Schutz vor Corona: Wo bleiben die Schnelltests?
6.11.2020, 06:00 UhrJeden Tag testet Rolf Eichinger in seiner Praxis zehn bis 15 Patienten auf das Coronavirus. Oft ist das Ergebnis nach zwei Tagen da. Immer öfter aber erst nach fünf oder sechs. "Die Labors sind überlastet", sagt der Allgemeinarzt. Aus seiner Sicht gäbe es dagegen eine einfache Lösung: Schnelltests.
Der Name ist Programm. Schon 15 Minuten nach einem Abstrich aus Nase und Rachen zeigen sie an, ob eine Person infiziert ist. Das Prinzip funktioniert ähnlich wie bei einem Schwangerschaftstest. Das Stäbchen wird in eine Flüssigkeit gesteckt und anschließend auf das Testfeld getropft. Beim richtigen Vorgehen erscheint ein Strich, bei einem positiven Ergebnis ein zweiter. "Das wäre eine super Lösung", sagt Eichinger.
Ausbruch im Behindertenheim
Vor fünf Jahren hat er die Praxis in Hilpoltstein übernommen. Er betreut etwa 10 000 Patienten, darunter sind auch rund 400, die im nahegelegenen Auhof wohnen und in den Behindertenwerkstätten der Diakonie Rummelsberg arbeiten. "Gerade für die Heimbewohner, das Personal und auch die Besucher wären Schnelltests wirklich eine grandiose Hilfe", sagt der Arzt.
Falsch-positive Tests? So selten sind Laborfehler
Sie hatten schon ein paar Fälle im Auhof. Einmal kam ein Bewohner infiziert vom Besuch bei seiner Familie zurück. Ein anderes Mal hat eine Pflegerin im Nachtdienst das Virus unbemerkt von Wohngruppe zu Wohngruppe weitergetragen. "Wir konnten zum Glück alle Fälle sofort isolieren und Erstkontakte in Quarantäne schicken", erzählt Eichinger. Die Labors behandelten solche Tests dann oft bevorzugt, um das Ausbruchsgeschehen in Wohnheimen schnell einzudämmen. "Aber mit Schnelltests wüssten wir sofort Bescheid."
Der Schnelltest erkennt Eiweiße auf der Oberfläche des Virus, die sogenannten Antigene, die eindeutig für einen Erregernachweis von Sars-Cov-2 sind. Die Anbieter versprechen eine Spezifität der Tests von bis zu 100 Prozent. Das bedeutet, wer nicht infiziert ist, wird auch zuverlässig als solches erkannt. Die Sensitivität liegt bei bis zu 97 Prozent. Das heißt, drei Personen von 100 werden negativ getestet, obwohl sie infiziert sind. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte hat eine Liste der aktuell zugelassen Antigen-Tests auf seiner Webseite veröffentlicht, auf der diese Werte für alle Anbieter zu finden sind.
Schnelltests für Arztpraxen und Reha-Zentren
Im Gegensatz zu den PCR-Tests im Labor sind die Schnelltest vor Ort etwas weniger empfindlich. Sie schlagen noch nicht an, wenn eine Person frisch infiziert ist und die Viren erst anfangen, sich zu vermehren. Bei der PCR wird Genmaterial des Coronavirus vermehrt bis es nachweisbar ist. So werden auch geringe Mengen erkannt.
Weil das zwar genauer ist, aber eben eine Zeit lang dauert, hat das Bundesgesundheitsministerium seit Mitte Oktober Antigen-Schnelltests für Pflegeheime, Krankenhäuser, Arztpraxen, Reha-Zentren und weitere medizinischen Einrichtungen freigegeben. Sie dürfen bis zu 20 Tests pro Monat pro Bewohner einsetzen. Die Kosten werden übernommen.
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"Das ist ja grandios", sagt Eichinger. Allerdings wusste er von der Verordnung bislang nichts. Dabei hatte sich der Arzt extra beim zuständigen Gesundheitsamt in Roth erkundigt. Auch ein Seniorenwohnheim in Stein hat Anfang der Woche erst nach widersprüchlichen Aussagen die Erlaubnis des Fürther Gesundheitsamts bekommen. Die Bürokratie bremst die Schnelltests. Jedes Heim und jede Praxis muss ihren Bedarf extra bei der zuständigen Behörde anmelden und begründen.
Bayerns Gesundheitsministerium hat zehn Millionen Schnelltests bestellt, die nun nach und nach ausgeliefert werden. "Sie sollen vor allem dort eingesetzt werden, wo besonderer Bedarf ist", sagt Ministerin Melanie Huml. "In Regionen, in denen es sehr viele Infektionen gibt, und dort, wo Menschen besonders gefährdet sind, also Alte und Kranke." Einen Test für zu Hause soll es dagegen nicht geben. Denn dabei bestünde die Gefahr, dass der Abstrich fehlerhaft ist oder sich Personen mit positivem Ergebnis nicht beim Amt melden.
Rolf Eichinger hat Anfang der vergangenen Woche 40 Schnelltests für seine Praxis auf eigene Kosten bestellt – und wartet noch darauf.
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