Kunstradfahren: Slupina holt Silber bei der Hallen-WM
27.11.2018, 18:15 UhrDie Vorrunde hatte Milena Slupina mit über 190 Punkten gewonnen. Im Finale um den Titel hatte Iris Schwarzhaupt knapp die Nase vorn. "Ich freue mich sehr über den zweiten Platz", sagte die Sportlerin des TSV Bernlohe auf der Pressekonferenz. "Ich bin ja nicht nur gekommen, um zu gewinnen." Natürlich hätte die Weltmeisterin 2017 ihren Titel gerne verteidigt. Dass das schwer werden würde, hatte sich angesichts der Konkurrenzsituation allein unter den deutschen Frauen schon lange abgezeichnet. Die vier Top-Frauen hatten sich über die ganze Elite-Saison auf Weltklasseniveau gegenseitig zu immer neuen Höchstleistungen angestachelt.
Die Schwierigkeiten wurden bis an die Grenze ausgereizt. Noch nie waren Frauen mit so hohen Punktzahlen am Start. Nur zwei durften zur WM. Allein für die Teilnahme waren die Hürden so hoch wie nie. "Mich in der Quali durchzusetzen und dann eine Medaille zu gewinnen" war das Ziel, das die Rotherin konsequent und erfolgreich verfolgt hat. Im Training und im Wettkampf. Immer an ihrer Seite: Mutter und Trainerin Petra. "Ohne sie wäre das alles überhaupt nicht möglich." Von Mittwoch bis Samstag galt es in Lüttich vor allem noch einmal, Nerven zu bewahren und gut durch die langen Tage inmitten des WM-Trubels zu kommen.
Am Samstagnachmittag zeigte Milena Slupina als vorletzte Starterin der Frauen eine der besten Vorstellungen ihrer Karriere. Perfekt und wie auf Schienen absolvierte sie ihr Programm. Mit über 190 ausgefahrenen Punkten setzte sie eine Marke, die nicht zu knacken war. Auch nicht von Iris Schwarzhaupt, die am Start einige Punkte mehr als Schwierigkeit mitbrachte. Es ist das höchste Ergebnis, das jemals bei einer WM gefahren wurde.
Einige Stunden später galt es im Finale noch einmal, sich auf den Punkt zu konzentrieren. Abzugsfrei absolvierte Milena Slupina die erste Minute des Programms, in der unter anderem die zwei Handstände als Höchstschwierigkeiten liegen. Dann musste sie einen Übergang wiederholen. Das kostete Punkte und Zeit. Dennoch brachte sie ihre Finalfahrt mit sehr guten 183,67 Punkten zu Ende. Erleichtert und zufrieden. Auf der Führungsbank, auf der sie anschließend mit Trainerin und Mutter Petra Platz nahm, verfolgte sie die abschließende Vorstellung ihrer deutschen Konkurrentin Iris Schwarzhaupt.
Fairer Applaus für die Siegerin
Die kam auch nicht ohne Fehler durch ihr Programm, hatte am Ende aber 185,44 und damit knapp zwei Punkte mehr auf der Anzeigentafel stehen. Von Milena Slupina gab es dafür herzlichen Applaus. Momente später lagen sich die beiden deutschen Frauen jubelnd in den Armen.
Damit geht für die Elite-Kunstradfahrer ein Sportjahr zu Ende, in dem der Wettkampfkalender voll war wie nie. Gleich zwei komplett neue Wettbewerbe hatte die UCI 2018 eingeführt: Die Elite-Europameisterschaft im Juni und den vierteiligen Weltcup, der von Februar bis November in Prag, Heerlen, Hongkong und Erlenbach stattgefunden hat. Ein Jahr, das stete Wettkampfform ohne jede Pause verlangte, und die Kunstradsportler zwang, ihren gewohnten Trainingsablauf komplett umzustellen. Milena Slupina hat das mit Bravour gemeistert. Bis auf einen Ausrutscher beim am Ende nur psychologisch bedeutsamen Drei-Nationen-Cup lieferte sie über all die Monate stabil sehr gute Ergebnisse. Wie eng es bei der Frauenkonkurrenz zu geht, und dass es am Ende eine Frage von Nuancen und der Tagesform ist, wer jeweils ganz oben auf dem Treppchen steht, zeigt die Titel-Bilanz der letzten Monate deutlich: Vier Trikots gab es zu vergeben. Alle gingen an die deutschen Kunstradfahrerinnen und jede der vier deutschen Tops hat einen Titel gewonnen: Viola Brand (Unterweissach) wurde Europameisterin vor der Österreicherin Adriana Mathis, die am Samstag bei der WM die Bronzemedaille gewann.
Überstunden im Betrieb
Den deutschen Meistertitel sicherte sich Milena Slupina vor Viola Brand. Den Weltcup-Gesamtsieg schnappte Maren Haase (Hoffnungsthal) Milena Slupina nur eine Woche vor der WM ganz knapp vor der Nase weg. Bei der WM stand Iris Schwarzhaupt (Stuttgart) vor Milena Slupina ganz oben auf dem Treppchen.
Jetzt – endlich – können die Weltklasse-Kunstradfahrerinnen sich nach extrem anstrengenden Wochen eine kleine Verschnaufpause gönnen. Zumindest im Training.
Wer glaubt, dass es da umgehend in den Weihnachtsurlaub geht, täuscht sich. Keine von ihnen kann sich ausschließlich auf den Sport konzentrieren. Uni-Prüfungen stehen in den nächsten Tagen für die frisch gebackene Weltmeisterin Iris Schwarzhaupt im Kalender. Milena Slupina setzt ihre Energie bis zu den Feiertagen vermehrt in ihrem Vollzeit-Beruf als Konstruktionsingenieurin ein:
"Ich werde Überstunden machen, weil auch im Betrieb sehr viel zu tun ist." Mehrtägige Hochleistungssport-Ausflüge wollen in vielerlei Hinsicht erarbeitet sein.
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