Start für vier neue Abgeordnete

Los geht's: Drei Rother und ein Schwabacher im Bundestag

Claudia Weinig und Günther Wilhelm

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26.10.2021, 14:55 Uhr
Vom Rother Rathaus in den Bundestag, vom Bürgermeister zum Abgeordneten: Ralph Edelhäußer.

© privat Vom Rother Rathaus in den Bundestag, vom Bürgermeister zum Abgeordneten: Ralph Edelhäußer.

Schwabach wird künftig nicht nur von Michael Frieser (CSU) vertreten, sondern auch von Sascha Müller von den Grünen. Für den Landkreis Roth zuständig sind Ralph Edelhäußer (CSU), der Gewinner des Direktmandats, sowie Jan Plobner (SPD) und Kristine Lütke (FDP). Ein Stimmungsbild:

Ralph Edelhäußer (CSU)

Es ist (fast) schon ein typischer Montagmorgen für den CSU-MdB-Neuling Ralph Edelhäußer. Er, der zur Arbeit ins Rother Rathaus geradelt ist, sitzt jetzt in schöner Regelmäßigkeit im Zug statt im Radsattel. „Pendeln hin und zurück nach Berlin. Auch mal nur für einen Tag. Das geht schon ganz gut,“ meint der 48-Jährige. Vom Zug dann hinein ins Bundestags-„Taxi“ (sprich: Fahrbereitschaft) und ab zur neuen Wirkungsstätte. Diese hat inzwischen auch schon eine Adresse: „Unter den Linden 71“, besteht aus einem 3-Raum-Büro, einem „Überbleibsel“ einer CSU-Arbeitsgruppe „Digitales“, die mittlerweile ausgezogen ist. „Mit Blick auf die russische Botschaft und ums Eck sind die amerikanische und die englische Botschaft“, lokalisiert der Rother CSU-Abgeordnete die Lage seines Büros. Mit unverkennbarer Begeisterung ob der Aussicht auf Bundestag und Brandenburger Tor.

Vieles Hilfreiche in der aktuellen „Findungsphase“ der Bundestagsdebütanten scheint per Mundpropaganda zu laufen. „Locals“ nehmen die „Greenhorns“ an die Hand. Mit Tipps, Ratschlägen, Empfehlungen. So beispielsweise kam der Rother Ex-Bürgermeister auch zu seinen beiden neuen Berliner Mitarbeiterinnen Petra Thümer – sie wird das Büro leiten - und Nina Kraus, Edelhäußers künftige wissenschaftliche „rechte Hand“. Die eine war lange Jahre Büroleiterin der ehemaligen Nürnberger CSU-Abgeordneten (und heutigen „Höhle-der-Löwen-Jurorin) Dagmar Wöhrl. Die andere wechselte auf einen Hinweis hin von einem CSU-Abgeordneten zu Edelhäußer, weil sie hier auf eigenen Wunsch hin mehr Stunden arbeiten kann als bisher.

Auch fürs Rother Bürgerbüro hat der Ex-Rathauschef mit der Rothauracherin Cornelia Braun bereits eine Teamplayerin in Sachen „Bundestagsarbeit“ gefunden. Apropos „Bundestag“. „Momentan bin ich noch mehr mit organisatorischen Dingen als mit politischer Arbeit beschäftigt“, gibt Edelhäußer unumwunden zu. „Büromöbel habe ich beispielsweise noch keine.“ Doch: die Arbeit kommt. „Spätestens wenn bekannt ist, wie die Ausschüsse besetzt sind“, erklärt er. Der Verteidigungs- und der Sportausschuss und dann „vielleicht noch irgendwas mit Wirtschaft“ – dort würde Edelhäußer gerne (s)einen Platz finden.

Dennoch: „So faszinierend ich das alles finde. Manchmal muss ich mich schon kneifen, um mir klar zu machen, dass ich es tatsächlich nach Berlin geschafft habe – ich habe auch einen Heidenrespekt vor der Arbeit.“ Denn: „Jetzt bin ich dabei, wenn Fakten geschaffen werden, von denen ich früher immer nur aus der Tagesschau erfahren habe. Und jetzt werde ich mitten im Bundestag sitzen, statt zuzuschauen, was beschlossen wird. Also, das ist schon echt eine ganz eigene Nummer“, meint der Neu-Bundespolitiker, der im vor-politischen Leben Banker war und sich auf ein Leben „aus dem Koffer“ einrichtet. Büro in Berlin: ja. Wohnung: „nein“. „Da tut`s auch ein Hotel“. Denn wie gesagt: Das Zugpendeln funktioniert ja auch ganz gut.

Jan Plobner (SPD)

Jan Plobner (SPD) aus Altdorf vertritt im Bundestag auch den Landkreis Roth.

Jan Plobner (SPD) aus Altdorf vertritt im Bundestag auch den Landkreis Roth. © SPD

Ob er Olaf Scholz schon gesprochen hat? Jan Plobner muss schmunzeln: "Nur ganz kurz am Rande einer Fraktionssitzung. Sein Terminkalender ist ja noch etwas voller als meiner." Doch auch der neue Bundestagsabgeordnete aus Altdorf hat einen eng getakteten Tag. Das Telefon mit unserer Zeitung führt er am Montagnachmittag kurz vor der Fraktionssitzung. "Die Stimmung in der SPD ist natürlich gut. Auch ich bin voller Vorfreude, die Politik mitgestalten zu können, für die ich gewählt worden bin."

Aber geht das mit der FDP überhaupt? "Das Sondierungspapier ist gut. Da stehen wichtige Punkte wie der Mindestlohn und stabile Renten drin", sagt Plobner. Was er von den Ampel-Verhandlungen überhaupt mitbekommt angesichts des vereinbarten Schweigens? "Die Fraktion wird mit Briefings auf dem Laufenden gehalten. Wir fühlen uns gut eingebunden."

Räumlich eingebunden sind er und seine Mitarbeiter in einem Eineinhalb-Zimmer-Büro als Provisorium. "Es ist etwas beengt, aber wir sind arbeitsfähig", will Plobner nicht klagen. Eine Wohnung hat er noch nicht. "Aber das hat noch keine Priorität. Wichtig ist, dass mit der konstituierenden Sitzung die Arbeit richtig beginnen kann."

Kristine Lütke (FDP)

Neu für die FDP und den Wahlkreis Roth im Bundestag: Kristine Lütke.  

Neu für die FDP und den Wahlkreis Roth im Bundestag: Kristine Lütke.   © Philipp Bauer, NNZ

Noch ist alles ein wenig improvisiert. Ihre Berliner Wohnung bezieht sie erst im November, noch wohnt sie im Hotel. Und wegen der Rekordzahl von 736 Abgeordneten hat noch nicht jeder der Neuen ein eigenes Büro. "Ich bin noch mit im Büro der Kollegin Katja Hessel und ziehe in ein paar Tagen in ein Übergangsbüro", erzählt Kristine Lütke von der FDP. Die 39-Jährige aus Lauf ist über die Liste in den Bundestag gewählt worden.

"Das ist schon spannend und auch berührend. Schließlich ist der Bundestag die Herzkammer der Demokratie", sagt sie bei einem Telefonat am Montagvormittag mit Blick auf die konstituierende Sitzung des Bundestages am Dienstag. Wichtigster Tagesordnungspunkt ist die Wahl des oder der neuen Bundestagspräsidenten, dem formal zweithöchsten Staatsamt der Bundesrepublik. Ob sie die SPD-Kandidatin Bärbel Bas wählt? "Dazu will ich noch keine Aussage machen. Das beraten wir erst am Nachmittag in der Fraktionssitzung", erklärt Kristine Lütke.

In Bezug auf die Koalitionsverhandlungen zeigt sie sich optimistisch. "Aber es ist noch ein langer Weg", betont sie gleichzeitig. Selbst sie als Abgeordnete hat von den Ampel-Gesprächen "noch nicht allzu viel erfahren", erklärt sie. "Vertraulichkeit wird großgeschrieben." Klar sei: "Für Kompromisse muss jeder nachgeben."

Ein weiterer interessanter Termin ist für Mittwoch geplant. Dann trifft sie sich mit ihren Kollegen Ralph Edelhäußer und Jan Plobner auf eine Tasse Kaffee. "Wir wollen besprechen, wie wir für den Wahlkreis zusammenarbeiten können. Eine Agenda habe ich für das Gespräch nicht, aber es wird sicher auch um das ICE-Werk und die Tennet-Leitung gehen."

Sascha Müller (Grüne)

Selfie vor der neuen Arbeitsstätte: Sascha Müller (Grüne).   

Selfie vor der neuen Arbeitsstätte: Sascha Müller (Grüne).    © Sascha Müller

Wie er sich fühlt in seiner neuen Rolle im "hohen Haus"? "Für romantische Gefühle hatte ich bisher noch keine Zeit", sagt Sascha Müller. "Aber bei der konstituierenden Sitzung kommt wohl der Moment, dass man spürt: Jetzt beginnt was Neues. Ich sehe das mit freudiger Erwartung und ganz viel Demut."

Müller wohnt in Nürnberg, ist aber Mitglied der Schwabacher Grünen. In Schwabach wird er sich das lokale Abgeordnetenbüro mit der Landtagsabgeordneten Sabine Weigand teilen. In Berlin gehört er zu den glücklichen Neuen, die bereits über ein eigenes Büro verfügen. Selbstverständlich ist das bei der Rekordzahl von 736 Abgeordneten nicht. Mit der Wohnungssuche ist er noch nicht so weit. Im Moment übernachtet er deshalb im Hotel.

Bei der ersten Sitzung wird der neue Bundestag eine neue Präsidentin oder einen Präsidenten wählen. Sascha Müller will die SPD-Kandidatin Bärbel Bas unterstützen: "Es ist gute Tradition, dass die stärkste Fraktion dieses Amt übernimmt."

Den Koalitionsverhandlungen sehe er "sehr hoffnungsfroh" entgegen. Dass sich das Sondierungspapier wie ein FDP-Erfolg lese, das sehe er nicht so: "Das Sondierungsergebnis wurde in der Fraktion sehr begrüßt", betont Müller. "Ich bin zwar ein großer Verfechter von Transparenz. Zugleich halte ich es für eine große Errungenschaft, dass die Verhandlungen so vertraulich laufen. Die schafft das nötige Vertrauen."

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