Seku schnauft nur noch in der Erinnerung
1.2.2013, 00:00 UhrMit Gehrock und Zylinder standen Erlangens Oberbürgermeister Heinrich Lades und zahlreiche andere Honoratioren aus Stadt und Land am 17. Februar 1963 am Bahnhof Erlangen-Zollhaus bereit, um der Seku das letzte Geleit zu geben, sprich: eine letzte Fahrt mit der Lokalbahn nach Neunkirchen zu unternehmen. Die Seku hatte ausgedient.
Vorrecht der Autos
Den Todesstoß versetzte der Sekundärbahn — einer Nebenbahn der Hauptlinien Nürnberg—Bayreuth und Nürnberg—Bamberg — der schnellere Verkehr mit dem Auto, Bus oder Lkw. Und die Rechtsprechung. Die verfügte, dass sich die Züge nach dem Straßenverkehr zu richten hätten, da die Schienen auf den Straßen verliefen. Außerdem passierten zunehmend Unfälle, die dazu führten, dass die Bahn ihr Tempo auf 15 Stundenkilometer drosseln musste. Sie hatte am Ende keine Überlebens-Chance mehr.
Dabei hatte alles so gut angefangen. Schon Mitte der 50er Jahre des 19. Jahrhunderts war klar, dass das wirtschaftlich erstarkende Erlangen in den Schwabachgrund hinein eine Bahnverbindung braucht. Auch der Gräfenberger Magistrat bat 1873 um einen Anschluss ans bestehende Eisenbahnnetz. Es war dem Erlanger Oberbürgermeister Schuh vorbehalten, 1883 in einer Denkschrift einer Sekundärbahn das Wort zu reden, unterstützt von über 40 Dörfern, die nahe der geplanten Strecke lagen.
Wie heute aus Ersparnisgründen bei der Stadt-Umland-Bahn gefordert, wollte auch Schuh ein Gleis in der Straße verlegt haben und plädierte für eine Bahn, die so schnell zu bremsen sein muss wie ein Pferdefuhrwerk. Der Gedanke an eine gemächliche Straßen-Bahn stieß bei der Königlich Bayerischen Staatsregierung auf Wohlgefallen.
Hurra-Rufe am Gleis
So fuhr am 8. November 1886 der erste Probezug auf der knapp 28 Kilometer langen Strecke von Erlangen über Neunkirchen am Brand und Eschenau nach Gräfenberg. Gut eine Woche später wurde die Bahnlinie unter Hurra- und Hochrufen offiziell eröffnet. Insgesamt 1,284 Millionen Mark hatte es gekostet, Schienen zu legen, Bahnhöfe und Haltestellen einzurichten und Lokomotiven samt Waggons bereitzustellen.
Anfangs waren 22 Bedienstete an den Bahnhöfen und in den Zügen beschäftigt; täglich zweimal in jede Richtung verkehrte die Lokalbahn, bald vom Volksmund liebevoll „Seekuh“ genannt. Angeblich stammt der Name daher, dass Friedrich Heim eine Gastwirtschaft am Zollhaus mit dem Namen „Zur Sekundärbahn“ eröffnete. Der mit dem Werbeschriftzug beauftragte Maler soll abends pünktlich die Arbeit beendet haben. Da stand dann zu lesen „Restauration zur Seku“. Schon hatte die Bahn ihren Spitznamen weg.
Nur wenige Tage Bahnbetrieb dauerte es, da entgleiste der erste Güterwaggon in Neunkirchen. Zwei Tage später sprang eine Lokomotive des Frühzuges bei Weißenohe aus dem Gleis. An kleinere Unfälle gewöhnte man sich schnell, und ebenso schnell stieg die Beliebtheit der „Seekuh“, obwohl sie für die Strecke von Erlangen nach Gräfenberg über zwei Stunden benötigte.
Ab 1908 musste man in Eschenau umsteigen, denn Gräfenberg hatte den lang ersehnten Anschluss nach Nürnberg erhalten. Die Strecke Nürnberg-Nordost—Gräfenberg war in Betrieb genommen und zur Hauptlinie worden. Nach dem Ersten Weltkrieg steigerte die Deutsche Reichsbahn die Frequenz der Seku auf sieben Züge täglich in jede Richtung. Das Bähnchen florierte.
Das änderte sich nach dem Zweiten Weltkrieg rasch. Busse bewerkstelligten die Strecke in etwa einer Stunde, die Bahn „hinkte“ mit 85 Minuten Fahrtdauer dem Straßenverkehr hinterher. Unfälle mit Autos häuften sich. Zudem wurde die einst umjubelte Seku für die Bundesbahn unrentabel.
So wurde 1961 zunächst die Teilstrecke Neunkirchen—Eschenau aufgegeben. Am 17. Februar 1963 keuchte die Seku ein letztes Mal bis Neunkirchen.
Wer mehr über die Seku oder Seekuh erfahren will, dem sei das Buch „Die Seekuh — Sekundärbahn Erlangen-Gräfenberg“ von Günther Klebes empfohlen.
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