Schwabachs OB-Kandidaten im letzten Rede-Duell vor der Wahl
13.3.2014, 14:16 UhrGernot Brandl und Jürgen Karg bitten nacheinander OB Matthias Thürauf (CSU) und seine Herausforderer Doris Reinecke (SPD), Klaus Neunhoeffer (Grüne) und Axel Rötschke (FDP) auf die Bühne. Der Vorsitzende des Gewerbevereins und der Redaktionsleiter des Schwabacher Tagblatts sind nicht nur die Gesprächsleiter, sondern auch die Organisatoren und Gastgeber.
Faire Gesprächskultur
Es entwickelt sich kein Streitgespräch, kein hitziger Schlagabtausch. Eher ein sachlicher Meinungsaustausch ohne aufdringliche Selbstdarstellung. Diese faire Gesprächskultur hat bereits den gesamten Wahlkampf geprägt.
Alle vier Kandidaten wirken selbstbewusst, redegewandt und kommen fehlerfrei durch den Abend. Am Ende dürften zumindest die eigenen Anhänger zufrieden sein.
Ob es aber gelungen ist, darüber hinaus Sympathien und Stimmen zu gewinnen? Die Reaktion des Publikums: Spontaner Beifall bleibt eher verhalten, der Schlussapplaus höflich. Von den Bürgern kommen auch nur zwei Nachfragen.
Nachdem so emotional diskutierte Projekte wie das Alte DG einvernehmlich auf den Weg gebracht sind, fehlt dem Wahlkampf das große polarisierende Thema, das klare Abgrenzung ermöglicht. Das ist vor allem für die drei Herausforderer ein Problem.
Am schwersten und leichtesten zugleich hat es Axel Rötschke (FDP). Schwer, weil der Student mit seinen 20 Jahren der Unerfahrendste ist. Seine Redebeiträge sind die deutlich kürzesten. Inhaltlich fordert er im neuen Gewerbegebiet West auch kleine Parzellen, um Handwerksbetrieben eine Chance zu geben. Da gibt er den liberalen Mittelständler.
Zudem fordert er – quasi altersgemäß – mehr Einfluss für Jugendliche durch einen Jugendrat. Kontroversen aber sucht er nicht. Noch am Samstag hat er für neue Wege im Straßenausbau demonstriert, dieses komplizierte Thema aber spricht er nicht an.
Gerade seine Unerfahrenheit macht es ihm aber auch leicht: Axel Rötschkes größter Pluspunkt ist, dass er sich überhaupt zu kandidieren traut. Große Konzepte erwartet vom „Youngster“, wie ihn Gernot Brandl nennt, niemand. Rötschke wirkt erstaunlich selbstsicher. „Dass sich der Axel so fröhlich in die Runde setzt, nötigt mir die allerhöchste Hochachtung ab“, sagt Thürauf in der Schlussrunde, als Brandl alle Bewerber fragt, was sie an den Konkurrenten schätzen.
Selbstsicherheit birgt aber auch Risiken: Als Rötschke sich zu Doris Reinecke äußern soll, fällt sein Versuch eines Kompliments altväterlich gönnerhaft aus: „Sie ist ja die einzige Frau und hat sich in allen Diskussionen wahrlich gut geschlagen.“
Klaus Neunhoeffer (Grüne) muss sich zunächst einer kleinen Provokation erwehren. Ob er denn schon mal einen Pflasterstein in der Hand gehabt habe, will Gernot Brandl in süffisantem Ton wissen. Doch auf Joschkas Vita als Straßenkämpfer kann der Pfarrerssohn nicht zurückblicken. „Ja“, antwortet er, „aber nur einen goldenen zur Dekoration.“ Ansonsten aber hat er mit Fischer einiges gemein. Mit rhetorischem Talent präsentiert sich der Direktor des Hersbrucker Gymnasiums als erfahrener Realo mit Blick aufs Machbare.
Schwabach als Unistadt hält er für eine Illusion. „Wir sollten regional denken. Die Metropolregion ist gut ausgestattet.“ Schwabach sieht er als Schulstadt, will das bereits sehr gute Angebot noch um eine staatliche Fachoberschule (FOS) ergänzen.
Visionäre Versprechen sind seine Sache nicht: „Stadtentwicklung geht im Schneckentempo. Wenn wir in den nächsten sechs Jahren das Alte DG sanieren und den Gewerbepark West entwickeln, dann haben wir ordentlich was geschafft.“ Ausdrücklich betont er den wirtschaftsfreundlichen Kurs der Grünen. Allerdings fordert er bei der Ausweisung neuer Bau- und Gewerbeflächen „noch mehr ökologische Sensibilität“.
Zum Schluss weist ihm Brandl den OB als Objekt der Wertschätzung zu. Und tatsächlich klingt er beinahe wie Thüraufs Wahlkampfmanager. „Er ist ein verlässlicher Gesprächspartner, mit dem ich mich kontrovers unterhalten kann.“ Der OB identifiziere sich voll mit seiner Stadt. „Eigentlich könnte er sagen: Ich bin der Matthias, und da bin I dahoam.“
Auch Doris Reinecke (SPD) ist seit langem in Schwabach daheim. Die Sozialpädagogin und Schwabachs langjährige Stadtjugendpflegerin betont ihre lange berufliche Erfahrung auch außerhalb Schwabachs. So hat sie etwa das Frauenhaus Nürnberg mit aufgebaut. Lebenserfahrung, berufliche Kompetenz, ein Gespür für soziale Nöte: Damit möchte sie als SPD-Oberbürgermeisterin „für ein Mehr an Miteinander“ sorgen. Sie will „bessere Einkaufs- und Begegnungsmöglichkeiten für Senioren“, sie fordert, „dass Jugendliche gut begleitet werden“, und sie will „eine gute Willkommenskultur“ schaffen.
Doch setzt sie nicht nur auf soziales Profil. Bei der Straßensanierung (Friedrichstraße, Hördlertorstraße) müsse man „einen Zahn zulegen“ und in der Innenstadt den Einzelhandel, „das kleine Besondere“, weiter stärken. Dazu sei ein „gehfähiges Pflaster“ ebenso nötig wie neue Ladenflächen auf dem Prell-Areal.
Als SPD-Kandidatin ist sie die einzige, die Thürauf wirklich gefährlich werden könnte. Im Gegensatz zu Rötschke und Neunhoeffer übt sie deshalb auch Kritik am CSU-Amtsinhaber.
Thürauf habe 2008 eine „Flaniermeile“ versprochen, auf die man immer noch warte. Die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen sei in seiner Amtszeit nahezu eingeschlafen. Mit der Sanierung des Jugendzentrums hätte der fehlende Veranstaltungssaal mittlerer Größe geschaffen werden können. „Das ist eine vertane Chance.“ Es seien zu viele Gutachten vergeben worden, statt selbst Ideen zu entwickeln. Und beim ersehnten A6-Ausbau mit Lärmschutz hätten Thüraufs CSU-Kontakte zu CSU-Verkehrsministern nichts geholfen.
Doris Reinecke formuliert dies aber nicht als die eine große Abrechnung, sondern streut die Kritik ein. So klingen die Punkte eher wie kritische Anmerkungen denn als frontale Attacke. Damit bleibt sie auch zum Schluss ihrem sympathisch fairen Wahlkampfstil treu. In echte Verlegenheit bringt sie Thürauf so aber nicht.
Die finale Lobeshymne soll sie auf Klaus Neunhoeffer singen. Lange nachdenken muss sie nicht: „Ich schätze sein entschiedenes Eintreten gegen Rechts.“ Neunhoeffer vertritt Schwabach in der „Allianz gegen Rechtsextremismus“.
Matthias Thürauf (CSU) verweist eingangs auf „strategische Weichen“, die er gestellt habe. „Diesen Weg will ich weitergehen.“ Für seine Kritiker klingt das, als sei nicht viel geschehen, als vertröste er auf Erfolge, die aber erst noch kommen müssen.
Seine besten Beiträge gelingen Thürauf, als er konkret wird. Als er schildert, wie die Stadt nach der gescheiterten privaten Investorensuche das Prell-Areal gekauft hat und nun das Heft des Handelns selbst in der Hand hat. „Das ist aktive Politik für die Innenstadt“, sagt er entschieden. Oder die Ansiedlung von „Mister Lady“ und einer Bergner-Niederlassung im neuen Gewerbegebiet West: Das seien ganz große Erfolge des Wirtschaftsreferats. Thürauf lobt seine Mitarbeiter, ganz so, als könne ein führungsstarker Oberbürgermeister auf Selbstlob sogar im Wahlkampfendspurt verzichten. Neue Lebensmittel-Akademie, neue Berufoberschule, das neue Institut für Rettungswesen der Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt: Seit 2008 habe sich viel bewegt.
Deshalb räumt er auch Rückschläge selbstbewusst ein. Ja, den Eigentümer der Fischer-Passage habe man nicht von einer Aufwertung als Teil einer Flaniermeile überzeugen können. Doch immerhin würden auch die Wohnungen, die nach dem Abriss entstehen werden, zur Belebung der Altstadt beitragen.
In Sachen A6, deren Baubeginn in Berlin entschieden wird, spielt er den Ball zurück an die SPD. Nun könne ja Martin Burkert als neuer Vorsitzender des Verkehrsausschuss seinen Ankündigungen Taten folgen lassen.
Einen Schwachpunkt seiner Amtsführung legt die Frage einer Bürgerin offen. Was er denn dagegen tun wolle, dass Frauen in der Stadtspitze so unterrepräsentiert seien? Tatsächlich sind alle vier Referentenposten mit Männern neu besetzt worden. „Das wurmt mich selbst. Wenn nur Männer in der Runde hocken, fehlt einfach eine Sichtweise“, sagt Thürauf. „Vielleicht waren wir nicht mutig genug. Aber bei den Gesprächen für die Besetzung war immer die Gleichstellungsbeauftragte dabei.“ Immerhin seien als Amtsleiter fast nur Frauen zum Zug gekommen. Weitere Verbesserungen seien durchaus wünschenswert.
Bis auf eine: „Ich könnte jetzt ja sagen: Wählen Sie Frau Reinecke, das wäre der erste Schritt“, sagt er lächelnd. „Aber das sage ich nicht.“
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