1620 auf 570), Altenstadt (von 720 auf 190), Amberg (von 460 auf 90), Füssen (von 1650 auf 1090) und Sonthofen (von 1120 auf 590) hinnehmen. Auf unter 15 Dienstposten werden neben Kempten mehrere kleinere Standorte reduziert, nämlich Bamberg, Deggendorf, Regensburg, Traunstein und Würzburg. Diese werden nach Angaben des Verteidigungsministeriums künftig nicht mehr als Standort bezeichnet. Aufgewertet wird hingegen der Standort in Weiden, wo es künftig 1110 Stellen geben wird.

SPD: CSU hätte Verteidigungsressort nicht abgeben dürfen

Die bayerische SPD hat Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) für die Schließung der Bundeswehrstandorte im Freistaat kritisiert. „Es war ein kapitaler Fehler von Seehofer und der CSU, das Verteidigungsministerium nach dem Rücktritt von Guttenberg aufzugeben“, sagte SPD-Chef Florian Pronold. Seehofer habe den Koalitionsvertrag inklusive der Bundeswehrreform unterschrieben und damit die „Wehrpflichtarmee geopfert“. Die betroffenen Kommunen müssten nun mit Ausgleichsmaßnahmen unterstützt werden.

Seehofer verteidigte sich gegen die Vorwürfe.  Er habe immer darauf hingewiesen, dass es „Bayern einschneidend treffen wird“. Zudem komme man, wenn man die Reform befürwortet habe, jetzt nicht an den Folgen vorbei, so schmerzlich diese auch seien. „Sie können jetzt nicht sagen, die Bundeswehrreform kann in Bayern nicht stattfinden - das geht einfach nicht“, sagte er in München.

Der Ministerpräsident verwies zudem darauf, dass er in den Gesprächen und Verhandlungen mit dem Verteidigungsminister einiges erreicht habe. So habe man Standorte in ländlichen Gebieten, etwa in Unterfranken, der Oberpfalz und Niederbayern sichern können. «Im Zweifel für die Fläche» sei immer das Motto gewesen.

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