So wollen Frankens Städte Fahrverbote vermeiden

Kilian Trabert

Volontär der Nürnberger Nachrichten

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13.6.2018, 07:02 Uhr
So wollen Frankens Städte Fahrverbote vermeiden

© Tobias Lang

Die Mitarbeiter von Stefan Utschig fallen auf, wenn sie in Nürnberg unterwegs sind. Und das, obwohl man sie kaum hört. Denn: Sie liefern ihre Ware in einem Elektro-Lkw aus - dem angeblich größten, der auf Deutschlands Straßen fährt.

Seit März beliefert der Logistikdienstleister Bezold mit dem 70.000 Euro teuren Fahrzeug Kunden in der Großstadt. Entwickelt wurde es von Siemens in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern der Universität Erlangen-Nürnberg. "Wir fahren mit dem Lkw täglich bis zu 100 Kilometer, das schafft der Akku locker", erklärt Bezold-Geschäftsführer Utschig. Kurze Dienstfahrten in der Stadt sind kein Problem, aber für Überland-Strecken reicht die Leistung noch nicht.

Probleme für Warenlieferung

Es sind Projekte wie dieses, in die Frankens Städte ihre Hoffnung setzen - und setzen müssen, schließlich blickt man auch in der Region nervös nach Hamburg, genauer in die Max-Brauer-Allee. Auf 1,6 Kilometern dürfen dort zukünftig keine Dieselautos und -lastwagen mehr fahren. Und das könnte erst der Anfang sein: Das Bundesverwaltungsgericht hat geurteilt, dass Städte selbst über Fahrverbote entscheiden können.

Vor allem für Warenlieferungen und Handwerker dürfte das zu einem Problem werden. In Bamberg sorgt die Stadt vor. Sie stellt Betrieben, die am Tag viele kleinere Aufträge in der Stadt erfüllen müssen, Lastenfahrräder zur Verfügung. 10.000 Euro hat der Stadtrat dafür vorerst eingeplant. Mit diesem Geld unterstützt die Stadt Unternehmen, die auf das Rad umsatteln wollen. "Das Projekt hat ziemlich eingeschlagen", erklärt Günter Reinke, der Klimaschutzbeauftragte der Stadtverwaltung. Im April startete der Test, die Fördermittel sind mittlerweile ausgegeben. Der Nebeneffekt: Mit den Lastenrädern kommen nicht nur weniger Abgase in die Stadt, sondern sie helfen, das Parkplatz-Problem zu bekämpfen.

Ihre Bemühungen, weniger Autos in die Städte fahren zu lassen, betreiben die fränkischen Städte individuell, seit Dezember läuft aber auch das bundesweite Programm "Saubere Luft". Bis zum Jahr 2020 wollen Bund und Industrie den Städten eine Milliarde Euro für die Luftreinhaltung zur Verfügung stellen.

In fünf Modellstädten - Essen, Mannheim, Bonn, Reutlingen und Herrenberg - soll es unter anderem ÖPNV-Jahrestickets für maximal 365 Euro, also einen Euro pro Tag, zu kaufen geben. Wer ein Jahr auf sein Diesel-Fahrzeug verzichtet, bekommt ein kostenfreies ÖPNV-Jahresticket, eine BahnCard 50 oder eine Jahresmitgliedschaft bei Carsharing-Anbietern.

Anders als in Hamburg hält man in Fürth nicht viel von Fahrverboten. "Wenn wir eine Straße für Diesel-Fahrzeuge sperren, fahren sie doch einfach einen anderen Weg", erklärt Hans-Joachim Gleißner, Leiter des Straßenverkehrsamtes. Dort habe man dann mehr Verkehr – und somit auch wieder eine höhere Abgasbelastung. Ein weiteres Problem: Fürth hat gar keine Messstelle . Das einzige Kontrollgerät steht in der Von-der-Tann-Straße - und die ist in Nürnberg. "Es lässt sich lebhaft darüber streiten, ob die Daten einfach so auf Fürther Straßen übertragbar sind", so Gleißner.

"Zu kreuzzugartig"

Generell hält er wenig davon, nur den Diesel zu skandalisieren. "Das Ganze ist zu kreuzzugartig. Es gibt nun einmal Menschen, die auf das Auto angewiesen sind. Und die Flucht in Benzin ist auch nicht der Weisheit letzter Schluss, wenn man beispielsweise an den sauren Regen denkt."

Gleißner würde Fürth gerne attraktiver für Carsharing-Anbieter machen, die Rechtslage macht dem aber einen Strich durch die Rechnung. Die Regierung müsste Carsharing priorisieren, findet er. Dann könnten die Städte etwa exklusive Parkplätze an Bahnhöfen oder anderen wichtigen Orten bereit halten.

Wenige Kilometer weiter setzt man vor allem auf eine möglichst einfach zu verstehende Lösung. In Erlangen will man das Angebot an Leihfahrrädern und das Radwegenetz ausbauen. "Es soll nicht kompliziert sein, die Kunden sollen nicht groß fragen müssen, sondern einfach losfahren können", erklärt Josef Weber, Referent für Bauen und Planen. Dafür sollen gleich zwei Fahrradparkhäuser gebaut werden. Eines entsteht ab 2019 am Bahnhof. Ein weiteres ist an der S-Bahnstation Paul-Gossen-Straße geplant. Dort könnte auch eine Fahrradwerkstatt mit einziehen, so dass kaputte Räder über Nacht wieder flottgemacht werden können.

Die Fahrradaffinität der Erlanger - ein Drittel des Verkehrs in der Stadt findet auf zwei Rädern statt - will man auch an anderer Stelle nutzen. Die Verwaltung stellt Unternehmen und Bürgern Elektro-Lastenräder zur Verfügung.

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