Rother Tafel: Das Problem sind eher die Helfer

4.3.2018, 06:00 Uhr
Rother Tafel: Das Problem sind eher die Helfer

© Carola Scherbel (Archiv)

RHV: Herr Gattenlöhner, wie viele Menschen kommen zur Vergabe der Rother Tafel an den Samstagen, und wie groß ist der Anteil an ausländischen Kunden?

Robert Gattenlöhner: Das schwankt. Im Winter kommen nicht so viele Kunden. Vergangenen Samstag waren es nur 115. Man muss allerdings etwa um den Faktor drei hochrechnen, weil ja oft eine ganze Familie hinter dem Abholer steht. Auch der Anteil der ausländischen Bezugsberechtigten schwankt, im Schnitt liegt er zwischen 60 und 70 Prozent.

Gab oder gibt es Probleme mit Gedrängel oder Neidereien bei der Ausgabe?

Gattenlöhner: Wenn sich mal ein Einzelner nicht anständig benimmt, kriegt er eine Abmahnung und es ist wieder gut. Bei uns gibt es kein Gedrängel, weil wir eine zeitversetzte Ausgabe haben. Es werden Nummern in 50-er Blöcken ausgegeben, und diese Blöcke rotieren, sodass jeder mal früher, mal später dran ist. Über ihre Ausgabespanne wissen die Kunden schon eine Woche vorher Bescheid. Wenn sie in dieser Zeit kommen, müssen sie höchstens zehn Minuten warten.

Dann könnte es mit einer zeitversetzten Ausgabe in Essen auch anders funktionieren?

Gattenlöhner: Ich kann das Problem jedenfalls nicht nachvollziehen. Natürlich kann man nicht einfach die Tür aufmachen und 500 Leute reinstürmen lassen. Bei uns läuft es mit dem zeitversetzten System sehr gut, und ich würde nie jemanden ausschließen. Erstens, weil wir genug Essen haben, sodass es für alle reicht. Und zweitens habe ich gar nicht das Recht dazu: Der Bundesverband gibt nach dem Bundessozialgesetz vor, wer einen Berechtigungsschein bekommt und damit bezugsberechtigt ist. Unser Problem sind eher die Helfer.

Sie haben zu wenige?

Gattenlöhner: Es ist wie überall im Ehrenamt: Niemand will mehr etwas tun — ob bei der Feuerwehr, bei der Awo oder bei der Tafel. Und die jüngere Generation ist da noch etwas egoistischer geprägt als die ältere: Wir haben Helfer, die über 80 Jahre alt sind und stundenlang bei der Aufbereitung oder an der Ausgabe stehen — weil keine jüngeren da sind. An allen Stellen brauchen wir Helfer: für die Fahrten, für die Aufbereitung und an der Ausgabe. Dabei müsste niemand den ganzen Tag von früh bis abends mitarbeiten. Aber der Ausgabetag ist halt Samstag, das gefällt vielen nicht.

Dass es die Tafeln überhaupt geben muss, ist. . .

Gattenlöhner: . . . ein riesiges Versagen der großen Politik! Die Aufgabe wird auf Ehrenamtliche abgeladen, und die werden nicht einmal mit dem nötigen Geld dafür ausgestattet. Das heißt, wir sind auf Spenden angewiesen! Und wir kriegen selbst beim Jobcenter keine Ein-Euro-Kräfte, weil alle brauchbaren Leute auf dem ersten Arbeitsmarkt gebraucht werden. Wir haben jedoch Kunden, die bei uns mithelfen — auch Asylbewerber. Dafür sind wir sehr dankbar. Aber manche wollen das nicht machen, die nehmen lieber eine sechswöchige Sperre ihrer Bezüge in Kauf.

 

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