Neue Moschee mit würdevollem Gebetsraum
28.11.2010, 13:55 UhrAls Oberbürgermeister Matthias Thürauf den Gebetsraum betritt, ist ihm sein Staunen anzusehen: „Das sieht ja wirklich toll aus.“ So wie ihm geht es allen Mitgliedern des Schwabacher „Runden Tisches Integration“. Am Donnerstag hat die „Türkisch islamische Gemeinde“ (Ditib) Schwabach ihre neue Moschee vorgestellt.
Bereits fertig sind die Gebetsräume für Männer und Frauen sowie Begegnungsräume und die sanitären Anlagen für die Waschungen vor dem Gebet. Gleichzeitig ist das Gebäude noch eine Baustelle. Innen stehen noch Restarbeiten an, die nächsten Bauabschnitte sind der Keller, der für die Jugendarbeit ausgebaut werden soll, die Sanierung der Außenfassade und die Neugestaltung des Hinterhofs. In der Moschee gibt es zudem noch einige Wohnungen, die ebenfalls komplett saniert worden sind.
Kompromiss nach Kontroverse
2009 hatten die Pläne für eine neue Moschee für eine kontroverse Debatte in der Stadt gesorgt. Bis dahin waren völlig veraltete Räume im Alten DG als Moschee genutzt worden. Zur Debatte stand zunächst ein Neubau mit Minarett und Kuppel. Mit Blick auf die unzumutbare Situation im Alten DG gab es grundsätzliches Verständnis für den Wunsch nach neuen Räumen. Doch gerade diese Symbole lösten große Vorbehalte aus. Mit dem Kauf des früheren Park-Hotels durch Ditib wurde schließlich ein Kompromiss gefunden, der vom damals gegründeten Moscheebeirat und allen Stadtratsparteien erleichtert aufgenommen und mitgetragen wurde.
„Das ist für uns eine Ideallösung, weil die Moschee zentrumsnah gelegen ist und wir nun viel mehr Raum haben als in einem Neubau“, erklärt Nurettin Tilken von Ditib. Ein Neubau hätte aus finanziellen Gründen kaum eine Fläche von rund 450 Quadratmetern haben können, wie sie nun im Erdgeschoss und im ersten Obergeschoss zur Verfügung stehen. „Die Moschee wird sehr gut angenommen. Wir haben uns gut eingelebt.“
Sehr, sehr schön durch Eigenleistung
Alle Sanierungsarbeiten wurden von Ditib-Mitgliedern kostenlos in Eigenregie durchgeführt. „Das sind absolute Könner“, hat sich CSU-Stadträtin Almuth Freller, Stadtratspflegerin für Integration, bereits bei einem früheren Besuch überzeugt. „Das ist sehr, sehr schön geworden.“
Durch die Eigenleistung konnten die Sanierungskosten auf 180000 Euro begrenzt werden. Der Kaufpreis des Hauses betrug 260000 Euro, wie Tilken ganz offen mitteilt. „Wir sind für Transparenz“, betonte Tilken.
In und aus Schwabacher Hand
Das Haus gehört auch dem Schwabacher Verein, nicht etwa dem Ditib-Dachverband. Und auch das Geld stammt ausschließlich von Ditib Schwabach. „Es gab keinerlei Zuschüsse, auch nicht vom Ditib-Dachverband, auch keine aus der Türkei. Wir wollen auf eigenen Füßen stehen“, so Tilken.
Ausdrücklich bedankt er sich bei den Nachbarn, die durch ihre Unterschrift die Nutzungsänderung für das Gebäude ermöglicht haben und während der Bauzeit große Geduld bewiesen. „Es gibt keine Probleme“, freut sich Tilken. „Auch nicht mit den Gebetsrufen?“ so eine Frage aus der Runde.
Muezzin stört nicht
„Wir haben schalldichte Fenster. Aber die Rufe des Muezzins stören nicht einmal die Mieter unserer Wohnungen im Haus“, berichtet Tilken. Und einen Gebetsruf über ein Minarett gibt es ohnehin nicht. Schon deshalb nicht, weil es kein Minarett gibt.
Ditib überlegt, ob im Rahmen der Fassadenerneuerung ein kleines symbolisches Minarett integriert werden kann. Konkret ist das aber noch nicht. „Das ist eine Frage der Ausführung“, so OB Thürauf gegenüber dem Tagblatt. Grundsätzlich ausschließen wolle er das aber nicht.
Weiblicher Imam
Seit dem Frühjahr hat Ditib Schwabach einen neuen Imam, der derzeit intensiv Deutsch lernt. Tilken hofft, dass er nicht nur zwei, sondern vier Jahre in Schwabach bleibt. Neu ist zudem, dass es einen weiblichen Imam für die Frauen gibt.
Auch haben die Ditib-Mitglieder einen ungeahnten Vorteil der neuen Moschee festgestellt. Die Gebetsnische steht fast exakt in Richtung Mekka. „Die Abweichung beträgt nur ganze zwei Grad“, erklärt Nurretin Tilken. Die Gebete werden in Arabisch gesprochen, die Predigten auf Türkisch. Allerdings gibt es schriftliche Übersetzungen in Deutsch, die im Schaukasten im Eingangsbereich ausgestellt werden.
„Jeder willkommen“
Wegen der Baustelle ist vorerst noch kein „Tag der offenen Tür“ geplant. „Aber jeder ist willkommen. Zu den täglich fünf Gebeten ist die Moschee immer offen“, erklärt Nurettin Tilken. Auch Christen können den Gebeten gerne beiwohnen. Einzige Bedingung: Auch sie müssen die Schuhe ausziehen.