Ziel für 2025
So will Roth klimaneutral werden
24.2.2021, 05:00 Uhr"Fast erschlagen" hat der umfangreiche Antrag die Stadtverwaltung, gab Stefan Krick vom Hauptamt vor dem Stadtrat zu. Parteiübergreifend hatten fast alle Fraktionen beantragt, die "Klimaschutzinitiative Roth" zu starten. Und sie gleich mit konkreten "Eckpunkten" bestückt.
"Wie können wir dem Antrag gerecht werden?", fragte Krick. Die Antwort: "Man braucht auch jemanden, der’s macht." So schilderten sowohl Stadtbaumeister Wolfgang Baier als auch Stadtwerke-Leiter Dr. Gerhard Brunner, dass die Personalkapazität dafür nicht reiche.
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Das Ziel "mehr Klimaschutz" spiele, so Baier, in alle Bereiche hinein: Für das Senken des CO2-Ausstoßes sei ein Monitoring nötig, das Einbeziehen der Bürger bedeute "Dialogarbeit, also Aufwand". Wichtig seien digitalisierte Unterlagen, damit man sie auswerten könne. Die Stadt gehe bereits in Vorleistung – als Beispiel nannte er das Baulückenkataster, womit mehr auf Nachverdichtung als auf neue Baugebiete gesetzt werden kann. Aber für die solare Baupflicht benötige man ein Solarpotenzialkataster. Und in Sachen Mobilität erinnerte Baier daran, dass in Roth etwa 13 000 Pkw zugelassen sind: "Wie bringen wir die Menschen dazu, ihre Geschäfte per Rad oder per pedes zu erledigen?" Erste Schritte seien getan – zum Beispiel mit extensiver Dachbegrünung oder Wasserkraftnutzung. "Aber", so Baier, "um alles zu bündeln, brauchen wir Manpower. Sonst funktioniert es nicht."
Ziel auch umsetzen
So sieht es auch Brunner für die Stadtwerke: Das Ziel sei eine Herausforderung. Wichtig sei aber, "dass es auch umgesetzt wird". Denn oft folge auf den Anspruch eine ernüchternde Bilanz, weil nicht klar sei, "wer’s macht". In Roth seien Angebote an die Kunden nötig, um die Sektoren zu koppeln: Strom, Wärme, Mobilität. Dazu seien jedoch Investitionen nötig. Wenn jemand in einer Reihenhaus-Siedlung mit Garagenhof ein E-Auto kaufen will, stehe er oft vor schwer lösbaren Problemen und gebe auf. Auch das Bauen von Wärmepumpen und Nahwärmenetzen erfordere deutlich mehr Planungsaufwand. Brunner: "Für diesen Riesenpacken an Anforderungen brauchen wir Verstärkung." Im Klartext hieße das: Vier neue Stellen: Klimabeauftragte*r, Planungsingenieur*in und zwei Verwaltungskräfte für je 19,5 Stunden.
Die Stadträte votierten fast geschlossen für die beiden Vollzeitstellen des Klimabeauftragten und Ingenieur, aber bei den Teilzeitkräften beschloss jeweils eine knappe Mehrheit von 15 und 16 Stimmen, dass es die Stellen nicht geben soll.
Trivial und widersprüchlich
Vorher wurde es aber noch grundsätzlich: Siegfried Schwab von der Wählergemeinschaft Pfaffenhofen, Pruppach, Meckenlohe, die den gemeinsamen Antrag wie auch die FDP nicht unterzeichnet hatte, wollte zunächst gar nicht weiterdiskutieren. Der Antrag sei "von Trivialitäten und Widersprüchlichkeiten geprägt", "viel Zeug wird verwurschtelt", nicht einmal der Begriff klar definiert. Und inmitten der Coronakrise, da viele um ihre Existenz kämpfen, sei nicht vermittelbar, den städtischen Haushalt mit neuen Stellenforderungen zu belasten. Doch mit dem Antrag auf Nichtbehandlung blieben Schwab und drei weitere Stadträte eine kleine Minderheit.
Und die Grundsatzdiskussion ging weiter: "Wir müssen dringend was tun", hielt Grünen-Stadtrat Dr. Joachim Holz dem entgegen. "Um das Reduzieren des CO2-Ausstoßes kommen wir nicht drumrum." Jetzt gebe es noch die Möglichkeit dazu: Netzwerke umbauen, Experten zu Rate ziehen, die Bevölkerung mitnehmen. Holz: "Bis 2025 ist noch nicht alles CO2-neutral, aber wir brauchen eine Zielvorgabe."
"Das Thema lässt uns nicht los", pflichtete Bürgermeister Ralph Edelhäußer bei. "Aber man kann es nicht einfach nebenbei machen." Und gab zu: "Bisher fällt manches Klimaschutzziel hinten runter, weil uns wichtiger ist, dass die Mutter für ihr Kind einen Kitaplatz bekommt."
Sven Ehrhardt (SPD) betonte ebenfalls: "Klimaschutz kann eben nicht aufgeschoben werden." Er betrachte es als "Selbstverpflichtung des Stadtrates, bei künftigen Maßnahmen den Klimaschutz immer im Hinterkopf zu haben". Da "das Duschen ohne nass zu werden" nicht möglich ist", stimme die SPD der Beauftragten- und Ingenieursstelle zu, mit den beiden für die Verwaltung schieße man "aber übers Ziel hinaus".
"Das Top-Thema" nannte auch Dr. Daniela von Schlenk (CSU) den Klimaschutz, "und die Stadt hat eine Vorbildfunktion". "Leider nicht TopThema, sondern Top-Problem" sei der Klimawandel, korrigierte Richard Radle (Grüne) und ein weitaus größeres als Corona. Er sei "froh, dass fast alle Gruppen den Antrag unterstützen". Für die Arbeit seien freilich nicht nur Häuptlinge, sondern auch Indianer nötig. Eventuell könnten die Stellen befristet werden?
"Es geht nicht nur um Absichtserklärungen, sondern darum, konkret was zu tun", deshalb haben auch die Freien Wähler den Antrag unterschrieben, bekräftigte Sonja Möller. Und "der Klimawandel trifft besonders die sozial Schwachen", argumentiert Susanne Horn von der Linken.
In ihren Ohren höre sich der Antrag allerdings so an, warf Dr. Walburga Kumar (von der ebenfalls nicht unterzeichnenden FDP) ein, "als hätten wir bisher die Sorge um die Natur außer Acht gelassen".
Natürlich sei der Klimawandel ein globales Problem, meldete sich Siegfried Schwab erneut. "Aber von uns gemacht, die hier auf dem reichsten Flecken der Erde sitzen." Die Menschen in ärmeren Ländern werden, wenn sie können, ebenfalls mehr konsumieren und den CO2-Ausstoß erhöhen. "Glaubt im Ernst jemand, dass wir das um ein Jota ändern können?" Es grenze, so Schwab, "fast an Größenwahn, wenn wir glauben, dass wir was bewegen können".
Die Reaktionen darauf führte der Bürgermeister an: "Wir retten nicht die Welt, aber wenn wir nicht anfangen, können wir nicht auf andere zeigen und fordern: Macht mal!" "Wir sitzen halt nicht im Bundestag, sondern im Stadtrat", erinnerte Susanne Horn. "Ja, es liegt an unserem Lebenswandel. Und wir müssen dafür sorgen, dass Klimaschutz nicht nur für die Reichsten, sondern auch für die Ärmsten umgesetzt wird. Und es lohnt sich sogar aus ökonomischer Sicht, weil wir Geld einnehmen", sagte Joachim Holz.
"Wir lösen hier kein globales Problem", gestand auch CSU-Sprecher Daniel Matulla zu. "Aber was wir vor Ort tun können, das machen wir."
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