Kosten explodieren: Der Ärger mit dem Erdaushub

7.3.2018, 13:00 Uhr
Kosten explodieren: Der Ärger mit dem Erdaushub

© Archivfoto: Mark Johnston

Zum Beispiel Rednitzhembach. Als die Gemeinde vor einigen Jahren für die Firma Omega Sorg ihr neues Gewerbegebiet erschloss, musste erst einmal gegraben werden. Ver- und Entsorgungsleitungen liegen schließlich unter der Erde. Und auch der Straßenbau heißt ja nicht umsonst "Tiefbau". Das ausgehobene Bodenmaterial wurde untersucht, und Experten fanden heraus, dass die Belastung mit Cadmium vergleichsweise hoch ist.

Der Boden war allerdings nicht verunreinigt worden. Das Cadmium hatte vielmehr schon immer unter der Erde geschlummert. Es war "geogen" vorhanden, wie die Experten sagen. Das Material konnte aber nicht mehr wiederverwendet werden und musste zu einer Deponie gebracht werden. Die Kosten für die Erschließung trieb das um zehntausende von Euro nach oben.

Kosten versechsfacht

Jeder Bürgermeister im Landkreis Roth könnte eine ähnliche Geschichte erzählen. Leidtragende sind aber nicht nur Gemeinden, sondern oft auch ganz normale Häuslebauer. Wo früher das Erdaushubmaterial vom Bauunternehmer an anderer Stelle ohne großes Aufheben wiederverwertet wurde, muss es heutzutage nicht selten auf die Deponie. Die Kosten für einen Kelleraushub haben sich in einigen Fällen seither mehr als versechsfacht: von vielleicht 6000 auf knapp 40 000 Euro.

Wer die Gründe dafür suchen will, der muss 20 Jahre in die Vergangenheit reisen. In den 1990er Jahren wurde das Kreislaufwirtschaftsgesetz, das zentrale Bundesgesetz des deutschen Abfallrechts, auf den Weg gebracht. Das bezieht sich nicht nur auf Dinge wie Altpapier, Glasflaschen und Restmüll, sondern auch auf Bodenaushub. Und darin sieht vor allem die Lokalpolitik einen Systemfehler. Denn: Sobald auch völlig unbelastetes Bodenaushubmaterial von einer Baustelle weggefahren wird, wird es laut Kreislaufwirtschaftsgesetz als "Abfall" deklariert. Und Abfall zu entsorgen ist teuer.

"Wir schauen genauer hin"

Die Frage ist, warum sich das Problem erst in den vergangenen Jahren zugespitzt hat, wo das besagte Gesetz doch schon 20 Jahre auf dem Buckel hat. "Weil wir inzwischen genauer hinschauen", erklärte Ralf Beck vom Landesamt für Umwelt. "Die Sensibilisierung ist einfach größer als früher."

Die Mitglieder des Kreisausschusses konnte er damit nicht überzeugen. "Ich habe das Gefühl, das ist das Machwerk von Lobbyverbänden, das ist eine Gelddruckmaschine für Lobbyisten", echauffierte sich Walter Schnell (Freie Wähler).

Doch welche Lobbygruppen sollten ein Interesse haben? Die Labore, die mit der Untersuchung von Bodenproben bestimmt gutes Geld verdienen? Die Bauwirtschaft oder die Deponiebetreiber?

Selbst Getriebene

Die sehen sich selbst als Getriebene, wie Michael Kreichauf (CSU) im Kreisausschuss schilderte. Kreichauf ist nicht nur Kreisrat, sondern auch Bauunternehmer und Inhaber mehrerer Erdaushub- und Bauschuttdeponien. "Wir verlangen das Geld für die Ablagerung doch nicht aus Lust und Laune", erklärte er. Auch für ihn würden immer höhere Anforderungen gelten. "Und: Kein Deponiebetreiber nimmt gerne Material an, das er nicht kennt und das nicht untersucht ist. Im Zweifelsfall haftet nämlich er für Umweltschäden." Kreichauf: "Das ist nicht vergnügungssteuerpflichtig."

Doch drohen überhaupt Umweltschäden bei Erdaushubmaterial, das Millionen von Jahren im Boden geschlummert hat und auf dem nach wie vor beste Nahrungsmittel bedenkenlos angebaut werden könnten? "Nein", meint die Kommunalpolitik. "Vielleicht", sagen die Fachleute vom LfU. "Wenn bestimmte Stoffe, die bisher im Boden geschlummert haben, mit Sauerstoff in Berührung kommen, dann können sie anders reagieren", verdeutlichte Uwe Geuß vom LfU das Dilemma.

Am besten vermeiden

Geuß betonte, dass Aushubmaterial ja nicht zwangsläufig auf der Deponie landen müsse. "Erst vermeiden oder verwerten, dann erst entsorgen", appellierte der Fachmann. Und: Es gebe ja durchaus Möglichkeiten, übermäßigen Erdaushub zu vermeiden. "Höhere Gebäude statt Flächenfraß", sagte er. Oder "Verzicht auf Keller." Oder: "Die Suche nach alternativen Flächen für neue Wohnbaugebiete."

Gerade bei letzterem Punkt rauften sich aber viele Kreisräte die Haare. "Das geht an der Lebenswirklichkeit vorbei", fasste Landrat Herbert Eckstein zusammen. "Was gemacht werden kann, das machen wir", beteuerte Kreisrat Markus Mahl (SPD). "Aber vieles von dem, was Sie uns hier erzählen, ist in der Praxis einfach nicht umsetzbar.". Ein Beispiel: "Neue Flächen für Baugebiete werden doch nicht nach der Qualität des Bodens ausgesucht. "Für uns ist es elementar, an welcher Stelle ein Ort sinnvoll entwickelt werden kann und welche Flächen wir überhaupt erwerben können", so Mahl.

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