Stationen nicht fertig und Züge fehlen
9.12.2010, 19:14 UhrEs könnte trotz Eis und Schnee ein glanzvoller Start werden, denn das Netz wächst um fast das Dreifache. Doch wie so oft steckt der Teufel im Detail, sind Bau- und Zeitpläne das Eine und ihre Realisierung das Andere. Im Klartext: Fast jede der vier neuen S-Bahn-Linien hat mindestens ein bautechnisches Problem, das zum Startzeitpunkt nicht gelöst ist und so rasch auch nicht behoben werden kann.
Dies bestätigte Michael Baufeld, Leiter Kommunikation Großprojekte der Bahn AG am Donnerstag auf Anfrage. Zugleich warnte Professor Willi Weißkopf, als VGN-Geschäftsführer für die Infrastrukturplanung im Verbundgebiet zuständig, das System S-Bahn schlechtzureden. Die Realisierung der ersten 65 Kilometer S-Bahn-Linien habe von 1981 bis 2001 und damit 20 Jahre gedauert. Die aktuelle Erweiterung um rund 160 auf 224 Kilometer wurde dagegen in der unglaublich kurzen Zeit von knapp über zwei Jahren aus dem Boden gestampft, argumentiert Weißkopf. Verzögerungen und Engpässe seien da nicht auszuschließen und notgedrungen auch hinzunehmen.
In der Tugend des Duldens und Hinnehmens müssen sich die Nutzer des neuen Systems an mehreren Stellen und in einigen Fällen auch noch längere Zeit üben. So wird die S-Bahn-Station Nürnberg-Fischbach auf dem Ost-Ast der neuen S2 Altdorf–Nürnberg–Roth mindestens bis zum Frühjahr ein eingleisiges Provisorium bleiben müssen. Der früh und heftig einsetzende Winter verhinderte, dass die beiden Weichen im bislang eingleisigen Abschnitt Fischbach–Feucht ausgebaut werden konnten, bestätigte Bahnsprecher Baufeld. Deshalb sei das zweite Streckengleis ohne Anbindung ans Netz nicht benutzbar. Auch der Aufzug, der die Station erst behindertengerecht mache, könne erst im Frühjahr 2011 eingebaut werden.
Für die Fahrgäste auf der S1-West Nürnberg–Fürth–Erlangen(–Bamberg) kommt es zwischen Nürnberg und Erlangen noch heftiger: Weil das S-Bahn-Gleis an der Station Rothenburger Straße wegen des andauernden Bahnsteigumbaus überhaupt erst ab Freitag, 18.Dezember, genutzt werden kann, müssen Bahnkunden bis dahin weiter auf die U-Bahn-Linie1 zwischen den Hauptbahnhöfen von Nürnberg und Fürth umsteigen. Weil der Stationsumbau auch dort weitergehen muss, werden die S-Bahnen voraussichtlich aber erst ab April 2011 dort halten.
Nördlich Fürth hält die S-Bahn im Bahnhof Vach nicht mehr. Bis frühestens Sommer 2011 soll dort ein Behelfsbahnsteig errichtet werden. So lange müssen Reisende in Vach in dort wartende Ersatzbusse einsteigen. Diese bringen sie zu den Bahnhöfen Fürth und Erlangen bzw. fahren sie von dort nach Vach.
Mangel auch im Bahnhof Erlangen-Bruck: Züge Richtung Erlangen fahren ohne Halt durch, weil wegen des Winters auch hier der Behelfsbahnsteig in Richtung Norden nicht mehr gebaut werden konnte. Dagegen ist das Provisorium in der Gegenrichtung vorhanden; Reisende in Richtung Fürth/Nürnberg können ein- bzw. aus Richtung Erlangen aussteigen.
Auf allen Strecken gleich: Die Misere mit den fehlenden S-Bahn-Zügen. Hersteller Bombardier muss die Bahn als S-Bahn-Betreiber weiter vertrösten, denn den neuen Elektrotriebzügen fehlt weiter die Zulassung des Eisenbahn-Bundesamtes. Frühestens Mitte 2011 wird damit gerechnet.
Teil 2: Alte Züge auf neuen Linien.
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