Roth: "Bunter Sport" als Brücke hin zur Integration

25.1.2018, 16:06 Uhr
Roth:

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Tasdelen weiß über die Probleme von und mit Asylbewerbern bestens Bescheid. Er ist Vorsitzender der Enquete-Kommission "Integration" des Bayerischen Landtages und hat sich auf die Fahnenstange geschrieben, Verbesserungsvorschläge an den Landtag zu geben und diese auch durchzusetzen. Als Gastarbeiterkind wisse er aus erster Hand, wie es sich anfühlt, wenn der Schiedsrichter ihn beim Fußball links liegen ließ und er bei einem Foul mit "komm Türk‘, steh auf!", angeschrien wurde.

Solche Szenen sollten eben vermieden werden. Die Spielvereinigung Roth bilde deshalb gerade zwei Trainer aus, die in der "Bunte-Sport-Gruppe" fair mit Asylbewerbern aber auch mit der Mehrheitsgesellschaft umgehen können. Diese interkulturelle Schulung helfe dabei, Vorurteile abzubauen und den Asylbewerbern die deutsche Vereinskultur näher zu bringen. "Wir müssen unsere Aufgaben durch Begegnung lösen", fordert Tasdelen.

Dem pflichtet Andreas Dobler, Projektleiter von "Bunter Sport" bei der Spielvereinigung Roth, bei: "Sport kann einen sehr großen Beitrag zur Integration von Migranten leisten. Allerdings ist das deutsche, ehrenamtliche Vereinswesen im Großteil der Welt unbekannt. An dieser Stelle setzen wir an und bauen mit "Bunter Sport" eine Brücke von offenen Sporttreffs hin zu regulären Vereinsangeboten, wo dann die eigentliche Integrationsarbeit geschieht." Probleme gebe es hauptsächlich bei regelmäßig stattfindenden Trainingseinheiten, erklärt Dobler weiter. Für einen Trainer gebe es nichts Schlimmeres, als wenn eine Gruppe von jungen Afghanen auf einmal nicht zum Training erscheint, weil sie es nicht gewohnt sind, Termine wahrzunehmen. Für Dobler ist es deshalb von besonderer Bedeutung, sich durch diese Schulungen auch in die andere Seite versetzen zu können. Ein Schlüsselerlebnis hätte er gehabt, als er einen Araber in der Halle hatte, der schreiend in der Halle umher rannte. Mann könne ein solches Verhalten nur durch einen "Perspektivenwechsel" verstehen.

Was in Roth vorbildlich zum gelebten Sportalltag gehört, sei im restlichen Bayern ganz anders, kritisiert Arif Tasdelen: "Es reicht nicht, wenn der Landtag Integrationspreise übergibt. Bayern hinkt in der Integrationspolitik stark hinterher." Genau das möchte Tasdelen ändern – und zwar direkt im Landtag. Nächste Woche werde er dort vorsprechen und die Erfahrungen und Probleme direkt von der Basis vortragen. Trotz positiver Berichte, sehe die Realität in diesen Bereichen ganz anders aus. Ehrenamtliche Helfer seien beispielsweise schnell ausgebrannt und werden dann von der Landesregierung alleine gelassen. Hier wolle er besonders eingreifen. Durch seine Arbeit weiß er darüber hinaus zu berichten, dass der Landtag regelrecht Angst vor Asylbewerbern hätte. "Je mehr sich ein Asylbewerber integriert, desto schwerer wird man ihn wieder los", beschreibt Tasdelen die Arbeitsweise der Staatsregierung.

Er vertritt deshalb die Meinung, jedem Menschen die Möglichkeit zu geben, sich zu integrieren. Gleichwohl, ob nach drei Jahren eine Abschiebung anstünde. "Dann hat Deutschland eine gute Entwicklungshilfe geleistet. Die Erfahrungen und das Erlernte können gut im Heimatland angewendet werden." Dies meint auch Marcel Schneider (SPD-Landtagskandidat für den Landkreis Roth): "Wir müssen Perspektiven und Chancen geben, doch die Gesetzeslage ist skandalös."

Conny Baumann, Mitglied im Integrationsrat Bayern, kritisierte ebenfalls stark. Die Unterstützung von Landesseite sei peinlich. Besonders für ein reiches Land wie Bayern. Der SPD-Fraktionsvorsitzende im Rother Stadtrat, Andreas Buckreus, schließt sich der Aussage an. In anderen Bundesländern liefe es besser. In Bayern würde man gegen Windmühlen kämpfen. Vor allem kritisierte Buckreus den Papieraufwand bei Anträgen.

Vorgeschlagen wurde, dass beispielsweise Mitgliedsbeiträge teilweise übernommen werden könnten. "Wir dürfen niemanden ausbremsen, das wäre sozialer Sprengstoff", warnt Andreas Dobler. Auch wäre der Einsatz von sogenannten "Sportlotsen" denkbar, die sich um spezielle Bereiche kümmern. Dabei wäre aber wünschenswert, dass man sich von der Projektarbeit distanzieren würde und Kräfte fest einstellen könnte. Arif Tasdelen zeigte sich von den Erfahrungen aus Roth überaus beeindruckt. Er werde die Ideen, Kritiken und Vorschläge im Landtag vorstellen und hofft dabei auf offenes Gehör. m

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