Ein Neuer für den Club
30.8.2011, 10:00 UhrHerr Rößler, wie wird man Marketing-Leiter beim Club?
Rößler: Sport-Direktor Martin Bader hat mich angerufen und mich gefragt, ob ich mir das vorstellen kann. Wir kennen uns seit gemeinsamen Studientagen in Bayreuth. Und da habe ich gesagt: Ja klar.
Ein Traumjob, bei dem man nicht lange überlegen muss?
Rößler: Ich musste wirklich nicht lange überlegen. Als Franke gibt es im Fußball doch nichts anderes als den Club.
Bei Ihrem Nachbarn in Fürth wird man das nicht gerne hören.
Rößler: Nichts gegen die Spielvereinigung. Da wird seit Jahren sehr professionelle Arbeit geleistet. Aber zum Club habe ich eine besonders emotionale Bindung.
Sie standen als Junge mit Fahne und Schal im Fanblock?
Rößler: Ich war eher ein ruhiger Fan.
Und in Ihrer Jugend waren Sie auch kein Fußballer, sondern ein sehr erfolgreicher Faustballer, an den sich viele, die sich in Schwabach für Sport interessieren, noch gerne erinnern.
Rößler: Schon mit 16 habe ich beim TV 1848 in der zweiten Bundesliga gespielt. Dann wurde ich Jugendnationalspieler und bin später zum TSV Roth gewechselt, mit dem ich in die erste Bundesliga aufgestiegen bin. Das war eine schöne Zeit.
Haben Sie heute noch Kontakt zum TV 1848?
Rößler: Ich bin immer noch Mitglied und werde das auch bleiben. Das ist für mich eine Frage der Ehre. Und so einmal im Jahr helfe ich auch in der Bezirksliga-Mannschaft noch aus. Faustballspielen verlernt man nicht. Aber wenn man nicht mehr so trainiert ist, kann man sich nach dem Spiel kaum mehr bewegen.
Sie sind in Schwabach aufgewachsen, haben am Adam-Kraft-Gymnasium Abitur gemacht und dann in Bayreuth und Kopenhagen Diplom-Sport-Ökonomie studiert. Das war ein damals neuer Studiengang und deshalb auch ein gewisses Wagnis, weil es noch kein konkretes Berufsbild gab.
Rößler: Mich hat diese Kombination von Sport und Wirtschaft, das sportliche Umfeld gereizt. Erste Erfahrungen habe ich als Praktikant beim TV 1848 gesammelt. Beim Auslandsstudium in Kopenhagen habe ich ein weiteres Praktikum bei einer Agentur gemacht, die das dänische Olympia-Team vermarktet und zum Beispiel Handball-Länderspiele organisiert hat. Da hat sich für mich bestätigt: Das ist genau das, was ich machen will.
Nach dem Studium sind Sie Marketing-Leiter bei den Nürnberg Ice Tigers geworden. Ein bemerkenswerter Job für einen Berufseinstieg.
Rößler: Das war ja damals alles noch sehr überschaubar. Das war absolute Aufbauarbeit in der Deutschen Eishockey-Liga. Nach zwei Jahren bin ich Geschäftsführer geworden. Ich habe schon in jungen Jahren sehr viel erleben dürfen.
Welche besonderen Erinnerungen verbinden sich mit den Ice Tigers?
Rößler: 1999 sind wir Deutscher Vizemeister geworden. Es gab einen Empfang am Hauptmarkt, eine Riesenfeier. Erstmals hat Eishockey in Nürnberg einen solchen Schub bekommen. Und die Stimmung im Lindestadion war, auch wenn das Stadion alt war, einfach unglaublich. Besonders gerne erinnere ich mich auch an den Sieg bei Dynamo Moskau in der Europaliga. Die Ice Tigers waren eine ganz, ganz interessante Zeit. Aber nach sieben Jahren kam das Gefühl: Jetzt musst du etwas anderes machen.
Dann ging es zurück nach Schwabach und in den Motorsport.
Rößler: Ich bin als Marketing-Leiter zu IKmedia gewechselt. Das ist eine in Schwabach ansässige Agentur, die gleichzeitig die ausgelagerte Motorsportabteilung von Seat Deutschland ist. Deshalb war ich für das Marketing der Rennserie „Seat Leon Super Copa“ verantwortlich, die parallel zur Deutschen Tourenwagenmeisterschaft DTM läuft. Das ist wie eine Vorgruppe bei einem Konzert. Da war ich von April bis Oktober mit den Rennen on Tour. Eine schöne Zeit.
Bei der man sicher auch bekannte Fahrer kennengelernt hat.
Rößler: Der bekannteste ist natürlich Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel. Den habe ich als ganz jungen Fahrer erlebt. Das ist einer der anständigsten Menschen, die ich kenne. Hut ab. Und eine ganz nette Geschichte am Rande: Bei einem Fußball-Turnier hat er mir mal seine Turnschuhe geliehen. Die hätte ich behalten sollen, die wären jetzt viel wert.
Vom Eishockey über den Motorsport zum Fußball. Was ist der größte Unterschied unter Marketing-Gesichtspunkten?
Rößler: Bei den Rennen ist die Marke selbst der Hauptsponsor. Die DTM ist ein Marketinginstrument der Autohersteller, die sich sportlich positionieren wollen. Fußball ist für viele Sponsoren aus ganz unterschiedlichen Branchen so interessant, weil er enorme Breitenwirkung hat. Fußball vermittelt Emotionen.
Früher haben die Vereine vor allem von den Eintrittsgeldern gelebt. Heute geht es auch um Fernsehgelder und Sponsoren. Wie wichtig sind sie?
Rößler: Ich möchte keine Zahlen nennen. Aber sie sind eine ganz, ganz wichtige Einnahmequelle.
Deshalb werden Sponsoren von den Bundesligisten entsprechend hofiert: Zum Beispiel mit VIP-Logen. Wie schwierig ist es, diese ja sehr teuren Tickets zu verkaufen?
Rößler: Die Nachfrage ist sehr groß. Die Firmen laden gerne Geschäftspartner zu einem Spiel ein. Das ist attraktiv.
Wie viele andere Bundesligisten auch, hat der Club die Vermarktungsrechte an eine Agentur vergeben. Welche Rolle spielen dann Sie?
Rößler: Ich arbeite mit „Sportfive“ eng zusammen. Da gibt es keine Probleme. „Sportfive“ macht das auch sehr gut. Durch meine regionalen Kontakte aus der Zeit bei den Ice Tigers und meine Verbindungen in die Autobranche versuche ich, die Vermarktung weiter zu optimieren. Die Club-Führung wollte einen direkten Ansprechpartner für Sponsoren im Verein.
Wie hat man sich das konkret vorzustellen: Was machen Sie zum Beispiel bei einem Heimspiel?
Rößler: Ich unterhalte mich mit den Sponsoren. Über ihre Wünsche, über mögliche neue Promotion-Ideen. Gute Kontaktpflege ist wichtig.
Und unter der Woche ist es entspannter?
Rößler: Ich habe eine Sechs-Tage-Woche und arbeite zur Zeit so etwa von 9 bis 9 Uhr abends. Diesen Einsatz muss man mögen.
Was sagt der Marketing-Experte: Ist der Club eine gute „Marke“?
Rößler: Der Club hat eine große Tradition. Das ist eine sehr gute Grundlage. In den vergangenen Jahren ist der Club wieder auf einem sehr guten Weg. Und: Nur der Club ist der Club. Er ist der einzige Fußballverein in Deutschland, der schlicht „der Club“ heißt und jeder weiß, wer gemeint ist. Das bedeutet schon was.
Aber der Fußball-Volksmund weiß doch auch: Der Club is a Depp.
Rößler: Das ist doch nicht böse gemeint, das sagen ja die Clubfans selbst.
Hat der Fußball durch die enorme Kommerzialisierung seinen Charakter verändert?
Rößler: Nein, das Gros sind und bleiben die Fans.
Sponsoren werden umworben. Aber was tut der Club für die vielen normalen Anhänger, die ja erst für die Stimmung und die Emotion sorgen?
Rößler: Wir möchten die „Fan-Bindung“ weiter verbessern. Der Club hat derzeit rund 10300 Mitglieder. Dimensionen von über 100000 wie bei den Bayern oder Schalke sind sehr weit weg. Aber auch der VfB Stuttgart zum Beispiel hat über 40000 Mitglieder. Wir wollen unsere Mitgliederzahl deshalb verdoppeln. Demnächst läuft eine Kampagne an, auch mit Radiospots und Zeitungsinseraten. Wir bieten den Mitgliedern zum Beispiel Vorkaufsrechte bei den Tickets und Vergünstigungen bei den Fan-Artikeln.
Es geht nicht um mehr Einnahmen durch mehr Mitgliedsbeiträge?
Rößler: Nein. Unser Ziel ist, dass die Fans sagen: Es ist eine Ehre, in diesem Verein zu sein. Deshalb wollen wir auch einen „Kids-Club“ aufbauen mit speziellen Angeboten für junge Fans. Wir denken da zum Beispiel an Erlebnisse wie Fahrten zu Auswärtsspielen. Wer früh Clubfan wird, der bleibt es ein Leben lang.
Welchen Kontakt haben Sie zu Trainer Dieter Hecking und der Profi-Mannschaft?
Rößler: Man sieht sich natürlich, aber ich habe keine direkten Berührungspunkte.
Doch als Marketing-Mann sind Sie von den Erfolgen in der Bundesliga oder wie 2007 im Pokal entscheidend abhängig.
Rößler: Kein Sponsor steigt gerne ab. Aber unser Ziel ist es ja auch, uns mittelfristig in der Bundesliga zu etablieren. Wir haben nicht die Mittel, um mit Bayern oder Dortmund zu konkurrieren. Wir suchen unsere Nische mit jungen Spielern, die von unseren erfahrenen Profis viel lernen können. Deshalb baut der Club auch ein neues Leistungszentrum für den Nachwuchs. Genauso wichtig wie der Erfolg ist aber das Auftreten: Wenn man spürt, dass die Mannschaft bis zum Umfallen kämpft, dann wird auch eine Niederlage akzeptiert. Von den Fans und auch von Sponsoren.
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