Blindenführhund Evita beherrscht 36 Befehle auf Italienisch
6.2.2014, 08:19 Uhr36 italienische Befehle beherrscht das Tier, das künftig Helga Mertmanns unverzichtbare Assistentin im Mobilitäts-Alltag sein wird. „Deutsch hat zu viele Zischlaute, Italienisch mit seinen zahlreichen Vokalen versteht der Hund besser“, erklärt Jorge Moreno.
Individuelle Einführung
Nach vier Tagen Training bilden die blinde Schwabacherin und der Königspudel schon ein eingespieltes Gespann. So lange waren Mara Frischknecht und Jorge Moreno von der Stiftung Ostschweizerische Blindenführhundeschule nämlich in Schwabach, um aus Evita und Helga Mertmann ein Team zu formen. Denn das ist die letzte Stufe der Blindenführhund-Ausbildung: der Einführungslehrgang. Er soll den Führhund ganz individuell mit den besonderen Aufgaben in der neuen Umgebung vertraut machen.
„Hier gibt es viele abgesenkte Bordsteine, das muss Evita lernen“, sagt Stiftungsgründer Moreno aus Goldach am Südufer des Bodensees zwischen Bregenz und Konstanz. Außerdem soll der Hund seine neue Besitzerin gut kennen lernen.
„Ein besonders toller Hund“
Helga Mertmann hat auf die Schweizer zurückgegriffen, weil dort ihrer Meinung nach „die beste Ausbildung“ geboten wird. „Ich wollte einen besonders tollen Hund“, sagt sie. Der hat allerdings auch seinen Preis. 70000 Schweizer Franken kostet die komplett geschulte Königspudeldame.
Dieser Weg ist lang. Er führt von der Welpenauswahl über die frühe Erziehung bis zur konkreten Führhundeschulung bei Instruktoren wie Mara Frischknecht. Die 27-Jährige hat regelmäßig zwei bis drei Hunde bei sich zu Hause, mit denen sie arbeitet. Sechs bis neun Monate dauert es, bis sie fit für den Einführungslehrgang sind.
Hauptsächlich werden dafür Golden Retriever verwendet. Aber auch Airdale-Terrier und Königspudel eignen sich.
Krankenkasse prüft
„Pudel sind sehr intelligent und gelehrig“, sagt Mara Frischknecht. Die Krankenkasse beteiligt sich an den Kosten für einen Blindenhund mit 24000 Euro. Vor Bewilligung des Geldes müssen Helga Mertmann und Evita allerdings eine „Gespannprüfung“ ablegen. Die Experten der Kasse wollen sehen, ob der Hund seine Aufgaben erledigen kann.
Trotz der aufwändigen Ausbildung: „Es ist und bleibt ein Hund mit entsprechendem Verhalten“, sagt Moreno. Für Begegnungen im Alltag ist deshalb Rücksicht der Passanten gefragt. „Nicht blockieren, nicht füttern, nicht ablenken, den eigenen Hund wegführen“, seien die wichtigsten Verhaltensregeln in der Fußgängerzone oder auf dem Gehweg.
Wenn man das Gefühl habe, der blinde Mensch brauche Hilfe, dann solle man ihn ansprechen. „Da bin ich nicht beleidigt“, sagt Helga Mertmann, die sich durch ihren vierten Blindenhund Lebensqualität und Selbstständigkeit erhält.
Die besten Jahre
Acht bis neun Jahre wird Evita nun im Einsatz sein. Mit etwa zehn Jahren wird die Arbeit zu beschwerlich für das Tier. Reaktionen und Wahrnehmung verlangsamen sich. Die geforderte Sicherheit wäre nicht mehr gegeben. „Das ist wie bei uns Menschen: mit zunehmendem Alter baut man ab“, sagt Moreno.
Dass Evita vorerst ausschließlich Italienisch versteht, ist kein Problem. Helga Mertmann hat die Befehle in der Fremdsprache parat. Nach Morenos Erfahrungen wird sie außerdem schnell zweisprachig sein. Neben „scala“, „avanti“ und „ferma“ werden es vor allem bald zwei deutsche Hauptworte sein, die Evita die Richtung weisen. „Am wichtigsten sind Bäcker und Metzger“, weiß Jorge Moreno.
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