Asse gaben sich bei den "Assn" die Ehre
10.6.2020, 09:40 UhrAn diese einstige Hochburg des Bahnradsports erinnert heute nur noch eine unscheinbare, traurige Ruine, die wie ein etwas zu klein geratener Lärmschutzwall den Fußballplatz des ASN Pfeil Nürnberg noch heute umgibt. Unkraut quillt seit rund 50 Jahren aus der maroden Betonpiste. Man kann sich nur schwer vorstellen, dass hier einst viele Rekorde gefahren und viele deutsche Meistertitel vergeben wurden.
Die Spitzenfahrer der 1950er-Jahre schwärmen noch heute von der "Assn", wie man die extrem schnelle 400-Meter-Piste damals liebevoll nannte. Initiator der Bahn in Ziegelstein, der Nürnberger Kaufmann und Radsportenthusiast Hans Heckel, der die fränkischen Radsportvereine und den Vorstand des Sportvereins "ASN-Pfeil" für den Bau einer Radrennbahn rund um dessen Fußballplatz gewinnen konnte. In vielen freiwilligen Arbeitsstunden wurde die Piste 1948 von Mitgliedern des ASN-Pfeil und der fünf Nürnberger Radsportvereine in Eigenregie erbaut. 16 000 Kubikmeter Bauschutt – der ja in den Nachkriegsjahren in Nürnberg reichlich vorhanden war – bildeten den preiswerten Unterbau für die Bahn und die erhöhten Zuschauerränge.
12 000 Fans und Ehrengast Bartali
Unvergessen blieb den fränkischen Radsportfans der 14. Mai 1949, als die neue Bahn feierlich eingeweiht wurde. Bei leichtem Regen harrten 12 000 begeisterte Zuschauer zunächst eine Stunde lang aus, um den Tour-de-France-Sieger Gino Bartali als Ehrengast zu sehen vor dem Eröffnungsrennen der Steher-Asse Walter Lohmann, Gustav Kilian und Karl Kittsteiner.
"Auf der ASN-Bahn waren die Steherrennen zwar sehr rasant, aber auch äußerst gefährlich", erinnerte sich der Herpersdorfer Altmeister Karl Kittsteiner, der 1954 in Ziegelstein schwer gestürzt war. Kittsteiner hatte dabei noch Glück, denn er schleuderte in den Rasen des Innenraumes. Sein Kölner Schrittmacher Heinz Schaaf flog mit der schweren Maschine in die Zuschauer der Nordkurve.
Kittsteiners schlimmer Unfall
Es gab damals mehrere Schwerverletzte. Dieser schlimme Unfall war der Grund, dass danach auf der ASN-Bahn keine Steherrennen mehr stattfanden, doch die Sprinter, die Verfolger und die Mannschaftsfahrer waren hier in ihrem Element. Neben hervorragend besetzten Länderkämpfen gegen Italien, Holland, Frankreich, Polen, die Schweiz oder Dänemark, die stets sehr gut besucht waren, war die Deutsche Bahn-Meisterschaft 1954 ein absoluter Höhepunkt.
10 000 begeisterte Zuschauer jubelten damals, als Fritz Neuser mit seinem Partner Werner Löw den Tandem-Meistertitel nach Herpersdorf holte. Eine weitere Deutsche Meisterschaft im Zweier-Mannschaftfahren über 100 Kilometer fand 1961 statt, die der RV Union zu seinem 75. Jubiläums durchführte. Den Titel erkämpfte sich damals verdient die Kölner Top-Mannschaft Clemens Großimlinghaus/Lothar Clausges.
Neben den erfolgreichen Herpersdorfer Bahnspezialisten Willi Renn, Georg Singer und Willi Fuggerer waren auch die Nürnberger Vereine, wie der RV Union 1886, der RC Schwalbe 1897, der Tourenklub 1912 und der Ring Nürnberger Rennfahrer auf der ASN-Bahn viele Jahre gut vertreten. Die beliebten Mittwochabendrennen, die seinerzeit stets mit einem Zweier-Mannschaftrennen abgeschlossen wurden, begeisterten jede Woche die Radsportfans.
Bis in die späten 1960er-Jahre herrschte auf der ASN-Bahn reger Betrieb, der jedoch zu Ende ging, nachdem 1967 die Rennbahn am Reichelsdorfer Keller modernisiert und renoviert worden war. Als danach auch "am Keller" die Mittwochabendrennen ausgetragen wurden, zogen sich die Radsportler, die beim ASN Pfeil nur ein Gastrecht hatten, endgültig aus Ziegelstein zurück. Alle Bahnveranstaltungen fanden ab 1968 nur noch am Reichelsdorfer Keller statt, was von vielen Fans und Aktiven sehr bedauert wurde.
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