Der Herr über die 64 Felder
31.12.2012, 10:19 UhrWenn die Herausforderungen am größten sind, läuft Jonas Hacker zur Bestform auf. Bei der Bayerischen Junioren-Meisterschaft im Schnellschach war das so. 20 Minuten Bedenkzeit für eine ganze Partie. Kurze Pause, dann wieder ein Wettkampf, wieder 20 Minuten Bedenkzeit Dann zum dritten, zum vierten, zum fünften Mal.
„Das ist einfach intensiveres Schach als ein Liga-Wettkampf“, erklärt der 16-jährige Gymnasiast aus Treuchtlingen. Er behielt die Nerven und die Übersicht, und am Ende konnte sich Jonas Hacker über den Titel freuen.
Training für den Erfolg
Natürlich kommen jetzt wieder die Fragen, ob denn Schach überhaupt Sport sei. Jonas Hacker findet: „Ja“. Denn ähnlich wie die Fußballer und die Handballer, die Tänzer und die Karate-Kämpfer muss der Schachspieler einen großen Aufwand betreiben, um erfolgreich zu sein. Jonas Hacker hat – zumindest bis vor einigen Monaten, als er in die Oberstufe des Treuchtlinger Gymnasiums wechselte – praktisch täglich für mehrere Stunden trainiert.
Sein Vorteil: Er muss sich nicht in Sportklamotten werfen und sich die Lunge aus dem Leib laufen. Bei Schachspielern sehen die Übungseinheiten ein wenig anders aus: Partien bekannter Großmeister nachlesen, kommentierte Videos von berühmten Wettkämpfen anschauen, den Blick für immer neue Stellungen schulen, auf dem Brett bestimmte Muster erkennen.
Spiele mit Erwachsenen
Hacker trainiert meist zu Hause, nur selten mit seinen Mannschaftskameraden von der SG Büchenbach/Roth, mit der er in der Bayernliga spielt, der höchsten Liga in dieser Altersklasse. Schon eher misst er sich mit den Erwachsenen der SG, bei denen auch sein Trainer und Mentor Daniel Häckler die Könige, Damen, Läufer, Springer, Türme und Bauern über die 64 Felder zieht.
„Jonas Hacker ist das größte Talent der SG Büchenbach/Roth in den vergangenen Jahren, vielleicht in den vergangenen Jahrzehnten“, sagt Bruno Nachtrab, der langjährige Vorsitzende der SG und inzwischen Kreisvorsitzender der Schachfreunde. Die Büchenbacher haben früher zwar auch schon einmal einen Bundesliga-Spieler wie Ralf Götz hervorgebracht. Doch Jonas Hacker betreibt seit frühester Kindheit seinen Sport mit einer Akribie, die die Erwachsenen immer wieder staunen lässt.
Schon in jungen Jahren wechselte er vom Weißenburger Schachclub nach Büchenbach, weil die SG in der Region bekannt ist für ihre gute Jugendarbeit. Er setzte sich also regelmäßig in Treuchtlingen in den Zug, stieg in Büchenbach wieder aus und rollte mit seinem Scooter ins Spiellokal. Der zeitliche Aufwand spielte keine Rolle. Jonas Hacker wollte sich einfach mit den Besten messen.
Erfolgreicher Elftklässler
Dabei hängt er seine eigenen Ziele gar nicht so hoch. „Ich mach’ mir keinen Druck, sondern schaue, was kommt“, sagt er. Natürlich möchte er in absehbarer Zeit einmal bei der Deutschen Meisterschaft mitspielen. Doch Priorität hat jetzt erst einmal die Schule. Der Elftklässler gehört zu den Besten seines Jahrgangs, nicht ganz überraschend, wie er selbst findet: „Schach schult das logische, das strukturierte Denken“, sagt Jonas Hacker.
Doch der 16-Jährige ist kein bloßer Bücherwurm. Schon seit vielen Jahren jagt er, zum Ausgleich gewissermaßen, beim VfL Treuchtlingen dem runden Leder hinterher. „Naja“, wehrt er ab, „unterste Liga. Aber Spaß macht es trotzdem.“
Zu kleine Lobby?
Die Begeisterung für Fußball ist das eine, die Begeisterung für Schach, das „königliche Spiel“, ist das andere. Sein Vater Harald zeigte ihm die ersten Züge, inzwischen hat der Junior den Senior um Welten abgehängt. Nicht einmal aus Spaß treten die beiden Hackers heute noch gegeneinander an: „Da hätten wir beide nichts davon“, sagt Jonas.
Dass ihn jetzt die Sportjournalisten der Heimatzeitungen zum zweiten Mal zum „Sportler des Jahres“ nominiert haben, freut den Treuchtlinger. „Alleine das ist für mich ein schöner Erfolg.“ An den Sieg glaubt er aber selbst nicht ganz. „Dafür hat Schach wohl eine zu kleine Lobby bei anderen Sportlern.“
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