Amtsgericht hat entschieden: Abschieds- statt Hitlergruß

14.1.2015, 13:41 Uhr
Einem Hobbyfilmer war vorgeworfen worden, im vergangenen Jahr aus dem fahrenden Auto heraus den Hitlergruß gezeigt zu haben.

© Archiv Einem Hobbyfilmer war vorgeworfen worden, im vergangenen Jahr aus dem fahrenden Auto heraus den Hitlergruß gezeigt zu haben.

Der rüstige Rentner war im September mit seiner Film- und seiner Fotokamera immer wieder vor den beiden kurzfristig eingerichteten Schwabacher Notunterkünften für Asylbewerber gesehen worden. Filmaufnahmen hat er dabei nach eigenen Angaben zwar nicht gemacht, wohl aber Fotos für sein hauseigenes Archiv geschossen.

Das ist heikel, denn eigentlich hätte er jeden Abgelichteten um Erlaubnis fragen müssen.

Platzverweis ausgesprochen

Der Mann geriet offenbar mehrfach mit dem Sicherheitsdienst und auch mit Vertretern der Stadt aneinander. Am Ende wurde ihm für den Bereich um die Hans-Hocheder-Halle, seinerzeit mit 100 Flüchtlingen belegt, ein Platzverbot erteilt.

Schließlich stieg er in sein Auto, wendete und fuhr davon. Beim Anfahren, so Staatsanwältin Dr. Simone Decker, habe er dann dem Chef des Sicherheitsdienstes den Hitlergruß gezeigt.

Doch war das wirklich ein Hitlergruß? „Ich habe zum Abschied nur gewunken“, sagte der Angeklagte. Mit rechtem oder gar nationalsozialistischem Gedankengut habe er nichts am Hut.

Zweifel blieben

Drei Zeugen befragte Richterin Andrea Martin. Einer davon hatte den vermeintlichen Hitlergruß nur von hinten durch das geschlossene Auto gesehen, also fast gar nicht. Die beiden anderen fühlten sich bei der Geste des Angeklagten – rechten Arm mehr oder weniger gestreckt nach vorne gereckt – zwar an den Hitlergruß erinnert. So wie sie ihn im Verhandlungssaal auf Bitte von Richterin Martin nachahmen sollten, blieb jedoch der eine oder andere Zweifel bestehen.

„Für mich hatte das, auch aufgrund der Streitereien im Vorfeld, eindeutigen Charakter“, betonte einer der Zeugen, der Chef des Sicherheitsdienstes.

Plausibel oder nicht?

„Für eine Verurteilung bräuchte man aber eine zweifelsfreie Identifizierung und keine Interpretationen“, machte Christian Veit, der Verteidiger des Angeklagten, deutlich. „Wir müssten uns schon extrem sicher sein. Und wir können nicht jede Armbeugung als Hitlergruß interpretieren.“ Man dürfe den Angeklagten nicht verurteilen, nur weil er anderen Menschen hin und wieder auf die Nerven gehe und von manchen als Querulant bezeichnet werde.

Für Staatsanwältin Simone Decker waren die Zeugenaussagen dagegen „relativ plausibel“. Die Einlassungen des Angeklagten stufte sie dagegen als „unglaubwürdig“ ein. Sie beantragte, den bislang völlig unbescholtenen Rentner zu einer Geldstrafe von 4800 Euro zu verurteilen.

Das wäre der doppelte Betrag dessen gewesen, was im ersten Strafbefehl, den der Rentner angefochten hatte, gestanden hatte.

Logische Konsequenz

Richterin Andrea Martin schloss sich in ihrem Urteil aber dem Plädoyer des Verteidigers an. „Das, was die drei Zeugen ausgesagt haben, reicht mir bei weitem nicht. Die Beweislage ist zu dünn.“ Ein Freispruch sei daher die logische Konsequenz.

Ganz ohne Schelte entließ die Richterin den Rentner jedoch nicht aus der Verhandlung. „Es ist nicht in Ordnung, dass Sie in der Stadt herumlaufen und alle möglichen Leute filmen oder fotografieren, ohne sie um Erlaubnis zu fragen. Kein Wunder, dass sich die Menschen über Sie aufgeregt haben.“

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