Der Umsteiger: vom Zweitwagen aufs Lastenfahrrad

18.9.2018, 10:00 Uhr
Der Umsteiger: vom Zweitwagen aufs Lastenfahrrad

© Foto: Günther Wilhelm

Denn er fährt mit einem Rad zum Einkaufen, das zum Beispiel in Dänemark oder den Niederlanden längst zum normalen Straßenbild gehört, in Deutschland aber noch ein echter Hingucker ist: Seit Juli ist Boris Rembeck Besitzer eines Lastenfahrrads, auch Cargobike genannt.

"Die Idee hatte ich schon länger", erzählt er. "Der Supermarkt, in dem wir meistens einkaufen, ist keine tausend Meter von unserer Wohnung entfernt. Mich hat immer gewurmt, für diese kurze Strecke ein Auto bewegen zu müssen." Mit einem normalen Fahrrad lassen sich zwar kleinere Einkäufe erledigen. Mit Getränkekästen aber wird es schwierig.

Ein Fahrradanhänger wäre noch eine denkbare Variante, "aber ich finde das kein schönes Fahren", sagt Boris Rembeck. Er hatte eine andere Vorstellung, und die hat er wahrgemacht.

"Das habe ich mir gegönnt"

Schon im November vergangenen Jahres hat er sich mit seinem Fahrradhändler beraten und bei einem dänischen Hersteller sein Wunschgefährt zusammengestellt. Wie man beim Autokauf seinen Traumwagen konfigurieren kann, so hat er besonderen Wert auf einige Komponenten gelegt: "Wir haben noch bessere Bremsen und eine andere Gangschaltung eingebaut."

4100 Euro hat er für sein Lastenfahrrad auf den Tisch gelegt. Seit Anfang März zahlt die Bundesregierung einen Zuschuss für solche Räder. Das ist eines der Ergebnisse des "Dieselgipfels" von 2017. Aber: In den Genuss einer Förderung kommen erstens nur große Cargobikes und zweitens nur dann, wenn sie gewerblich genutzt werden und nicht nur privat.

Zudem haben manche Städte eigene Förderprogramme. So legen München und Regensburg 1000 Euro drauf. Boris Rembeck hat deshalb auch bei der Stadt Schwabach nachgefragt. Doch vor Ort ist eine solche Förderung (noch) kein Thema.

So blieb es bei den durchaus beträchtlichen 4100 Euro. "Das habe ich mir gegönnt", sagt er und schmunzelt. "Klar ist das im Moment teuer. Aber wenn die Lastenfährräder populärer werden, dann reguliert sich auch der Preis."

Und vor allem: "Der Kauf war ja noch mit einer zweiten Idee verbunden", fährt Rembeck fort. "Ich werde mein Auto verkaufen." Das sei auch kein großer Verzicht. "Bisher hatten meine Frau und ich zwei Autos. Natürlich wollen auch wir eines behalten. Aber ich bin in der glücklichen Situation, zu Fuß oder mit dem Rad in die Arbeit zu kommen. Wir brauchen einfach keine zwei Autos." Deshalb spart er sich das Geld und steigt um. Und nicht nur zum Einkaufen. "Auch für eine kleine Radtour mit etwas Gepäck ist das Rad gut geeignet", sagt Rembeck.

Von hinten sieht das Lastenfahrrad noch ganz normal aus. Es hat eine Lenkerbreite von 47 Zentimetern. "Deshalb sind manche Autofahrer überrascht, wenn sie mich überholen." Dann nämlich werden die imposanten 2,43 Meter Länge unübersehbar.

"Da will ich strampeln"

71 Zentimeter lang ist alleine der Stauraum, der locker Platz für mindestens zwei Getränkekästen bietet. "Ich hab’ auch schon vier befördert", sagt Rembeck. Der stabile Alurahmen ist auf 180 Kilogramm ausgelegt. Genug für einen Wocheneinkauf. Das Rad selbst ist über 20 Kilogramm schwer.

Ein gemütlicher Ausflug ist so eine Einkaufsfahrt also nicht. Wieso er sich diese Anstrengung antut? Boris Rembeck aber winkt ab. "Man braucht schon ein bisschen Kraft, aber auch nicht übermäßig." Ob es Lastenfahrräder nicht auch als E-Bike gibt? "Schon", antwortet er und muss über die Frage lachen. Denn ihm genügt seine Elf-Gang-Nabenschaltung völlig. "Es ist ein Fahrrad: Da will ich strampeln!"

Dazu müsse man auch keine Sportskanone sein. "Ich bin einfach ein begeisterter Radfahrer", erzählt er. Die Kraft ist auch nicht die einzige Herausforderung. Um die andere zu verstehen, empfiehlt er den Selbstversuch. "Fahren Sie doch ein paar Meter", schlägt er im Pressegespräch plötzlich vor. Es werden tatsächlich nur einige wenige.

Da das Vorderrad so weit entfernt ist, ist es über eine Stange mit dem Lenker verbunden und reagiert nur mit leichter Verzögerung. Das ist derart ungewohnt, dass man vor allem bei niedrigem Tempo Mühe hat, das Gleichgewicht zu halten.

"Trainingssache"

"Alles Trainingssache", versichert Rembeck angesichts des ungelenken Fahrversuchs. "Das Rad hat einfach diese lange Schnauze. Man muss etwas früher einlenken." Im Straßenverkehr ist er deshalb entsprechend vorsichtig. "Wenn möglich, nehme ich schon eher nicht so befahrene Nebenstraßen, weil ich weiß, dass ich Platz brauche. Aber ich komme überall hin."

Im Sommer mag das gelten, aber was ist bei Regen, Kälte und Glätte? "Es gibt passende Radkleidung. Ich habe den Anspruch, so lange mit dem Transportrad zu fahren, wie es die Straßenverhältnisse zulassen."

"Vielleicht kleiner Anreiz"

Dann wird er vermutlich noch mehr auffallen als ohnehin schon. "Ich bin bereits einige Male angesprochen worden. Auf den ersten Blick wirkt das hierzulande noch exotisch. Vielleicht liefere ich ja einen kleinen Anreiz", sagt Boris Rembeck, betont aber sofort: "Ich will kein Missionar sein."

Und wenn, wäre er offenbar kein besonders guter. Nicht einmal seine Frau Andrea kann er überzeugen, auf dem Transporter in die Pedale zu treten. "Die sagt: Das ist Dein Spielzeug."

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