Wandteppiche werden ein Fall für die Wissenschaft

20.8.2015, 08:50 Uhr
Wandteppiche werden ein Fall für die Wissenschaft

© Gunther Hess

Die „Franzosenkirche“ wurde von den Schwabacher Hugenotten 1687 erbaut. Ende des 17. oder Anfang des 18. Jahrhunderts dürften die beiden Gobelins entstanden sein. Es handelt sich um zwei Schrift-Teppiche, also Gobelins, in die Schrift eingewebt ist. Der Hintergrund ist schwarze Wolle, die eingewebte Schrift besteht aus goldfarbenen Seidenfäden. Der linke, kleinere gibt auf Altfranzösisch das Glaubensbekenntnis und das Vaterunser wieder, der rechte, größere die Zehn Gebote.

Es handelte sich dabei um die höchste Kunst der Gobelin-Wirkerei. Die Handwerker beziehungsweise Künstler mussten exakter als bei Bildern arbeiten, damit sich die Buchstaben nicht verzogen. „Die Fäden haben unterschiedliche Spannungen, sie mussten im Kopf wissen, was sie wo einwirken“, erklärte Hanns Hubach.

Eine protestantische Spezialität sind die Monogramme oben in der Mitte. Auf dem Glaubensbekenntnis-Vaterunser-Teppich steht oben in der Mitte das Christus-Monogramm „IHS“, in den Zehn-Gebote-Teppich ist auf Hebräisch „Jahwe“ (Gott) eingewebt. „Das gehört so“, kommentierte dies Hubach. In katholischen Darstellungen waren stattdessen Bildnisse von Jesus und Gott eingewebt.

„Darf ich noch einmal die historische Aufnahme sehen?“ fragte Hanns Hubach Stadtführer Klaus Huber, der ihm die Kirche aufgesperrt hatte. „Die hängen falsch“, erkannte der Kunsthistoriker, „wichtigere Sachen hängen zur Rechten des Pfarrers, und theologisch gesehen sind die Zehn Gebote wichtiger als das Glaubensbekenntnis und das Vaterunser. Die historische Aufnahme bestätigte diese Auffassung. Auf dem Bild hingen tatsächlich die Zehn Gebote links.

Kurze Blütezeit

Entstanden sind die beiden Gobelins in der Gobelin-Manufaktur, die sich im „Tapetenhaus“, in der Südlichen Mauerstraße (Hüttlinger-Anwesen, hinter Ebl, zuletzt Lidl) befand. Die Blütezeit der Schwabacher Gobelin-Manufaktur währte nicht lange. Sie ging mehr oder weniger in Konkurs, wie Klaus Huber erklärte. 1750 waren fast alle Tapissiers abgewandert.

„Teppiche kamen aus der Mode, die waren viel teurer als Gemälde“, ergänzte der Wissenschaftler.

Klaus Huber hatte in die „Franzosenkirche“ ein halbes Dutzend Bücher und Hefte mitgebracht, die sich mit den Hugenotten und ihrer Kirche beziehungsweise der Teppichwirkerei befassen. In einer der Broschüren befand sich auch ein Plan der Tapisserie. „Das ist ja scharf, das habe ich ja noch nie gesehen“, freute sich Hanns Hubach darüber. Er notierte sich die Titel der Veröffentlichungen, die Huber mitgebracht hatte. Klaus Huber überreichte ihm überdies die 48-seitige Broschüre „Die Franzosenkirche Schwabach“, die er zusammen mit Ulrich Distler 2014 erstellt hatte.

Hubach arbeitet derzeit Material auf für ein Uni-Projekt über protestantische Bildteppiche beziehungsweise Hugenotten in Franken. In Schwabach machte er Station auf einer Reise von der Schweiz nach Dresden. Auf die Schwabacher Tapisserien ist er im Internet gestoßen; als er weiterforschte, traf er auch auf die beiden Wandteppiche in der „Franzosenkirche“.

Er schrieb Pfarrer Dr. Guy M. Cliqué an, der sich wiederum an Klaus Huber wandte. Huber sperrte die Kirche auf und erklärte Gotteshaus und Wandteppiche.

Im Schwabacher Stadtarchiv lagern in einem vollklimatisierten Raum zwei großformatige Gobelins: „Allegorie des Frühlings“ und „Allegorie des Sommers“. Für Teppiche in diesem Format (295 mal 465 Zentimeter) waren drei Jahre Arbeitszeit nötig. Huber bedauerte, dass die wertvollen Teppiche derzeit nicht ausgestellt werden.

Vortrag geplant

Die Schriftteppiche wurden von Anfang an für die – ansonsten völlig schmucklose – „Franzosenkirche“ geschaffen und sind auch darin geblieben. Mit einer Ausnahme, wie Klaus Huber erklärte: Sie wurden 1986 im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg restauriert. Auch die Rahmen sind noch original erhalten.

Hans Hubbach versprach, wieder nach Schwabach zu kommen und einen Vortrag über die Gobelins zu halten.

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