Sanierung nach „System Rednitzhembach“

9.2.2013, 09:45 Uhr

Werden Straßen verbessert oder grundlegend saniert, sind die Gemeinden in Bayern verpflichtet, die Bürger an den Kosten zu beteiligen. Grundlage für das Umlegen eines Großteils der Straßenausbau-Kosten ist die von den Gemeinden jeweils erlassene „Straßenausbaubeitragssatzung“.

Als Richtschnur dient den Kommunen meist eine Mustersatzung des Bayerischen Städte- und Gemeindetags. Die Satzung regelt, wie hoch der Anteil der Anwohner ist. Je nachdem, ob es sich um eine reine Anliegerstraße oder eine Erschließungsstraße handelt, sind es zwischen 50 und 80 Prozent der Kosten.

Reparaturen ohne Tiefgang

Rednitzhembach umgeht jedoch diese Rechtsvorschrift. Das Gesetz greift nämlich nur bei Verbesserungen und/oder grundlegenden Sanierungen „in die Tiefe“, nicht bei Reparaturen. Das „System Rednitzhembach“ greift ein, bevor die Straße zerstört ist. Sie wird frühzeitig abgefräst und neu asphaltiert.

Voraussetzung: Der Kanal ist in Ordnung (sonst wäre alles vergeblich) und die Wasserführung (Gefälle, Abläufe) passt. Wenn ein neuer Kanal nötig ist, greift ohnehin das „Verursacher-Prinzip“ und die Kosten werden auf die Kanalisation umgelegt. Problematisch sind vor allem Schlaglöcher, weil durch sie Wasser in den Untergrund eindringt; es gefriert und sprengt regelrecht die Straße auf.

Keiner will Haften

Das Hauptproblem ist laut Bürgermeister Jürgen Spahl das starre System der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) in Verbindung mit den Technischen Regelwerken für den Straßenbau: Die Ingenieure erklären in der Regel den alten, nach heutigen Maßstäben zu dünnen Straßen-Unterbau für unzureichend und lehnen eine Haftung ab, wenn der Ausbau nicht gemäß den aktuellen technischen Vorgaben erfolgt.

Also wird die Straße komplett aufgerissen und ordentlich zusätzliches Material reingepackt. Die Komplett-Erneuerung ist deutlich teurer.

Nach 30 Jahren festgefahren

Spahls Theorie: Nach 30 oder noch mehr Jahren ist die Straße samt Unterbau festgefahren, da rührt sich nichts mehr. Der teure, neue, dicke Unterbau ist nicht nötig. Die Straße wird einfach abgefräst und neu asphaltiert. Falls nötig, setzen die Straßenbauer vorher links und rechts Bordsteine, damit die Fahrbahn seitlichen Halt hat und nicht wegbrechen kann; die Straße wird „eingespannt“.

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund lobt in seiner Zeitschrift Stadt und Gemeinde interaktiv (7/8 2012) das Verfahren. Als kommunaler Spitzenverband vertritt der Deutsche Städte- und Gemeindebund die Interessen der kommunalen Selbstverwaltung kreisangehöriger Städte und Gemeinden.

Aus der Not geboren

Die Rednitzhembacher sind Ende der 90er Jahre – letztlich aus Not, weil die Gemeinde seinerzeit nicht einmal den Eigenbeitrag zahlen konnte – auf ihre alternative Lösung gekommen. Die Gemeinde Rednitzhembach praktiziert dieses Verfahren jenseits der Straßenausbaubeitragssatzung nun seit 14 Jahren.

Laut Jürgen Spahl mit Erfolg. Zudem entlastet es die Verwaltung, weil sich niemand mit Widersprüchen oder gar Klagen der Anlieger gegen die Gebührenbescheide beschäftigen muss.

Auch finanziell ist es in doppelter Hinsicht erfreulich. Diese Art der Straßensanierung ist für die Gemeinde immer noch günstiger als auch nur ein 20-prozentiger Eigenanteil (bei 80 Prozent Bürgerbeteiligung), wie Berechnungen der Hembacher Verwaltung ergeben haben. Die Einsparung für die Gemeinde beziffert er auf 30 Prozent.

Doppelte Freude

Gleichzeitig werden die Bürger nicht mit Beiträgen belastet. Rednitzhembach hat bislang auf diese Weise 15 Kilometer des örtlichen Straßennetzes, dies entspricht etwa einem Drittel, überarbeiten lassen. Gegenüber den andernorts üblichen Straßen-Grundsanierungen mit Bürgerbeteiligung gemäß Straßenausbaubeitragssatzung habe dies den Bürgern 10,5 Millionen Euro gespart. Und für den Einzelnen heißt das: Nulltarif statt Rechnung.
 

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