Spectrum-Ausstellung macht Verlustgefühle der Flüchtlinge erlebbar

21.2.2016, 17:57 Uhr
 Spectrum-Ausstellung macht Verlustgefühle der Flüchtlinge erlebbar

© Foto: Robert Unterburger

Kaum ein Platz war mehr in der Spectrum-Galerie zu ergattern, als Reinhard Bienert und Thomas Willi die Ausstellung eröffneten. Unter den vielen Besuchern waren auch Flüchtlinge, die in Roth eine vorläufige Bleibe gefunden haben sowie Mitglieder des Asylhelferkreises.

Spectrum-Künstlerin Csilla Wenczel, die vor 15 Jahren zusammen mit ihrem Sohn Thomas Willi von Siebenbürgen nach Deutschland ausgewandert ist, berichtete zunächst in einer sehr emotionalen Rede, wie es ihr und ihrem Kind bei der Ankunft in Nürnberg erging und welche positiven, aber auch negativen Erfahrungen sie damals gemacht hat.

Edgar Griese, einer der drei Sprecher des Asylhelferkreises Roth, erläuterte die Motivation und die vielseitige Arbeit der Ehrenamtlichen, sich in diesem Helferkreis zu engagieren und Deutschkurse für die Flüchtlinge zu organisieren. „Das ist mühevoll, aber es geht langsam voran.“ „Diese Menschen leben in Mehrbettzimmern und haben den ganzen Tag nichts zu tun, weil sie nicht arbeiten dürfen“, so Griese weiter. „Unsere Schützlinge sind hierher gekommen, weil sie hier eine Zukunft haben und ein neues Leben aufbauen wollen“, schloss der ehrenamtliche Helfer.

„Die Lebensgeschichte von Csilla Wenczel hat mich sehr beschäftigt und sehr berührt“, bekannte die stellvertretende Landrätin Dr. Hannedore Nowotny. „Die Menschen, die zu uns kommen, haben es verdient würdig untergebracht zu werden“, fuhr sie fort. „Die Ausstellung passt wie die Faust auf´s Auge“, wandte sich die stellvertretende Landrätin der aktuellen Spectrum-Ausstellung zu, „was wir hier sehen, ist allgegenwärtig. Das kann nur traurig machen und das bedrückt uns. Ihr habt ein heißes Eisen angepackt.“

„Wir sind Flüchtlinge, Thomas Willi und ich“, erklärte Reinhard Bienert. „Thomas Willis Eltern stammen aus Siebenbürgen, meine flüchteten aus Schlesien.“ Und: „Als Flüchtlings-Nachkommen sehen wir aus ganz unterschiedlichen Perspektiven, was um uns herum passiert. Uns eint aber die Demonstration für Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit.“

„Ich glaube, es kommt ganz besonders darauf an, in diesen Zeiten eine besondere Haltung einzunehmen, nämlich eine Haltung der Solidarität“, zitierte Reinhard Bienert den Regierenden Bürgermeister von Berlin, Michael Müller. „Mauern, Stacheldraht oder sogar Schießbefehle, wie einige schwadronieren, all das sind Signale, die niemals wieder von unserem Land ausgehen dürfen.“

Der junge Künstler Thomas Willi bringt in seinem großformatigen Diptychon „TIT“ seine Befürchtungen zum Ausdruck, dass der schwelende Ost-West-Konflikt am Beginn einer neuen Eskalation steht und dies zu immer größeren Flüchtlingsströmen führt.

Reinhard Bienert ist mit drei Arbeiten vertreten: einmal mit der informellen, düsteren Zeichnung „Migration“ von 2014, zum zweiten mit dem beidseitig bemalten und beschriebenen blauen Transparent „Festung Europa“ sowie der 15-teiligen Foto-Collage „Post aus dem Off – Meine Erlebnisse auf der Flucht 1945 bis zur heutigen Sicht.“

Mit einer Kunst-Aktion wollten Bienert und Willi die Verlustgefühle der Flüchtlinge erlebbar machen: Die Ausstellungsbesucher waren aufgerufen, mitgebrachte Gegenstände, die ihnen sehr am Herzen lagen, abzugeben. Thomas Willi zerschlug mit einem Fäustling Uhren, Handys, Blumenvasen, Schmuckstücke und Keramikgegenstände. Aus den Bruchstücken der zerstörten Gegenstände wird die Künstlerin Pia Morgenthum mittels des von ihr entwickelten „Re-Clashed-Verfahren“ ein neues Werk entstehen lassen.

Die Ausstellung „Wir sind Flüchtlinge – Refugees welcome“ ist bis 17. März jeweils donnerstags von 14 bis 18 Uhr geöffnet

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