Wer durchhält, geht mit einem Ausbildungsplatz raus
07.11.2016, 16:37 UhrChristine Haffner, Julia Weger, Leon Mattern, Dennis Calgi und Alexander Volkert haben es geschafft. Sie gehören zu denen, die sich nicht haben entmutigen lassen und nun „am Ziel ihrer Wünsche“ angekommen sind. Die fünf haben im September eine duale Ausbildung begonnen und zwar alle in Betrieben im Landkreis Roth.
Christine lernt Industriekauffrau bei Lux-Haus in Georgensgmünd, Julia Bürokauffrau bei der Firma Henglein in Abenberg, Leon macht eine Ausbildung zum Verkäufer bei Obi in Roth, Dennis wird bei der Firma MKV in Allersberg zum Anlagenmechaniker ausgebildet und Alexander hat eine Metzgerlehre bei der Metzgerei Böbel in Georgensgmünd Rittersbach begonnen.
Das bestätigt die, die jeden Tag im bfz mit Jugendlichen zu tun haben. „Wer sich helfen lässt, durchhält und bereit ist, es auch mal mit einem neuen Weg zu probieren, der geht hier mit einem Ausbildungsplatz raus“, sagt Andreas Hauck, der in Roth die Bildungsmaßnahme als Träger für die Arbeitsagentur koordiniert. Die „Bildungsbegleiter“ und Ausbilder Melanie Röttenbacher, Günther Weis und Thomas Dechand nehmen die Kursteilnehmer an die Hand, motivieren und ermutigen und versuchen, jeder und jedem einen persönlichen Weg aufzuzeigen. Von „Anfangsschwierigkeiten“ berichten auch die erfolgreichen Absolventen. „Aber wer mitmacht, hat auch Erfolg.“
Die Situation auf dem Ausbildungsmarkt hat sich in den letzten Jahren dramatisch verändert. Azubis werden händeringend gesucht. Dennoch haben manche Schulabgänger Startschwierigkeiten. Warum, das erklärt Wilhelmine Meyer so: „Viele Ausbildungen sind in den letzten Jahren massiv anspruchsvoller geworden.“ Sowohl im Handwerk als auch im Büro setzen High-Tech und Datenverarbeitung ein viel höheres Maß an technischem Verständnis, Überblick und Eigenverantwortlichkeit voraus. Ein gutes Beispiel könne man in jeder Autowerkstatt finden: Der heute gefragte Mechatroniker habe ein komplett anderes Anforderungsprofil als der alte Automechaniker.
Auf der anderen Seite kommen zunehmend Jugendliche aus den Schulen, die noch keine Ausbildungsreife mitbringen. Den Schulen macht Meyer dabei keinen Vorwurf: „Die sind oft auch überfordert.“ Im Schulbetrieb gebe es wenig Möglichkeiten, individuell auf die Bedürfnisse, Fähigkeiten, Probleme und Defizite der einzelnen Jungen und Mädchen einzugehen. „Mehr Geld für Bildung“ würde sich Meyer wünschen und damit „endlich mehr Chancengleichheit“. Auch für die, die von Zuhause mit unrealistischen Zielen konfrontiert sind und ständiges Scheitern verkraften müssen, für die, die gar keine Unterstützung von Zuhause haben, und die, die schon in ganz jungen Jahren mit gesundheitlichen und vor allem auch psychischen Problemen zu kämpfen haben. Das werden nämlich immer mehr. „Kein Bock mehr“ oder „Ich hab ja eh keine Chance“ seien oft Ausdruck von vielfacher Überforderung.
63 Plätze beim bfz
„Diese Lücke können wir schließen, sobald die Jugendlichen bereit und motiviert sind, sich helfen zu lassen“, sagt die Berufsberaterin. 63 Plätze hat Wilhelmine Meyer dafür beim bfz derzeit zur Verfügung. Der neue Kurs hat Mitte September begonnen. Ein Quereinstieg ist jederzeit möglich. Es seien genügend Kapazitäten vorhanden. Auch für Ausbildungs-Abbrecher, die es beim nächsten Anlauf besser machen wollen. „Bei Bedarf kann ich für jeden, der bei mir anklopft, einen zusätzlichen Platz schaffen.“ Das sei gut investiertes Geld. Sie ist überzeugt: „Ich kann versprechen, dass ich jeden Jugendlichen, der intellektuell und sprachlich dazu in der Lage ist und der ein wenig Motivation und Ausdauer mitbringt, in eine Ausbildung bringen kann.“
In der BvB bekommen die Jugendlichen jede Menge individueller Unterstützung und die Möglichkeit, vieles auszuprobieren. Sie werden bei der Berufswahl und bei Bewerbungen sozialpädagogisch und fachlich intensiv betreut und begleitet und bekommen berufliche Grundfertigkeiten mit auf den Weg. In den hauseigenen Werkstätten absolvieren die jungen Leute dreiwöchige Praktika in verschiedenen Berufsfeldern: „Lager und Handel“, „Hotel- und Gaststätte“, „Farbe“, „Metall“ und „Wellness“ (das heißt zum Beispiel Friseur oder Kosmetik). Sie üben Zuverlässigkeit, Teamarbeit und Kommunikationsfähigkeit. Schließlich bemüht sich das bfz darum, Praktikumsplätze außer Haus zu finden und die jungen Leute in Kontakt mit Ausbildungsbetrieben zu bringen. So können auch die Fachbereiche abgedeckt werden, in denen die Einrichtung selber kein Angebot im eigenen Haus hat.
„Wir arbeiten sehr eng mit den Betrieben vor Ort zusammen und suchen den Kontakt zu Firmen im weiteren Umkreis“, berichtet Andreas Hauck. Die Praktikanten werden erst dann zu den Firmen geschickt, wenn sie im Kurs eine gewisse „Reife“ erreicht haben. „Wir wollen ja auch den Firmen ein gutes Angebot machen.“ Bei etlichen Betrieben stoße das Team des bfz bei der Praktikumssuche immer wieder auf offene Ohren. „Es könnten aber noch mehr sein“, findet Hauck.
Schließlich bietet der Erstkontakt über ein begleitetes Praktikum auch den Betrieben Chancen. „Meistens klappt es gut, von einzelnen Ausrutschern darf man sich auch auf der Seite der Ausbilder nicht gleich abschrecken lassen.“ Die Firmen bekommen die Möglichkeit, viele potenzielle Azubis ausgiebig im Alltag kennenzulernen. Da hat schon mancher einen echten Schatz gehoben.
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