Trend im Handwerk

Mittelfranken-Süd: Deutlich mehr Azubis als im Vorjahr

31.8.2021, 06:04 Uhr
Handanleger dringend gesucht. Im Bereich der Kreishandwerkerschaft steigt in diesem Jahr die Zahl der neuen Azubis auf über 300. Das reicht aber nicht, um langfristig die Vielfalt von über 3700 Firmen und Einzelunternehmen zu sichern. Viele Betriebe in der Region haben noch freie Ausbildungsstellen.

© Sebastian Kahnert, NN Handanleger dringend gesucht. Im Bereich der Kreishandwerkerschaft steigt in diesem Jahr die Zahl der neuen Azubis auf über 300. Das reicht aber nicht, um langfristig die Vielfalt von über 3700 Firmen und Einzelunternehmen zu sichern. Viele Betriebe in der Region haben noch freie Ausbildungsstellen.

Horst Humpenöder, der stellvertretende Kreishandwerksmeister, freut sich darüber. Er verwendet aber einen zusätzlichen Begriff. „Die Entwicklung ist schön, aber sie ist trotzdem ausbaufähig.“ Denn: Auf Dauer wird es nicht gelingen, mit 300 Lehrlingen pro Jahr die 3718 Handwerksbetriebe, die zur Kreishandwerkerschaft Mittelfranken Süd gehören, am Leben zu erhalten.

Klar, darunter sind auch viele Einzelunternehmer und Kleinstfirmen, die nicht ausbilden wollen oder gar nicht ausbilden können. „Aber wenn nicht mehr junge Leute in die handwerklichen Berufe drängen, dann wird vieles, was für uns heute noch selbstverständlich ist, in absehbarer Zeit nicht mehr möglich sein“, so Humpenöder.

Händeringende Suche

Vor allem die Nahrungsmittel verarbeitenden Betriebe, also die Metzger- und Bäcker-Innungen, hätten große Probleme, Nachwuchs zu finden, weiß Angelika Konopik, in der Schwabacher Geschäftsstelle der Kreishandwerkerschaft zuständig unter anderem für das Lehrlings- und Prüfungswesen. „Die suchen wirklich händeringend.“ Beim Bäcker schrecken aber viele die Arbeitszeiten, die Metzger haben ein Imageproblem. „Dabei will jeder am Morgen seine frischen Brötchen und am Sonntag sein Schnitzel auf dem Tisch haben“, wirbt der stellvertretende Kreishandwerksmeister Humpenöder.Horst Humpenöder.

Trotzdem will er nicht nur jammern. Es gebe von Innung zu Innung Unterschiede. Doch ein Plus von über 20 Prozent innerhalb eines Jahres unter dem Strich sei nicht schlecht, wenn man sich die Rahmenbedingungen anschaue. Schließlich sei es aufgrund von Corona schwierig bis unmöglich gewesen, in Kontakt zu den jungen Leuten zu treten. „Außerdem verlassen derzeit die geburtenschwachen Jahrgänge die Haupt- und Mittelschulen“, sagt Humpenöder.

Immer noch goldener Boden

Dass das Handwerk nach wie vor „goldenen Boden“ hat, wie ein früherer Werbespruch versprochen hat, gelte immer noch, so der stellvertretende Kreishandwerksmeister. Die Arbeitsplätze seien sicher, die Bezahlung sei nicht schlecht. Auf dem Arbeitsmarkt brauche man eben trotz fortschreitender Automatisierung „nicht nur Häuptlinge, sondern auch Indianer“, betont Humpenöder. Er meint das gar nicht abwertend. „Das Handwerk ist doch das Rückgrat unserer Wirtschaft.“ Das machen einige Zahlen deutlich. Die 3718 heimischen Handwerksbetriebe beschäftigten 2019 etwa 23.000 Personen und erzielten einen Umsatz von knapp zwei Milliarden Euro.

Aber: Das Handwerk konkurriert ja nicht nur mit den weiterführenden Schulen und den Universitäten und den „Büroberufen“. Es konkurriert auch mit der Industrie. „Ja“, räumt Humpenöder ein, dort hätten Azubis ihre Arbeitsplätze immer an Ort und Stelle, sie seien meist unter Dach und würden in größeren Firmen wie Ribe, Niehoff (Schwabach) oder Leoni (Roth) auch gut ausgestattete und betreute Lehrlingswerkstätten vorfinden. „Doch das machen wir zumindest zum Teil in unseren Berufsschulen und durch überbetriebliche Ausbildungen wett“, findet der stellvertretende Kreishandwerksmeister.

Nord-Süd-Gefälle

Die 302 jungen Frauen und Männer, die am Mittwoch, 1. September, im heimischen Handwerk in ihr Arbeitsleben starten, teilen sich auf elf Innungen auf: Bau-Innung Schwabach-Roth-Hilpoltstein, Bau-Innung Weißenburg-Gunzenhausen, Bäcker-Innung, Innung für Elektro- und Informationstechnik, Innung für Farbtechnik und Gestaltung, Friseur-Innung, Metallbauer-Innung, Metzger-Innung, Innung für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik, Schreiner-Innung und Zimmerer-Innung.

Bei den Ausbildungszahlen gibt es ein deutliches Nord-Süd-Gefälle: In Schwabach steigt die Zahl der Azubis um 53 Prozent (von 30 auf 46), im Landkreis Roth um 39 Prozent (von 115 auf 160). Im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen gibt es dagegen ein Minus von fünf Prozent: von 101 auf 96. „Woran das liegt, kann ich nicht sagen“, so Humpenöder.

Wichtiger Berufeparcours

Wohl kann er aber sagen, wie das Handwerk weiter für sich werben will. „Unsere wichtigste Plattform ist der Berufeparcours an der Rother Anton-Seitz-Schule.“ Dort würden binnen weniger Tage alle Achtklässler aus den Schulämtern Schwabach und Roth durchgeschleust. Der Markt musste coronabedingt zuletzt abgesagt werden. Humpenöder: „Aber was zuletzt nicht war, wird ja wieder werden.“

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