Kaserne ohne Asyl
25.10.2012, 17:19 UhrDie Aufnahmelager für Flüchtlinge in Zirndorf und München sind völlig überfüllt, an dezentralen Unterkünften für Asylbewerber mangelt es — trotz intensiver Aufforderung an die Kommunen — überall im Freistaat. Da wirkt die Idee der Landtagsfraktion der Grünen bestechend und einfach: Warum nicht Kasernen zu Flüchtlingslagern umfunktionieren? Nach dem Ende der Wehrpflicht und der Verkleinerung der Bundeswehr stehen dort etliche Stuben leer. Nach dem Vorstoß der Grünen ging auch bei der OttoLilienthal-Kaserne in Roth eine Anfrage ein.
Erkundigt hat sich das bayerische Sozialministerium. Eine Anfrage mit fünf konkreten Fragen landete bei der Kaserne in Roth — wie auch bei anderen Bundeswehrstandorten in Bayern. Abgesprochen sei die Initiative mit dem Verteidigungsministerium, berichtete auf Anfrage unserer Zeitung Luftwaffenpressesprecher Dieter Rosenbaum.
Sofort wurde in der Kaserne auf Hochtouren gearbeitet, um den Fragebogen zu beantworten: Eignet sich das Areal in Roth als Wohnkomplex für Asylsuchende, sind bauliche Veränderungen dafür notwendig?
Drei Kompanien der Luftwaffe sind bereits nicht mehr in Roth, also stehen mehrere Hundert Betten leer. Können also die Soldatenstuben einfach für Flüchtlinge umfunktioniert werden? So leicht geht das nicht, wie Rosenbaum erläutert: „Die Kaserne besteht ja weiterhin, die Soldaten tun hier Dienst — wir haben sicherheitssensible Bereiche, Munitionsbunker, der Flugbetrieb geht weiter.“
Seine Folgerung: „Man müsste ein Areal für die Flüchtlinge komplett vom Kasernenbetrieb abgrenzen.“ Aber erstens hat die Kaserne nur zwei Zugangstore, zweitens müssten die Asylbewerber ja auch verpflegt werden. Die Küche liegt aber mitten im Kasernengelände, die Unterkunftsblocks außen herum.
Der Kasernenkommandant, Oberstleutnant Christian Prestele, hat den Fragebogen gestern noch beantwortet — negativ, wie aus der Mitteilung der für Asylfragen zuständige Regierung von Mittelfranken klar wird.
Der Vorschlag der Landtagsgrünen, dem die Anfrage des Sozialministeriums folgte, war auch politisch nicht unumstritten. Bei den hiesigen Landtagsabgeordneten herrscht Zurückhaltung (CSU) bis Skepsis (SPD). Dr. Manfred Weiß ist zwar der Meinung, „wenn man helfen kann, soll man helfen“, aber angesichts des „sehr teuren technischen Geräts“ wisse er nicht, ob es möglich ist, die Bereiche so voneinander abzugrenzen. Die Asylbewerber dürften zwar den Landkreis nicht verlassen, aber er bezweifle, „dass in der Kaserne Bewegungsfreiheit möglich ist“.
Seine SPD-Kollegin Helga Schmitt-Bussinger aus Schwabach empfand den Vorschlag sogar als „seltsam“. Abgesehen davon, dass erst geklärt werden müsse, ob die Kaserne überhaupt geeignet sei, widerstrebe es ihr, „dass man den Eindruck erwecken will, als ob man einfach Soldaten und Asylbewerber zusammenstecken kann“.
Für Landrat Herbert Eckstein wäre der Vorschlag der Grünen laut Pressesprecherin Claudia Weinig eine „gute Lösung gewesen, um 50 bis 100 Asysuchende“ in der Otto-Lilienthal-Kaserne unterzubringen. Dies würde auch der Linie des Landkreises entsprechen, große Unterkünfte nicht in kleinen Orten unterzubringen, zitiert Weinig ihren Chef. Zudem böte die Nähe zur Stadt den Asylbewerberen Vorteile.
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